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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End
Autoren: Devan Sipher
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gernangerufen, aber das war bestimmt keine gute Idee. Oder doch? Wohl eher nicht.
    Also rief ich Hope an. Hope war die Person, die ich in Notfällen kontaktierte, und das hier war ein emotionaler Notfall. Ihre Mailbox war nur leider schon voll. Wahrscheinlich, weil ich ihr den ganzen Tag Nachrichten draufgesprochen hatte. Ich starrte wieder den Bildschirm an.
    Völlig unbrauchbar.
    Nicht nur mein Aufmacher. Mein ganzes Leben. Wer war ich schon, dass ich mich hier über die Ehe ausließ? Ich machte allen etwas vor. Früher oder später würden die Leute das merken. Es würde tonnenweise Zuschriften von entrüsteten Lesern geben. Mein Redakteur würde meine Kolumnen aus dem Archiv löschen. Und wer wollte schon mit einem arbeitslosen Journalisten zusammen sein, der in einer Einzimmerwohnung lebte und einen Halsumfang von gerade mal fünfunddreißig Zentimetern hatte?
    Mein Handy klingelte.
    »Na, drehst du schon wieder am Rad?«, fragte mein Bruder Gary.
    »Nein«, log ich.
    »Dann hör bitte auf damit«, antwortete er und lachte. Ich hatte ihm nach dem Telefonat mit meinen Eltern eine E-Mail geschrieben und ihm auch von dem Silvester-Desaster erzählt. Aus Rücksicht auf die drei Stunden Zeitverschiebung hatte ich auf einen Anruf bei ihm in Los Angeles lieber verzichtet. Mein Vater hatte diesbezüglich keinerlei Skrupel, und Garys Freundin war nicht gerade begeistert.
    »Ich habe ihn immer wieder gefragt: ›Wie spät ist es, Dad?‹«, sagte Gary. »›Hast du eine Ahnung, wie spät es in L. A. ist?‹ Und er hat gesagt: ›Wieso fragst du mich die ganze Zeit, wie spät es ist, hast du keine Uhr?‹«
    Gary und ich hatten immer ein offenes Ohr füreinander, wenn es darum ging, sich über unsere Eltern aufzuregen. Obwohl wir meistens zu dem Schluss kamen, dass der andere komplett überreagierte.
    »Mich haben sie auch angerufen.«
    Gary war von meinem fehlenden Mitgefühl alles andere als begeistert. »Letzte Woche musste ich mir auch eine ganze Stunde lang dein Geheule anhören, weil Mom dir eine Katalogbraut bestellen wollte.«
    Ich wechselte das Thema. »Ich habe mit einer Krankenschwester auf Grandmas Station im Delray Medical Center gesprochen. Sie hat gesagt, sie würde einen Arzt bitten, mich zurückzurufen.«
    »Da bin ich dir wie immer einen Schritt voraus, du rasender Reporter«, sagte Gary. Er war nur zwei Jahre jünger, aber knapp zwölf Zentimeter größer als ich und ließ keine Gelegenheit aus, meinem Ego einen Dämpfer zu verpassen. »Ich habe dem Arzt eine E-Mail geschrieben, der in der Notaufnahme Dienst hatte, als sie eingeliefert wurde. Er meinte, sie hätten sie nur über Nacht zur Beobachtung dabehalten.« Ich war erleichtert. »Außerdem habe ich herausgefunden, dass Bernie auf der Intensivstation liegt.« Das weiß ich auch schon, hätte ich fast geantwortet und fühlte mich eher wetteifernd als anteilnehmend.
    »Du fliegst also nach Florida?«, fragte er. Betont lässig, damit ich dachte, er hätte nur deshalb angerufen.
    »Ich habe hier eine Deadline«, sagte ich. Mein erster Impuls war tatsächlich gewesen, sofort nach Florida zu fliegen. Ich hatte mich auch schon nach Flugtickets erkundigt, aber das musste Gary ja nicht wissen. Wenn es um familiäre Verpflichtungen ging, verplante er meine Freizeit immer gern großzügig.
    »Grandma sollte jetzt nicht allein sein«, sagte er, obwohler genau wusste, dass sie das nicht war. Unsere Eltern wohnten schließlich nur eine halbe Stunde entfernt, nah genug, um ihr in guten Zeiten auf die Nerven zu gehen und in schlechten für sie da zu sein. »Sie würde sich bestimmt freuen, wenn einer von uns bei ihr wäre.« Ja, das wusste ich. Und es war offensichtlich, an wen er dabei dachte. »Das ist das Mindeste, was wir tun können.«
    »Nein, das ist das Mindeste, was du tun kannst«, gab ich zurück. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht längst im Flugzeug saß, aber was hätte ich dort unten schon ausrichten können.
    »Leslie und ich sind seit sechs Uhr wach. Wir haben diesen Dr. Stein ausfindig gemacht, von denen es übrigens in Delray Beach eine ganze Menge gibt. Leslie hat einen Korb mit Brownies und einen Blumenstrauß geschickt und deinen Namen mit drunter gesetzt.«
    Leslie war seine neueste Eroberung in einer langen Reihe von Freundinnen, und ihre Bemühungen überraschten mich keineswegs. Die beiden waren seit etwa einem halben Jahr zusammen, ein Zeitpunkt, ab dem seine Freundinnen normalerweise davon ausgingen, dass er an einer
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