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Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Titel: Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Autoren: Holger Dambeck
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sagen eleven und twelve, nutzen also für elf und zwölf wie wir Deutschen auch jeweils eigene Wörter, welche die Kinder wie Vokabeln lernen müssen. Chinesen setzen die Elf und die Zwölf hingegen aus den Zahlwörtern für zehn und eins beziehungsweise zwei zusammen. Elf heißt shi yi (zehn-eins), zwölf shi er (zehn-zwei).
    Bei den Zahlen 13 bis 19 beginnt im Deutschen wie im Englischen das nächste Problem – die Zahlwörter werden unlogisch, auch wenn das Erwachsenen kaum noch auffällt. Man sagt thirteen, fourteen beziehungsweise dreizehn, vierzehn und so weiter. Zuerst wird der Einer genannt und dann der Zehner – beim Aufschreiben der Zahlen ist es aber genau umgekehrt.
    Ab 21 wird’s für Engländer und Amerikaner immerhin besser: Dann wechseln ihre Zahlwörter zu einem logischeren Aufbau (twenty-one statt one twenty), im Deutschen bleibt hingegen der Einer vorn (einundzwanzig). Über diese verdrehte Struktur stolpern die Gehirne der Kinder immer wieder. Mal sagen sie dreiundzwanzig zu 32, mal schreiben sie 25 auf, wenn sie zweiundfünfzig hören.
Alte Zöpfe abschneiden
    In den Schulen von Peking, Schanghai oder Hongkong kennt man diese Probleme nicht. 13 heißt shi san (zehn-drei), 21 er shi yi (zwei-zehn-eins). Das Beispiel 21 zeigt, dass die asiatischen Kinder auch davon profitieren, dass es keine eigenen Wörter für 20 oder 30 gibt wie im Deutschen. Man sagt zu 20 einfach zwei-zehn (er shi) und zu 30 drei-zehn (san shi).
    I ch stimme mit der Mathematik nicht überein. Ich meine, dass die Summe von Nullen eine gefährliche Zahl ist.
Stanislaw Jerzy Lec (1909–1966), polnischer Lyriker
    »Die chinesische Zahlensprechweise ist logisch konsistent«, sagt der Bochumer Mathematikprofessor Lothar Gerritzen. »Für kleine Kinder liegt darin ein erheblicher Vorteil.« Er trommelt schon seit Langem für eine radikale Reform derdeutschen Zahlen. Zwanzigeins statt einundzwanzig lautet sein Credo. »Zwanzigeins« heißt auch der Verein, mit dem sich Gerritzen für eine unverdrehte Zahlensprechweise im Deutschen einsetzt – bislang vergeblich. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Verein seine eigenen Ziele selbst nur halbherzig umsetzt? Schließlich heißt er Zwanzigeins und nicht Zwei-zehn-eins, wie es naheliegen würde.
    Wie dem auch sei, ich habe durchaus Sympathie für das Vorhaben, die unlogischen Zahlwörter abzuschaffen. Wir würden allen Kindern damit den Einstieg in die Mathematik erleichtern. Ich bin jedoch skeptisch, ob sich die Gesellschaft tatsächlich zu solch einer durchgreifenden Reform durchringen kann. »Das habe ich doch auch hingekriegt«, werden die Älteren zu den Kindern sagen, »strengt euch gefälligst an.« Die Beharrungskräfte sind groß, alte Zöpfe lassen sich nicht so einfach abschneiden, auch wenn sie unlogisch sind. Das hat nicht zuletzt das Hickhack um die Rechtschreibreform gezeigt.
    Während sich deutsche Grundschüler also weiterhin mit dem sperrigen Zahlenwort-Erbe abmühen, kommt schon das nächste Problem auf sie zu: das Einmaleins. Monatelang üben sie das Multiplizieren, in Tests müssen sie lange Listen mit 5   ×   6 und 9   ×   7 abarbeiten. Und auch wir Erwachsene haben oft täglich mit Multiplikationsaufgaben zu tun.
    Unsere Rechenkünste bleiben jedoch trotz des vielen Trainings nur mittelmäßig. Etwa eine Sekunde benötigen gute Kopfrechner, um eine Aufgabe wie 6   ×   8 zu lösen. Sieht manmal vom Eintippen ab, sind Taschenrechner deutlich schneller. Hinzu kommt, dass wir uns immer wieder verrechnen. Auch ich greife gelegentlich daneben: Ist 7   ×   8 nun 54 oder 56? (Letzteres stimmt.)
    Psychologen haben sich genauer angeschaut, wann wir uns wie verrechnen. Die Fehler, die wir machen, verraten eine Menge darüber, wie unser Gehirn das Einmaleins speichert. Nehmen wir noch einmal das Beispiel 7   ×   8. Wenn jemand statt 56 eine falsche Zahl sagt, dann ist dies meist 48, 49 oder 54, vielleicht auch 63 oder 64. Praktisch nie werden als Ergebnis aber 47, 51, 59 oder 61 genannt. Woran liegt das?
Das kleine Einmaleins

    Die Erklärung ist einfach: Die Zahlen 48, 49, 54, 63 und 64 tauchen in der Tabelle des Einmaleins sämtlich auf. Wir haben sie also in unserem Kopf als Ergebnis einer Multiplikation abgespeichert. Wenn wir die Lösung von 7   ×   8 suchen, dann stöbert unser Gehirn in der Tabelle des Einmaleins underwischt dabei auch schon mal eine falsche Spalte oder Zeile. 47, 51, 59 und 61 hingegen sind entweder Primzahlen – oder wie die
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