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Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Titel: Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Autoren: Holger Dambeck
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51 das Produkt aus 17 und 3. Sie kommen im Einmaleins nicht vor, wir ziehen sie daher auch kaum als Lösung in Betracht.
Wohnst du schon? Oder rechnest du noch?
    Es gibt für dieses Phänomen eine sehr schöne Analogie. Stellen Sie sich vor, Sie müssten auswendig lernen, wo drei verschiedene Personen wohnen und arbeiten:
    1) Wohnen
    Max David wohnt in der Lukas-Straße.
    Max Lukas wohnt in der Albert-Einstein-Straße.
    Lukas Ernst wohnt in der Albert-Bruno-Straße.
     
    2) Arbeiten
    Max David arbeitet in der Albert-Bruno-Straße.
    Max Lukas arbeitet in der Bruno-Albert-Straße.
    Lukas Ernst arbeitet in der Max-Ernst-Straße.
    Lesen Sie sich die sechs Sätze mehrmals durch. Ganz ehrlich: Können Sie sich das merken? Ich jedenfalls nicht, und ich bin froh, dass ich niemandem erklären muss, wo Lukas Ernst wohnt. Oder hieß er Ernst Lukas?
    Das Auswendiglernen einer solchen Liste wäre ein Albtraum – aber letztlich ist es genau das, was wir beim Büffeln des Einmaleins tun müssen. Ersetzen Sie einfach mal die Namen durch Ziffern, und zwar folgendermaßen:

    Einstein –> 0
    Albert –> 1
    Bruno –> 2
    Max –> 3
    David –> 4
    Ernst –> 5
    Lukas –> 7
    Außerdem soll »wohnt« für Addieren und »arbeitet« für Multiplizieren stehen. Das Wort Straße am Ende der Sätze hat keine Bedeutung. Was wird dann aus unseren sechs Wohnen-Arbeiten-Sätzen? Eine Liste aus Rechenaufgaben.
    1) Wohnen (Addieren)
    3   +   4   =   7
    3   +   7   =   10
    7   +   5   =   12
     
    2) Arbeiten (Multiplizieren)
    3   ×   4   =   12
    3   ×   7   =   21
    7   ×   5   =   35
    Kein Wunder, dass wir so große Schwierigkeiten haben, das Einmaleins auswendig zu lernen. Es gibt einfach zu viele Ähnlichkeiten darin. Unser Gehirn arbeitet nämlich assoziativ, also ganz anders als ein Taschenrechner oder Excel. Ständig versucht unser Gehirn, Muster zu erkennen. Hat es ein Muster erkannt, dann wird es abgespeichert. Diese Fähigkeit hat uns Menschen weit gebracht. Wir stehen an der Kreuzung, hören ein Motorgeräusch. Die Erfahrung sagt uns: Ein Auto kommt – und das stimmt ja meist auch.

    Beim Einmaleins wird dieses assoziative Denken zur Stolperfalle. Wir hören 7 mal 8 – und unser Gehirn liefert uns im ungünstigsten Fall nicht eine einzige Lösung, sondern gleich mehrere, die alle zumindest ungefähr auch ganz gut passen. 54, 56, 64? Um noch mal das Beispiel Auto aufzugreifen: Es geht beim Einmaleins im Grunde darum, am Motorengeräusch die Automarke zu erkennen. Minimale Unterschiede im Klang sind entscheidend.
    Wie schnell uns die Gabe des Assoziierens in die Irre führen kann, zeigt auch die folgende kleine Aufgabe:
    Der Bauer hatte acht Ziegen. Alle bis auf sechs hat in der Nacht der Wolf gerissen. Wie viele Ziegen hat der Bauer am Morgen noch?
    Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber wenn man den Text schnell überfliegt, wie ich es gern mache, dann fängt man fast schon automatisch an, 8 minus 6 zu rechnen, und kommt auf 2. Wir erwarten bei solchen Aufgaben, dass wir etwas ausrechnen müssen – und tun es dann auch einfach, obwohl es besser wäre, erst mal nachzudenken. Dieses blinde Losrechnen hat leider auch einiges mit dem Mathematikunterricht zu tun, wie ihn viele von uns erlebt haben – dazu mehr im nächsten Kapitel.
    Ein ähnliches Phänomen des assoziativen Rechnens können Sie beim folgenden Selbstversuch beobachten. Ergänzen Sie bitte folgende Gleichungen:
      4   –   3   =  
      9   –   6   =  
      5   –   2   =  
    10   –   5   =  

    Geschafft? Das war nicht besonders schwer. Nennen Sie nun bitte eine Zahl zwischen 5 und 12!
    Welche haben Sie ausgewählt? Ich wette, es war die 7. Das ist komisch, denn die 7 liegt nicht in der Mitte zwischen 5 und 12, das gilt vielmehr für die 8 und die 9. Warum aber entscheiden wir uns spontan für die 7? Weil sie das Ergebnis der Subtraktion 12   –   5 ist. Und weil wir unbewusst die beiden Zahlen voneinander abziehen, wenn wir zuvor bereits mehrere Zahlen subtrahiert haben. Unser Gehirn ist quasi im Minus-Modus – und rechnet allein weiter, obwohl wir nur eine Zahl zwischen 5 und 12 aussuchen sollen.
Meister der Mustererkennung
    Dieses unbewusste Rechnen im Hinterkopf hat die kanadische Kognitionsforscherin Jo-Anne LeFevre in einem einfachen Experiment untersucht. Sie zeigte Erwachsenen auf einem Computermonitor zwei Zahlen, zum Beispiel 2 und 4. Danach verschwand das Zahlenpaar und eine dritte Zahl erschien, beispielsweise 3,
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