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Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Titel: Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Autoren: Holger Dambeck
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Für schnelles Rechnen ist unser Gehirn kaum geeignet. Es gibt jedoch einige Tricks, die den Umgang mit Zahlen erleichtern: clevere Abkürzungen – aber auch ein Zahlensystem, das die deutsche Sprache leider nicht nutzt.
    Was wären wir ohne unsere Sprache! Es gäbe keine Literatur, keine Geschichtsschreibung – wir müssten uns mit Händen und Füßen verständigen. Genau deshalb halten viele Wissenschaftler die Sprache für die wichtigste Erfindung unserer Vorfahren. Dank ihr können wir Dinge benennen, uns mit anderen Menschen austauschen, ja sogar über Abstraktes und Fiktives sprechen.
    Eine spannende Frage beschäftigt Psychologen und Hirnforscher immer wieder: Wie eng sind Sprache und Gedanken miteinander verknüpft? Denken wir in Worten, in Bildern oder in ganz anderen Kategorien? Und was passiert, wenn wir rechnen oder ein geometrisches Rätsel lösen? Kommen mathematische Ideen ganz ohne Worte aus?
    Für Albert Einstein war die Sache ziemlich klar: »Wörter und Sprache, egal ob geschrieben oder gesprochen, scheinen in meinen Denkprozessen keine Rolle zu spielen«, sagte der Begründer der Relativitätstheorie. »Die psychologischen Objekte, die als Bausteine meiner Gedanken dienen, sind bestimmte, mehr oder weniger klare Zeichen und Bilder, die ich reproduzieren und rekombinieren kann.«
    Viele Mathematiker schildern ganz ähnliche Erfahrungen wie Einstein. Wenn sie über Beweisen grübeln, denken siekaum in Wörtern. Sobald es jedoch um Zahlen geht und das Einmaleins – also die Dinge, mit denen Kinder in der Grundschule konfrontiert werden –, spielt die Sprache plötzlich eine zentrale Rolle. Und ausgerechnet sie ist es auch, die uns beim Zählen und Rechnen mitunter im Wege steht – auch als Erwachsener.
    Die enge Verknüpfung von Zahlen und Sprache merken wir an uns selbst beim Kopfrechnen, wenn wir die Zahlen vor uns hinmurmeln. Psychologen haben dies unter anderem bei Untersuchungen unseres Kurzzeitgedächtnisses entdeckt. Stanislas Dehaene beschreibt in seinem Buch »Der Zahlensinn« dazu ein einfaches Experiment. Lesen Sie die folgenden Zahlen möglichst schnell laut vor:
    9, 5, 3, 1, 4, 7, 2
    Schließen Sie nun die Augen und versuchen Sie, sich die Zahlenfolge 20 Sekunden lang zu merken. Wenn Ihre Muttersprache Deutsch ist, dann schaffen Sie das mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Chinesen hingegen gelingt das Aufsagen der Zahlenfolge fast immer, denn sie können sich im Schnitt neun Zahlen merken und nicht nur sieben wie die Deutschen.
    Warum ist das so? Es liegt nicht etwa an anders organisierten Gehirnen oder mehr Drill in Chinas Schulen, sondern an der Art und Weise, wie unser Kurzzeitgedächtnis funktioniert. Wir merken uns die Zahlenfolge, indem wir sie immer wieder aufs Neue vor uns hersagen. Der Kurzzeitspeicher im Kopf arbeitet akustisch und reicht nur für etwa zwei Sekunden. Das heißt, wir merken uns so viele Zahlen, wie wir in zwei Sekunden aufsagen können.

Vorteil für Schnellsprecher
    Die Chinesen haben dabei gegenüber uns Deutschen einen klaren Vorteil. Ihre Zahlwörter sind deutlich kürzer als unsere – siehe Tabelle auf der nächsten Seite – und so passen einfach mehr Zahlen in den zwei Sekunden umfassenden Speicher, den Psychologen auch als phonologische Schleife bezeichnen.
    Diese Schleife ist übrigens auch der Grund dafür, dass Schnellsprecher sich längere Zahlenkombinationen besser merken können. Sie bringen in den zwei Sekunden Kurzzeitgedächtnis einfach mehr Zahlen unter.
    Die Zahlwörter bereiten deutschen, aber auch französischen und englischen Kindern nicht nur wegen ihrer Länge Probleme. Die im Laufe von Jahrhunderten entstandenen Begriffe wie einundzwanzig oder quatre-vingt-douze (französisch für 92) sind so umständlich, dass sie den Zugang zu Zahlen erschweren.
    Der amerikanische Forscher Kevin Miller hat dies 1995 gemeinsam mit chinesischen Kollegen in einer eindrucksvollen Studie gezeigt. Die Wissenschaftler baten Kinder aus den USA und aus China, laut zu zählen, und zwar so weit sie konnten. Bei Dreijährigen stellten die Forscher kaum Unterschiede fest, die Kleinen kamen meist bis zur Acht oder zur Neun. Danach ging jedoch die Schere auf: Vierjährige aus den USA kamen mit Mühe und Not bis 15, gleichaltrige Chinesen hingegen bis 40 oder 50.

    Diesen eklatanten Unterschied erklären die Forscher mit den streng logischen Regeln für Zahlwörter im Chinesischen. Amerikaner
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