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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf
Autoren: F Schmöe
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bin unehrlich, schoss es ihr durch den Kopf. Ich denke nicht an die Nacht, in der er angeschossen wurde. Sondern an die vorherige. Daran, wie wir in der Hütte eingeschneit waren und Hardo die Notbremse zog, bevor wir eine Affäre beginnen konnten. Sie blickte auf. Der Kommissar sah sie so durchdringend an wie immer: Wie Scheinwerfer leuchteten seine grauen Augen ihre Gedanken aus.
    Katinka berichtete von dem Unfall in Königsberg. Sie erwähnte weder den Namen Isenstein noch den anonymen Brief. Ohne nachzufragen, warum sie sich dafür interessierte, griff Hardo zum Telefonhörer und wählte. Sie lauschte seiner tiefen, rauen Stimme, die stets ruppig und ein wenig unhöflich klang. Ein paar knappe Hms und Ahas, dann legte er auf und sagte:
    »O.k., Katinka. Bisher ist der Fall ungeklärt. Selbstmord, Unfall, oder Mord, alles ist drin.«
    »Mit wem haben Sie gesprochen?«
    »Mit der Kollegin aus Haßfurt.«
    »Kollegin?«
    Er grinste schief.
    »Also. Die Leiche wurde gegen neun Uhr abends von drei Jugendlichen entdeckt, die in der warmen Frühlingsnacht ein stilles Plätzchen im Burggraben suchten, um sich mit Bier abzufüllen. Die Tote ist von der Holzbrücke in den Burggraben gestürzt. Sie schlug unten mit dem Kopf auf einer Mauer auf. Dabei brach sie sich das Genick.«
    »Kann sie von selbst dort hinuntergestürzt sein?«
    »Es sind keine eindeutigen Hinweise gefunden wurden.« Hardo furchte die Stirn. »Keine Faserspuren an der Kleidung, keine Hautpartikel unter den Fingernägeln oder andere Anzeichen für einen Kampf. Kein Alkohol, keine Drogen.«
    »Es würde also nichts dagegen sprechen, dass die junge Frau sich selbst in den Tod stürzte?«
    »Genauso logisch wie ein Unfall.«
    »Gibt es einen Abschiedsbrief?«
    »Es wurde keiner gefunden. Aber das spricht nicht unbedingt gegen Selbstmord.«, sagte Hardo. »Es macht ihn nur ein paar Grade unwahrscheinlicher.«
    Katinka rieb sich gedankenverloren die Nase.
    »Wie alt war die Frau?«
    »Genau ein halbes Jahr nach ihrem achtzehnten Geburtstag ist sie gestorben. Und jetzt verraten Sie mir, weshalb Sie sich für diese Geschichte interessieren.«
    »O.k. Aber Sie verraten mir den Namen der Toten.«
    Hardo zog die Augenbrauen zusammen. »Beatrix Hanf.«
    »Wohnhaft in Königsberg?«
    Er ging nicht drauf ein.
    »Ich höre.«
    Katinka leckte sich die Lippen.
    »Gut. Es geht um einen neuen Fall.«
    »Ach was.«
    »Endlich mal keine langweiligen Betrügereien, Unterhaltsgeschichten oder Eheprobleme.«
    Hardo legte seine großen Hände auf den Tisch.
    »Bevor etwas anbrennt, sagen Sie mir Bescheid, ja?«
    Katinka lächelte. Seine Sorge stand so deutlich auf seinem Gesicht, als trüge sie eine scharfe Handgranate in der Hosentasche.
    »Keine Angst.«
    »Wie geht’s Tom?«
    Etwas Heißes schoss durch Katinkas Magen. Sie hatte den bevorstehenden Besuch verdrängt.
    »Er wird gerade am Bahnhof sein.«
    »Wollte er Sie nicht dabeihaben?«
    »Nein. Ehrlich gesagt bin ich froh drum.« Sie mochte nicht zugeben, wie sehr sie sich vor dem Zusammentreffen mit Carla Nerius fürchtete.
    Hardo nickte langsam. Er stand auf.
    »Wenn Sie mich brauchen, dann wissen Sie, wo Sie mich finden.«
    »Am Handy«, lächelte Katinka, um ihre Verlegenheit zu überspielen. »Wenn nicht gerade der Akku leer ist oder der Herr Hauptkommissar das Telefon ausgeschaltet hat.«
    »Lästermaul!« Er kam um den Schreibtisch und küsste sie auf die Wange. »Passen Sie auf Ihren Liebsten auf.«
    Er brachte sie zum Eingang hinunter. Ich sollte ihm wirklich von dem Brief erzählen, dachte sie.
    Katinka radelte in die Hasengasse, schrieb ins Reine, was sie sich notiert hatte und beobachtete die Zeiger der Uhr bei ihrer Wanderschaft über das Zifferblatt. Ihr Herz klopfte herausfordernd gegen ihre Rippen, und in ihrem Bauch spielten Urzeittiere kesse Schattenspiele. Mochten andere Frauen das Schicksal beklagen, welches ihnen eine ungenießbare Schwiegermutter vorgesetzt hatte – für Katinka Palfy hatte der große Plan zwei von der Sorte vorgesehen. Sie seufzte und wischte ihre schweißnassen Hände auf der Sitzfläche ihres Stuhls ab. Um halb neun packte sie ihre Sachen zusammen. Das erste Zusammentreffen von Mutter und Sohn hatte seine Intimität gehabt. Nun würde sie sehen, was sie beitragen konnte.
     
    Carla Nerius saß mit gekreuzten Beinen auf dem Sofa und hielt ein Glas Bier in der Hand. Katinkas Mund fühlte sich trocken an, als sie neben Tom ins Zimmer kam.
    »Darf ich vorstellen?«, sagte Tom und
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