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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf
Autoren: F Schmöe
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hörte Katinka sich sagen.
    Sie sah Charlotte Isenstein nach, wie sie den Umkleideraum verließ. Sehr ladylike und selbstsicher und ein bisschen steif. Ein Hauch Parfüm hing in der Luft.
     
    Die Polizisten verabschiedeten sich auf dem Parkplatz und fuhren in Hardos altem Golf davon. Katinka ließ sich von Tom in der Innenstadt absetzen. Er wollte nach Hause, um sich auf seinen besonderen Besuch einzustimmen, während Katinka in gemächlichem Tempo zu ihrer Detektei schlenderte. Es war ein traumhafter Junitag. Warm leuchtete die Sonne von einem dunstigen Himmel. Eigentlich ein Tag, um sich nach einem anstrengenden Training ein Eis zu gönnen, in einem Café zu sitzen und Leute anzugucken. Doch ihre innere Unruhe trieb sie weiter. Es ängstigte sie das Gefühl, am Abend nach Hause zu kommen, eine Fremde in ihrer Wohnung vorzufinden, die dazu noch Toms leibliche Mutter war, und die Luft flirren zu spüren von verwickelten Emotionen, die Katinka nicht durchschaute und die ihr niemand erklären würde. So gut sie sich mit Tom verstand: In Gefühlsdingen war er zugeknöpft. Was aus ihm herauskam, musste erst einen Damm von gewaltigen Ausmaßen durchbrechen, sodass er problematische Dinge oft erst ansprach, wenn sie in seinem Inneren schon zu einer explosiven Mischung geworden waren. Katinka roch das drohende Unheil förmlich, als sie durch das Stadttor in die Hasengasse trabte. Hier war die Welt klein und überschaubar. Trotz ihrer inzwischen soliden Einkünfte als Privatdetektivin wollte sie sich nicht von ihrer winzigen, in die schmale Gasse geduckten Detektei trennen. Sie mochte das Büro mit dem Schreibtisch, den Besuchersesseln, dem IKEA-Kleiderständer und den vollgestopften Bücherregalen. Ihr vollgekritzelter Terminplaner sah zur Jahresmitte bereits aus wie ein modernes Kunstwerk. Um dem Raum etwas mehr Ruhe zu gönnen, hatte sie ihr geliebtes Dalí-Poster vor einigen Wochen abgehängt und durch einen Bilderrahmen vom Trödelmarkt ersetzt – ohne Bild. Der Anblick der nackten Tapete zwischen den Messingschnörkeln irritierte die meisten Klienten. Katinka nutzte die erste Schrecksekunde gerne als Anlass für ein wenig Smalltalk, um die Stimmung aufzulockern und den Kunden ihre anfängliche Beklemmung zu nehmen. Katinka trat in den kleinen Nebenraum, prüfte ihr Faxgerät und nahm sich ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Nachdenklich betrachtete sie Charlotte Isensteins Visitenkarte, während sie sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurechtsetzte und die Papierhaufen unerledigter, monotoner Aufgaben beiseiteschob. Frau Isenstein wies sich als Geschäftsführerin eines Dentallabors aus. Die Karte fühlte sich teuer an. Katinka griff nach dem Telefon und wählte die angegebene Handynummer. Das Rufzeichen bekam eine Chance von einer halben Sekunde, dann wurde abgenommen.
    »Isenstein?«
    »Palfy. Dies ist mein versprochener Rückruf.«
    »Wunderbar. Wann können Sie kommen?«
    Katinka sah auf die Uhr. Kurz vor drei. Sie hatte den halben Nachmittag noch vor sich.
    »In einer Stunde, wenn Ihnen das passt. Wo wohnen Sie?«
    »Passt mir«, kam es zurück. »Wir wohnen am Schillerplatz.« Sie gab die Hausnummer durch.
    »Gut. Bis dann.«
    Katinka verbrachte die nächste halbe Stunde damit, aus dem Fenster zu starren, vor sich hin zu brüten und über Mütter und Väter nachzudenken. Schließlich räumte sie hektisch ihren Bürokram zusammen, steckte ein neues Notizbuch und einen Stift in ihren Rucksack, schrieb einen Einkaufszettel und schwang sich aufs Rad. Auf die Minute pünktlich drückte sie auf den Klingelknopf mit dem Namen ›Isenstein‹.
     

2. Anonyme Post
    An dem Mann, der ihr die Tür öffnete, fielen Katinka sofort die knochigen Knie auf. Gnubbelig wie Winterkartoffeln ragten sie unter dem Saum seiner Shorts hervor.
    »Frau Palfy?«
    »Die bin ich.«
    Er trat beiseite und hielt ihr mit Grandezza die Tür auf.
    »Bitte. Meine Frau kündigte Sie bereits an.«
    Er führte sie in ein herrschaftliches Zimmer. In der Mitte thronte ein schlecht gepflegter, angelaufener Tisch mit kupferner Platte, mächtige abgewetzte Ledersessel standen herum, an der Wand ruhte sich ein Schrank auf Löwenfüßen aus. Es roch leicht nach einer sehr schweren, süßen Zigarre.
    »Einen Aperitif vielleicht?«
    Ewald Isenstein wandte sich dem monströsen Schrank zu, entnahm ihm eine Kiste, stellte sie aber sofort zurück, als er auf dem Flur Schritte bemerkte.
    »Warten wir noch ein Weilchen«, sagte er mit einem verschwörerischen
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