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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze
Autoren: Werner Schrader
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Vorstellungen hinein.
    „O ja, mein Junge“, antwortete Jan. „Wir brauchen kaum hundert Schritte zu gehen.“
    „Dauert es lange?“
    „Wenn wir uns nicht aufhalten, etwa eine Viertelstunde.“
    „Och, dann sind wir ja viel zu früh zurück.“
    „Das glaub’ ich nicht“, sagte Jan. „Wir werden uns nämlich aufhalten. Sehr lange sogar.“
    „Was hast du vor?“ fragte Nicole.
    „Ich möchte einen meiner Freunde mit euch besuchen.“
    Das Mädchen tätschelte Lady den Hals und gab keine Antwort. Jan merkte, daß sie auf den Freund nicht sehr neugierig war. Er sagte jedoch nichts, sondern fuhr pfeiferauchend die Wümme hinunter. Nach kurzer Zeit lenkte er das Boot ans Ufer, machte es an einem leichten Steg fest und stieg ans Land.
    „So“, sagte er, „da wären wir schon. Kommt ‘raus, damit wir die Einkäufe schnell erledigen und hinterher um so mehr Zeit für meinen Freund haben.“
    Herr Perelaer, der Lebensmittelhändler, packte ihnen die Ware in eine Plastiktüte und schenkte den Kindern eine Rolle Keks.
    „Du hältst mich zwar für geizig“, sagte er zu Jan Tabak, „weil ich keinen Alkohol trinke, wenn ich zu euch nach Niederblockland ‘rauskomme, aber nun kannst du sehen, daß ich eine offene Hand habe.“
    „Ja, zum Einnehmen“, knurrte Jan, „das weiß ich. Gib mir noch eine Flasche Korn mit.“
    „Korn stand aber nicht auf deinem Zettel!“
    „Natürlich nicht“, sagte Jan, „für Getränke hab’ ich ein gutes Gedächtnis, die behalte ich im Kopf.“
    Sie verließen den Laden und gingen zum Boot. Die Kinder und Lady knabberten an den Keksen.
    Als sie bald bedeutend langsamer als auf dem Hinweg gegen den Strom zurückfuhren, sagte Jan Tabak: „Seht ihr, das ist meine Devise, erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Die Einkäufe haben wir hinter uns, nun kann uns nichts mehr passieren. Wären wir aber gleich zu meinem Freund gefahren, dann hätte ich nicht garantieren können, daß wir hinterher noch nach Wasserhorst gekommen wären. Man kann sich bei einem Freund ja leicht festschnacken, besonders, wenn es ein so guter ist. Na, ihr werdet ja sehen.“
    Sicher steuerte er das Boot auf die andere Wümmeseite hinüber. „Der Fluß ist hier die Grenze zwischen Bremen und Niedersachsen“, erklärte er. „Wir sind Stadt, und die da drüben sind Land. Witzig, nicht? So, nun paßt auf, daß ihr euch nicht die Finger klemmt, das Hafenbecken ist sehr schmal.“
    Vorsichtig manövrierte er das leichte Boot in die kleine Bucht hinein und vertäute es. Eine winzige Segeljacht schaukelte dort schon im sanften Wellengang. Lady sprang als erste hinaus.
    „Moment!“ rief Jan, als Tim ebenfalls auf den Steg klettern wollte.
    „Wir haben wertvolle Ladung zu löschen. Hier, nimm den Korn! Mir könnte er ins Wasser fallen, weil ich nasse Hände habe, und als Flaschenpost ist mir das Zeug zu schade.“
    Von einer der dreißig Meter hohen Pappeln am Ufer hing ein starkes Seil herab, an dessen Ende ein alter Autoreifen hin und her schwang. „Das ist ja eine prima Schaukel!“ rief Tim und saß schon drin. Bevor Nicole ihn jedoch anstoßen konnte, riß Jan ihm den Schnaps aus der Hand.
    „Junge“, sagte er vorwurfsvoll, „du kannst doch nicht unser Gastgeschenk gefährden!“
    Dann zog er Lady aus der Flugbahn und sah zu, wie Tim in Schwung kam, zehn Meter vor, zehn Meter zurück und immer höher hinauf. „Nur gutfesthalten“, mahnte er. „Wer da ‘rausfliegt, der paßt in keinen Sarg mehr.“
    Natürlich wollte Nicole auch schaukeln, ehe sie ins Haus gingen. Und natürlich brachte Jan für sie die gleiche Geduld auf wie für ihren Bruder. Auch Lady blieb die Ruhe selbst. Schließlich hatten aber die Kinder fürs erste genug und waren bereit, Jans lieben Freund kennenzulernen.
    Gemeinsam gingen sie auf das niedere Bauernhaus zu, dessen Dachrinne man reinigen konnte, ohne sich auf die Zehen zu stellen. An der Tür sahen sie zwei Schilder. Auf dem ersten stand: „Bück dich, dann bleibt der Balken heil!“, auf dem zweiten: „Jochen Langewisch“.
    Jan steckte den Schnaps unter die Jacke und schlug kräftig mit der Faust gegen die Tür.
    „Hallo, Jochen“, rief er, „bist du zu Hause?“
    „Nee“, antwortete eine Stimme von drinnen, „ich bin in Ritterhude, aber ich komme bald wieder.“
    Da stieß Jan die Tür auf und trat in die Diele.
    „Wie ärgerlich“, rief er dabei, „dann muß ich ja den ganzen Buddel allein leermachen.“
    Die Kinder schlossen die Tür und marschierten
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