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James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

Titel: James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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Pianoklänge, einzelne Holzbläser waren zu hören –, dann entstand eine Pause, gefolgt vom kollektiven Schmettern einer Melodie, als das ganze Orchester plötzlich zusammenspielte – soweit Bond beurteilen konnte, äußerst kompetent. Die ersten Takte kamen James Bond bekannt vor.
    »Die Polowetzer Tänze aus der Oper
Fürst Igor
«, erklärte Captain Sender knapp. Dann fügte er leicht hektisch hinzu: »Gleich ist es achtzehn Uhr. Hey! Das untere rechte der vier Fenster! Sehen Sie!«
    Sofort presste Bond sein Auge gegen das Okular des Zielfernrohrs. Ja, im Inneren der schwarzen Höhle schien sich tatsächlich etwas zu bewegen. Ein schmales schwarzes Objekt, eine Waffe, wurde herausgeschoben. Sie bewegte sich äußerst langsam, aber nachdrücklich nach unten und zur Seite, um den Abschnitt der Zimmerstraße zwischen den beiden Trümmerfeldern abdecken zu können. Schließlich schien der unsichtbare Schütze zufrieden zu sein, und die Waffe stand still. Sie schien sich auf einem ähnlichen Gestell wie Bonds Gewehr zu befinden.
    »Was für eine Art Waffe ist das?« Captain Senders Stimme klang aufgeregter, als sie sein sollte. Ganz ruhig, verdammt!, dachte Bond. Ich bin derjenige, dem die Nerven flattern sollten.
    Er kniff die Augen zusammen und spähte in die Dunkelheit. Er konnte einen Mündungsfeuerdämpfer ausmachen, ein Zielfernrohr und ein großes Magazin. Ja, das musste es sein! Ganz sicher – und das Beste, das sie hatten!
    »Kalaschnikow«, antwortete er knapp. »Eine Maschinenpistole. Gasdrucklader. Dreißig Schuss mit 7,62-Millimeter-Patronen. Wird vom KGB gerne benutzt. Perfekt für größere Entfernungen geeignet. Wir müssen den Scharfschützen schnell erwischen, sonst wird 272 nicht nur tot sein, sondern Erdbeermarmelade. Achten Sie auf Bewegung zwischen dem Schutt. Ich muss das Fenster und die Waffe weiter im Auge behalten. Um zu schießen, wird er sich zeigen müssen. Wahrscheinlich ist an allen vier Fenstern jemand. Das ist in etwa die Situation, die wir erwartet haben, doch ich hätte nicht gedacht, dass sie sich für eine Waffe entscheiden, die so viel Lärm macht. Ist aber irgendwie typisch. Ein rennender Mann ist bei diesen Sichtverhältnissen mit einem Einzelschuss kaum zu erwischen.«
    Bond stellte das Zielfernrohr so ein, dass die feinen Linien genau übereinanderlagen, exakt dort, wo der Lauf des feindlichen Gewehrs in der Dunkelheit verschwand. Triff in die Brust – halt dich nicht mit dem Kopf auf!
    Bonds Gesicht begann unter der Kutte furchtbar zu schwitzen, und das Okular fühlte sich an seinem Auge sehr rutschig an. Aber das spielte keine Rolle. Nur seine Hände und besonders sein Abzugsfinger mussten staubtrocken bleiben. Während die Minuten verstrichen, blinzelte er immer wieder, um seine Augen auszuruhen, bewegte seine Gelenke leicht, um sie geschmeidig zu halten, und lauschte der Musik, um sich zu entspannen.
    Die Minuten krochen dahin. Wie alt sie wohl war? Anfang zwanzig, höchstens dreiundzwanzig. Sie hatte beherrscht und sorglos gewirkt, und in ihren langen, lässigen Schritten hatte eine gewisse Autorität gelegen. Wahrscheinlich kam sie aus gutem Hause – möglicherweise entstammte sie einer der alten Adelsfamilien aus Preußen, Polen oder sogar Russland. Warum zum Teufel hatte sie sich entschieden, Cello zu spielen? Der Gedanke an dieses große, plumpe Instrument zwischen ihren gespreizten Schenkeln hatte fast schon etwas Unanständiges. Natürlich war es Suggia gelungen, dennoch elegant zu wirken, genau wie dieser Amaryllis Soundso. Aber man sollte wirklich eine Technik erfinden, die es Frauen gestattete, dieses verdammte Instrument im Damensitz zu spielen.
    Neben ihm sagte Captain Sender: »Neunzehn Uhr. Auf der anderen Seite hat sich noch nichts gerührt. Auf unserer Seite gibt es ein wenig Bewegung in der Nähe eines Kellers am Eingang. Das wird unserer Empfangskomitee sein – zwei gute Mitarbeiter der Station. Ich bleibe besser dran, bis die Sache vorüber ist. Sagen Sie mir Bescheid, wenn das Gewehr reingezogen wird.«
    »Geht klar.«
    Es war neunzehn Uhr dreißig, als das KGB-Maschinengewehr im dunklen Inneren des Zimmers verschwand. Nach und nach wurden die unteren Teile aller vier Fenster geschlossen. Das kaltblütige Spiel war für heute Abend vorüber. 272 steckte noch immer fest. Zwei weitere Abende standen noch bevor.
    Behutsam zog Bond den Vorhang über seine Schultern und die Mündung der Winchester. Er stand auf, riss sich die Kutte vom Kopf und ging
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