Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

James Bond 14 - Octopussy (German Edition)

Titel: James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
begann. Schließlich verlief seine Plauderei im Sande und er legte sich mit einem deutschsprachigen Krimi, den er sich während seines Streifzugs gekauft hatte, auf sein Bett. Captain Sender wanderte jedoch weiterhin ruhelos in der Wohnung umher, sah viel zu häufig auf die Uhr und rauchte eine seiner Kents nach der anderen. Natürlich mit einer Dunhill-Zigarettenspitze (er war ein vorsichtiger Mann).
    James Bond hatte sich aufgrund des spektakulären Umschlags für das Buch entschieden, auf dem das Bild einer halb nackten jungen Frau prangte, die an ein Bett gefesselt war. Und es erwies sich als glückliche Wahl. Der Roman hieß
Verderbt, Verdammt, Verraten
. All das schien der jungen Dame zugestoßen zu sein. Vorübergehend verlor sich Bond im Martyrium der Heldin, Gräfin Liselotte Mutzenbacher, und war ein wenig verärgert, als Captain Sender sagte, dass es siebzehn Uhr dreißig sei und sie sich auf ihre Positionen begeben sollten.
    Bond legte sein Jackett und seine Krawatte ab, steckte sich zwei Streifen Kaugummi in den Mund und zog sich die Kutte über. Captain Sender schaltete das Licht aus. Bond legte sich auf sein Bett, das Auge am Okular des Zielfernrohrs, und hob vorsichtig den unteren Rand des Vorhangs über seine Schultern.
    Inzwischen dämmerte es, aber ansonsten sah der Schauplatz – der ein Jahr später als »Checkpoint Charlie« berühmt werden sollte – wie eine Fotografie aus: das Brachland vor ihm, der helle Streifen der vorderen Straße, das weiter entfernte Brachland, und zur Linken das hässliche Haus der Ministerien mit seinen erleuchteten und dunklen Fenstern. Bond suchte alles ab, bewegte das Zielfernrohr mitsamt dem Gewehr mithilfe der Präzisionsschrauben am Gestell. Es war alles wie immer, nur dass gerade einige Mitarbeiter das Ministerium durch den Eingang in der Wilhelmstraße betraten und verließen. Bond überprüfte erneut die vier Fenster, die dem Feind laut Sender die beste Schussposition ermöglichen würden. Die Vorhänge waren aufgezogen, und der untere Teil der Schiebefenster stand weit offen. Selbst mit Zielfernrohr konnte Bond nicht in die Räume sehen, aber in den vier länglichen Fenstern, die wie schwarze, aufgerissene Münder wirkten, war keine Bewegung zu erkennen.
    Unten auf der Straße jedoch schon. Das Damenorchester marschierte den Bürgersteig entlang auf den Eingang zu – zwanzig lachende und plaudernde junge Frauen mit ihren Instrumenten. Kästen mit Streich- und Blasinstrumenten, Taschen mit ihren Noten, und vier von ihnen hatten Trommeln dabei. Sie waren eine fröhliche kleine Gruppe. Bond dachte gerade darüber nach, wie manche Leute ihr Leben in der Sowjetunion trotz allem zu genießen schienen, als sein Blick auf das Mädchen fiel, das das Cello trug. Bond hielt kurz in der Kaubewegung inne, während er versuchte, die Frau im Blick des Zielfernrohrs zu halten.
    Sie war größer als die anderen Mädchen, und ihr langes glattes blondes Haar fiel ihr über die Schultern und glänzte im Licht der Straßenlaternen wie geschmolzenes Gold. Sie eilte auf eine charmante aufgeregte Art und Weise die Straße entlang, und trug den Cellokasten, als wäre er nicht schwerer als der einer Geige. Alles an ihr schien zu fliegen, der Saum ihres Mantels, ihre Füße, ihre Haare. Sie sprühte vor Leben und Bewegung, und scheinbar auch vor Fröhlichkeit, während sie mit den zwei anderen Frauen neben sich plauderte und über das, was sie sagten, lachte. Als sie sich mitten in ihrer Gruppe zum Eingang wandte, zeigten die Straßenlaternen ganz kurz ein wunderschönes blasses Profil. Dann war sie fort, und Bond empfand ihr Verschwinden als Dolchstoß in sein Herz. Wie seltsam! Wie ausgesprochen seltsam! Das war ihm seit seiner Jugend nicht mehr passiert. Und nun hatte dieses Mädchen, das er nur aus der Ferne und undeutlich gesehen hatte, in ihm ein solch starkes Gefühl der Sehnsucht hervorgerufen, einen Schauer animalischer Anziehungskraft! Mürrisch warf Bond einen Blick auf das selbstleuchtende Ziffernblatt seiner Uhr. Siebzehn Uhr fünfzig. Nur noch zehn Minuten. Doch vor dem Eingang hielt kein unauffälliger Lieferwagen. Keine dieser anonymen schwarzen Limousinen, die er halb erwartet hatte. Er verdrängte die Frau so gut er konnte aus seinen Gedanken und konzentrierte sich. Mach schon, verdammt noch mal! Konzentrier dich auf deine Aufgabe!
    Irgendwo im Ministerium ertönten die vertrauten Klänge eines Orchesters, das sich einstimmte – die Streichinstrumente wiederholten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher