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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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zum Hauptquartier in London ankündigte.
    Es war eine eiserne Routine. Und Strangways war ein Mann der eisernen Routine. Unglücklicherweise können strikte Verhaltensmuster tödlich sein, wenn der Feind sie durchschaut.
    Strangways, ein großer schlanker Mann mit einer Klappe über dem rechten Auge und einem aristokratischen Aussehen, das man vielleicht eher auf der Brücke eines Zerstörers erwartet hätte, ging mit schnellen Schritten durch die mit Mahagoniparkett ausgelegte Empfangshalle und die Fliegengittertür des Queen’s Clubs, die drei Stufen hinunter und den Kiesweg entlang.
    Seine Gedanken beschäftigten sich hauptsächlich mit dem sinnlichen Vergnügen der frischen Abendluft und der Erinnerung an seine Raffinesse, die ihm seine drei Pik eingebracht hatte. Da war natürlich noch dieser Fall, an dem er gerade arbeitete, eine seltsame und komplizierte Angelegenheit, mit der ihn M vor zwei Wochen eher nebenbei beauftragt hatte. Aber es lief gut. Ein zufälliger Hinweis auf die chinesische Gemeinde hatte sich ausgezahlt, wodurch ein paar Ungereimtheiten ans Tageslicht gekommen waren. Es handelte sich momentan nur um vage Vermutungen – aber sollten diese zu handfesten Beweisen führen, dachte Strangways, während er vom Kiesweg auf die Richmond Road trat, würde er sich in einer höchst eigenartigen Geschichte wiederfinden.
    Strangways zuckte mit den Schultern. Natürlich würde das nicht passieren. In seinem Metier passierte etwas so Fantastisches einfach nicht. Es würde auf eine langweilige Auflösung hinauslaufen, die von ein paar überspannten Gemütern und der üblichen Hysterie der Chinesen ausgeschmückt worden war.
    Automatisch bemerkte ein anderer Teil von Strangways’ Geist die drei Blinden. Sie taperten langsam über den Bürgersteig auf ihn zu und waren noch ungefähr zwanzig Meter von ihm entfernt. Er schätzte, dass sie, etwa ein oder zwei Sekunden bevor er sein Auto erreichte, an ihm vorbeigehen würden. Aus Scham und Dankbarkeit für seine eigene Gesundheit suchte Strangways in seiner Hosentasche nach einer Münze. Er strich mit dem Daumennagel über den Rand, um sicherzugehen, dass es ein Florin und kein Penny war, und zog sie heraus. Nun befand er sich parallel zu den Bettlern. Wie seltsam, alle drei waren Chineger! Wie ausgesprochen seltsam! Strangways streckte seine Hand aus. Die Münze fiel scheppernd in die Blechtasse.
    »Gott schütze Sie, mein Herr«, sagte der Anführer. »Gott schütze Sie«, wiederholten die beiden anderen.
    Der Autoschlüssel war in Strangways’ Hand. Vage bemerkte er, wie das Klappern der Stöcke aufhörte. Es war zu spät.
    Als Strangways an dem letzten Mann vorübergegangen war, drehten sich alle drei um. Die hinteren beiden waren einen Schritt beiseitegetreten, um freies Schussfeld zu haben. Drei Revolver mit plump wirkenden Schalldämpfern wurden aus ihren zwischen den Lumpen versteckten Holstern gezogen. Mit disziplinierter Präzision zielten die drei Männer auf verschiedene Punkte auf Strangways’ Rücken – eine Kugel traf ihn zwischen den Schulterblättern, eine im Kreuz und eine knapp über dem Becken.
    Die drei dumpfen Geräusche klangen fast wie ein einziges. Strangways’ Körper fiel nach vorn, als hätte man ihn getreten. Dann lag er leblos in einer kleinen Staubwolke auf dem Bürgersteig.
    Es war achtzehn Uhr siebzehn. Mit quietschenden Reifen bog ein schäbiger Leichenwagen mit schwarzen Fähnchen an den vier Ecken seines Dachs von der T-Kreuzung in die Richmond Road und näherte sich der Gruppe auf dem Bürgersteig. Die drei Männer hatten gerade noch genügend Zeit, um Strangways’ Körper aufzuheben, bevor der Leichenwagen vor ihnen zum Stehen kam. Die Doppeltür am Heck war offen. Genauso wie der schlichte Holzsarg im Inneren. Die drei Männer hievten die Leiche durch die Tür und in den Sarg. Dann kletterten sie hinein. Der Deckel wurde aufgelegt und die Tür zugezogen. Die Bettler setzten sich auf drei der vier schmalen Sitze und legten gemächlich ihre Stöcke neben sich. Über den Rückenlehnen der Sitze hingen weite schwarze Alpakamäntel. Sie zogen die Mäntel über ihre Lumpen. Dann nahmen sie ihre Baseballkappen ab, griffen unter die Sitze und setzten schwarze Zylinder auf.
    Der Fahrer, ebenfalls ein chinesischer Neger, blickte nervös über seine Schulter.
    »Los, Mann. Los!«, sagte der größte der Mörder. Er warf einen Blick auf das selbstleuchtende Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Es war achtzehn Uhr zwanzig. Nur drei
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