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James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)

James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)

Titel: James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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versuchen, auf keinen Fall wie ein Engländer zu klingen.
    Bond warf einen missmutigen Blick auf den Stapel aus Paketen, die seine neue Identität enthielten, zog seinen Pyjama ein letztes Mal aus (»Hier in Amerika schlafen wir meist nackt, Mr Bond.«) und verpasste sich eine eiskalte Dusche. Während er sich rasierte, betrachtete er sein Gesicht im Spiegel. Das dicke Komma aus schwarzem Haar über seiner rechten Augenbraue war merklich kleiner geworden, und an seinen Schläfen war das Haar sehr kurz geschnitten. Gegen die dünne, senkrechte Narbe, die über seine rechte Wange verlief, konnte man nichts ausrichten, was das FBI allerdings nicht davon abgehalten hatte, trotzdem mit diversen Kosmetika zu experimentieren. Auch die Kälte und der Hauch von Verärgerung in seinen graublauen Augen ließen sich nicht verbergen, doch das schwarze Haar und die hohen Wangenknochen hätten ebenso gut zu einem Amerikaner gehören können. Bond fand, dass er damit durchkommen würde – außer vielleicht bei den Frauen.
    Nackt marschierte er in den Eingangsbereich und riss ein paar der Pakete auf. Später ging er mit einem weißen Hemd und einer dunkelblauen Hose bekleidet ins Wohnzimmer, zog einen Stuhl zum Schreibtisch neben dem Fenster und schlug
Der Baum des Reisenden
von Patrick Leigh Fermor auf.
    M hatte ihm dieses außergewöhnliche Buch empfohlen.
    »Der Kerl weiß, wovon er redet«, sagte er, »und vergessen Sie nicht, dass er über Dinge schreibt, die 1950 auf Haiti stattgefunden haben. Das ist keine schwarze Magie aus dem Mittelalter. Es wird jeden Tag praktiziert.«
    Bond hatte den Teil über Haiti bereits zur Hälfte gelesen.
    Der nächste Schritt [las er] besteht in der Beschwörung der bösen Bewohner des Voodoo-Pantheons – zum Beispiel Don Pedro, Kitta, Mondongue, Bakalou und Zandor –, um durch sie Schaden anzurichten oder um Menschen in Zombies zu verwandeln (eine mutmaßliche Praktik, die ursprünglich aus dem Kongo stammt), damit man sie als Sklaven benutzen kann. Des Weiteren dient die Beschwörung dem Wirken bösartiger Zauber sowie der Vernichtung von Feinden. Die Auswirkungen eines Zaubers, bei dem ein Bild des vorgesehenen Opfers, ein Miniatursarg oder eine Kröte Verwendung finden können, werden oft durch den zusätzlichen Einsatz von Gift verstärkt. Pater Cosme ging näher auf den Aberglauben ein, demzufolge sich Männer mit gewissen Kräften in Schlangen verwandeln können. Außerdem erwähnte er die
Loups-Garous
, die bei Nacht in der Gestalt von Vampirfledermäusen herumfliegen und Kindern das Blut aussaugen, und Männer, die ihre Körper zu einer winzigen Größe schrumpfen lassen können und in Kalebassen durch das Land rollen. Was jedoch wesentlich bösartiger klang, war eine Anzahl von rätselhaften und kriminellen Geheimgesellschaften aus Zauberern mit albtraumhaften Namen wie:
les Mackanda
, benannt nach dem Giftfeldzug des haitianischen Helden;
les Zobop
, die außerdem Räuber waren; die
Mazanxa
, die
Caporelata
und die
Vlinbindingue
. Dies, sagte er, seien die geheimnisvollen Gruppen, deren Götter anstelle eines Hahns, einer Taube, einer Ziege, eines Hundes oder eines Schweins, wie es bei den normalen Voodoo-Riten der Fall ist, das Opfer einer
cabrit sans cornes
verlangen. Diese hörnerlose Ziege steht natürlich für einen Menschen …
    Bond blätterte um, las weiter, und die Beschreibungen fügten sich in seinem Kopf zu einem außergewöhnlichen Bild einer dunklen Religion und ihrer schrecklichen Riten zusammen.
    … Langsam begannen sich die Einzelheiten aus dem Tumult und dem Rauch und dem ohrenbetäubenden Lärm der Trommeln zu lösen, die für eine Weile alles, bis auf ihre Schläge aus den Gedanken vertrieben …
    … Die Tänzerinnen bewegten sich sehr langsam vor und zurück, und mit jedem Schritt reckten sie das Kinn vor und streckten den Hintern in die Höhe, während sich ihre Schultern mit doppelter Geschwindigkeit schüttelten. Ihre Augen waren halb geschlossen, und aus ihren Mündern drangen immer wieder die gleichen unverständlichen Worte, derselbe kurze Singsang, der nach jeder Wiederholung um eine Oktave tiefer wurde. Als sich der Rhythmus der Trommeln änderte, streckten sie ihre Körper und warfen die Arme in die Luft, während ihre Augen in den Höhlen zurückrollten und sie sich im Kreis drehten …
    … Am Rand der Menge stießen wir auf eine kleine Hütte, kaum größer als eine Hundehütte:
Le caye Zombi
. Das Licht der Fackel enthüllte im Inneren ein
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