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Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Titel: Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
Autoren: Ulrich Gast
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Täfelchen mit unterschiedlichen Ländernamen angebracht, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf die jeweilige Sprache hinweisen sollen, in der die Ohrenbeichte abgelegt werden kann. Jedoch war keiner der Beichtstühle besetzt.

    Völlig übersättigt von Kunst und Kultur beschloss ich, anstatt eines Besuches des Dommuseums, mich auf einem Platze unweit der Kathedrale nieder zu lassen, auf welchem sich ein anscheinend als Troubadoure verkleidetes Musikensemble vor einer laufenden Filmkamera musikalisch profilierte. Die heutige Pilgermesse nutzte ich zu meiner persönlichen Verabschiedung von der Kathedrale und seinem Patron Santiago. Auch diese Messe empfand ich als ergreifend. Irgendwie konnte ich mich diesem Flair nicht entziehen, vielleicht auch deshalb, weil meine Erlebnisse und Erfahrungen noch zu präsent waren. Wie vorgesehen, wollte ich nunmehr kurz das Dommuseum konsultieren, das leider bereits geschlossen hatte. Nun ja! Morgen ist ja ebenfalls noch ein Tag! So begab ich mich in eine kleine Taverne, die ich nachmittags bei meiner Souvenirjagd entdeckt hatte, um dort einige Tapas bei einem Gläschen Wein zu mir zu nehmen. Den Abend beschloss ich mit einem klassischen Open-Air-Konzert auf dem Kathedralenvorplatz, dem Praza do Obradoiro. Es war fantastisch. Die letzten Strahlen der Abendsonne tauchten die Hauptfassade der Kathedrale in ockergelbes Licht, während wundervolle Musik von drei Gesangssolisten mit Symphonieorchesterbegleitung die Luft schwängerte. Ein würdiger Abschluss meines Aufenthaltes hier in Santiago de Compostela, dachte ich mir und erinnerte mich an das Generalversprechen der römisch-katholischen Kurie auf den nunmehr auch mir gewährten Jubiläumsablass, wonach ich mit meiner Pilgerschaft und mit meinem Durchschreiten der Heiligen Compostelanischen Pforte für diejenigen meiner Sünden nicht mehr im Fegefeuer büßen müsse, für die ich aufrichtig gebeichtet und bereut habe. Denn heuer wird das Heilige Compostelanische Jahr von der römisch-katholischen Kirche gefeiert, weil der Namenstag Santiagos, der 25.Juli, auf einen Sonntag fällt. Wer’s glaubt wird selig, wer’s nicht glaubt kommt auch in den Himmel, rebellierte sofort mein Bauch. Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen, wehrte mein Verstand ab und hielt an dem bezaubernden Gedanken fest.
    Nach Konzertende nahm ich noch einen kleinen Trunk in einer unweit entfernten Kneipe ein. Als ich so am Tresen stand und meinen Schoppen schlotzte, kam ich mit einem Herrn und einer Dame, beide Spanier jung an Jahren, auf Englisch ins Gespräch. Wie anders könnte es sein, war hierfür meine erfolgreich absolvierte Fernwanderung ausschlaggebend. Vor allem der Herr versuchte unentwegt, mich zu einer Verlängerung meines Spanienaufenthaltes z.B. durch eine Teilnahme am anstehenden Volksfest des Stiertreibens in Pamplona zu bewegen. „Ihr habt doch schon mein ganzes Geld! Was wollt Ihr denn noch?!“ wehrte ich ab und beharrte darauf, dass mein Bedarf an Neuem in der Fremde gedeckt ist und ich meine Heimreise ersehne. Ich konnte doch in einer derart schönen Gegend schlecht vom Paradiese zuhause schwärmen. Auch war meine Aufgabe der Pilgerschaft gemeistert. Was also sollte und konnte mich hier noch halten? So trennten wir uns gegenseitig unverstanden. Auf meinem Weg zu meinem Nachtquartier kam ich zufälligerweise an einer Diskothek vorbei, an der ich nicht Vorbeigehen wollte, zumal ich sowieso nicht schlafen gekonnt hätte. Vielleicht war es mein Bedürfnis, in letzter Minute doch noch Näheres von den Galiciern erfahren zu können. Nun ja! Außer Spesen nichts gewesen!
     

Freitag, den 02.07.:
     
    Endlich war es soweit! Die Nacht durchgemacht kehrte ich zu meinem Zimmer zurück, machte meine Morgentoilette, packte schnell alles zusammen und verließ die Pension. Vorsorglich hatte ich bereits gestern meine Übernachtungskosten beglichen, als ich kurzzeitig zum Deponieren meines Eingekauften zurückkam. Da für mich heute früh jedwede Kulturveranstaltung eine Qual dargestellt hätte, hatte ich von einem Schnellbesuch des Dommuseums oder anderer Sakral- bzw. Profanbauten abgesehen und verbrachte die Zeit in einer Frühstücksbar, in der ich gleich mit zwei älteren, erst vor Kurzem eingetroffenen Österreichern ins Gespräch kam. Frühzeitig machte ich mich zu meinem letzten Gang meiner Pilgerschaft auf, um ja meinen Bus nicht zu verpassen, derweil ich unterwegs noch Futteralien für die Heimreise kaufen wollte.
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