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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit
Autoren: David Osborn
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Leiche im Sumpf versenkt, sein Blut weggewaschen werden. Das war nicht einfach. Dasselbe wie bei Art, Nancy und Greg. Er musste gefrorene Erde und Gras abkratzen, Klumpen herausreißen, alles in den See werfen, den Boden wieder glätten. Er musste Gewichte finden, deren Fehlen keine verräterischen Spuren hinterließ. Das Dampftriebwerk in der Mühle war schon völlig ausgeplündert, deshalb wählte er schließlich einige längliche, flache Steine am Ende der Mauer aus, wo Nancy umgekommen und die Mauer teilweise zusammengebrochen war. Er benutzte das Seil, an dem er zuerst Greg, später sich selbst aufgehängt hatte, um die Steine festzuschnüren.
    Dann war da noch die Hütte. Er räumte auf, reinigte alles sehr gründlich und polierte schließlich jeden Flecken, den er auch nur zufällig berührt haben konnte, die zwei Male, wo er die Handschuhe ausgezogen hatte. Eine Weile dachte er auch an andere Fingerabdrücke, die von Nancy und Martin, vielleicht auch welche von anderen Paaren aus den vergangenen Jahren. Vor langer Zeit schon hatte er entschieden, dass er damit nicht fertig werden konnte, sie wären einfach überall. Es machte nichts aus. Sollte die Zeit jemals kommen, da man sie untersuchen würde, würden sie eventuell auf vermisste Personen hinweisen, niemals jedoch auf Mord.
    Als er damit fertig war, räumte er alles wieder an seinen Platz, das Bett, den Toilettentisch, den Esstisch. Er setzte ein neues, gebrauchtes Türschloss ein, die Marke hatte er im Jahr zuvor schon identifiziert.
    Er durchkämmte den Wald langsam und methodisch nach allem, was er vielleicht verloren haben könnte. Er entfernte jeden Hinweis darauf, dass Ken sich im Sumpf aufgehalten hatte, und er nahm Kens Rucksack und verstreute fast seinen gesamten Inhalt in der Hütte, genauso wie Gregs und Arts Sachen.
    Er brauchte Stunden, um seine Kamin-Plattform abzumontieren, herabgefallene Ziegelstücke und Ziegelstaub vom Grunde des Kamins zu entfernen, die alten Balken und Planken wieder dorthin zu bringen, wo er sie gefunden hatte, die Haken zu entfernen und die Löcher, die er gebohrt hatte, mit Spinnweben und Moos zu verstopfen. Es kostete ziemlich viel Zeit, alle Fußspuren innerhalb und außerhalb der Mühle zu verwischen, obwohl er Sackleinen um seine Stiefel gewickelt hatte.
    Zeit und Geduld. Und ein gutes Gedächtnis. Er hatte sich sorgfältig alle Schüsse notiert, die abgefeuert worden waren, wann und in welche Richtung, und er musste mehr als sechzehn Kugeln aus Bäumen, dem Boden der Mühle, der Erde und der verwitterten Beplankung der Mühle herausholen. Außerdem musste er noch fünf Kugeln aus den Türpfosten und den Innenwänden der Hütte pulen. Die hatte Ken abgefeuert, als ihn der Rekorder in Panik versetzt hatte.
    Schließlich waren da auch noch die Boote, nutzlose Streifen aus schwarzem Gummi, wie zusammengerollte, schlaffe Schlangen. Er wickelte sie vorsichtig um ihre Motoren, und sie folgten Kens Leiche in den Sumpf. Gregs verwesende Überreste, denen sie als Gewichte dienten, gingen mit ihnen zusammen unter.
    Es war harte Arbeit, denn er war müde bis in die Knochen, und es war noch so viel zu tun. Es fiel ihm auch doppelt schwer, weil das, wofür er seit Jahren gelebt hatte, nun endlich erfolgreich abgeschlossen war. Er fühlte sich emotional ausgepumpt von der Aufregung, und es würde noch hart werden, in Zukunft ohne diese Anspannung zu leben.
    Als er endlich mit allem fertig war und es nichts mehr zu tun gab, als zu gehen, setzte er sich eine Weile auf die Treppe vor der Jagdhütte. Er starrte auf die kalte, schiefergraue Oberfläche des Sees und auf die Mauer dunklen Waldes gegenüber. Und er dachte an Ken, Greg und Art und das, was sie getan hatten, und wie er sich schließlich gerächt hatte, auch wenn er dazu elf Jahre gebraucht hatte. In Gedanken ging er noch mal seine ganze komplizierte Tarnung durch; die falschen Spuren und Hinweise, die er für die Polizei hinterlassen hatte, sollten die überhaupt jemals auf etwas stoßen, die nicht nachweisbaren Diebstähle, Betrügereien und Fälschungen, durch die er komplett gedeckt war. Er hatte die offizielle Beglaubigung seiner Heirat mit Alicia in einem anderen Bundesstaat in die Hand bekommen und vernichtet. Er hatte das Gleiche mit seiner und Peteys Geburtsurkunde getan und mit allen anderen Dokumenten, die sich auf seinen offiziellen Namenswechsel bezogen, der nach Alicias Tod in wieder einem anderen Bundesstaat durchgeführt worden war. Er hatte neue
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