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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit
Autoren: David Osborn
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schließlich eingeholt. Jetzt wirst du dafür sterben. Wie Greg und Art. Ich werde dich töten.“
    Er nahm das Gerät vom Tisch, drückte die Stop-Taste, und erkannte, dass dies eine Falle hätte sein können. Schon wieder hatte er sich einen schweren Fehler geleistet.
    Stille.
    Den Rest des Tages verbrachte er in der Hütte, wartete und linste von Zeit zu Zeit durch die Gucklöcher, die er absichtlich in die Fensterläden geschossen hatte.
    Am späten Nachmittag, als es zu dunkeln begann, verbarrikadierte er die Eingangstür mit einem Bett, einem Toilettentisch und dem schweren Esstisch, indem er die Teile hinschleppte und übereinander stapelte. Als er damit fertig war, zog er sich aus jeder nur möglichen Schusslinie zurück und rollte sich auf einem Berg von Kissen zusammen, das Gewehr griffbereit.
    Es war eine lange Nacht, die längste, an die er sich erinnern konnte. Er döste nur unruhig und erlaubte sich nie, in einen zu festen Schlaf zu fallen. Einmal wachte er auf und dachte, es sei früher Morgen, dabei war es erst elf Uhr.
    Er hatte wieder einen Alptraum. Er, Greg und Art hatten sich im Motel gerade Sandy vorgenommen, und sie verwandelte sich in einen grinsenden Mann, der ihnen mit einem Gewehr winkte und den Rock hob, um ihnen ein klaffendes, dunkles, von Ratten zerfresssenes Loch zu zeigen, wo früher mal Genitalien gewesen waren. Und Art lachte und lachte und lachte und sagte: „Deswegen mag ich es lieber auf meine Art.“
    In den Momenten, in denen Ken bei vollem Bewusstsein war, lauschte er dem leichten Säuseln des Nachtwinds, dem Plätschern des Wassers am Seeufer, dem gelegentlichen Knarren von Holz, das sich in der Kälte zusammenzog. Er versuchte, einen endgültigen Plan zu fassen, und bemerkte, dass er immer weniger daran dachte, wie er seinen Verfolger jagen könnte. Mehr und mehr überlegte er, wie er aufs Festland gelangen könnte. Ob er dann nach Südamerika ging oder nach Hause und direkt zur Polizei, um zu bluffen und Anzeige zu erstatten, konnte er noch später entscheiden. Jetzt war nur wichtig, wie er die Barriere eisigen Wassers überwinden konnte, ohne erschossen zu werden. Würde sein Jäger seine Absicht erraten und ihn in seinem Boot erwarten, mit Taschenlampe und Schwerkaliber-Gewehr im Anschlag? Und er selbst im Wasser gefangen, wie eine Bisamratte oder Ente?
    Und dann plötzlich eine andere Frage. Wo hatte sein Killer sein Boot versteckt? Wenn er die Hütte verließ und sich auf eine gründliche Suche begab, könnte er es nicht finden? Diese Gedanken gaben ihm ein unerwartetes Gefühl von Sicherheit. Er fiel in tiefen Schlaf.
    Als er erwachte, drang das Tageslicht durch die Ritzen und Löcher in den verriegelten Fensterläden und unter der verbarrikadierten Tür durch. Er fühlte sich steif und krank. Und es war kalt. Aber er hatte sich entschlossen. Er konnte es nicht länger ertragen. Er würde das Boot suchen. Wenn er es bis zum Abend nicht gefunden hätte, würde er nachts versuchen, zum Festland zu schwimmen. Er hielt nichts mehr von dem Versuch, gegen den Killer zu kämpfen. Er wollte abhauen. Was seine Gedanken nun beherrschte, war die Möglichkeit, dass es nun jede Stunde zu schneien anfangen konnte. Schnee bedeutete, dass er sich nirgendwo mehr bewegen konnte, ohne Spuren zu hinterlassen. Bevor es dazu kam, musste er verschwinden.
    Er zog die Möbel von der Tür weg, riss die Tür auf und blieb in deren Schatten, um hinauszuschauen. Niemand zu sehen. Nicht am See, nicht im Gebüsch. Und am Steilufer? Wenn er sich an die rechte Kante der Türfüllung presste, konnte er es gerade noch sehen. So wie er und Art konnte auch jemand anders von dort oben Ausschau halten, von Felsen und Gras versteckt. Mit einem Zielfernrohr. Ein Fadenkreuz auf ihn gerichtet, sobald er eine Sekunde lang zu rennen aufhörte. Wer auch immer es war, er hatte Greg genau zwischen die Augen getroffen.
    Ken machte sich bereit, loszurennen.
    Und dann sah er seinen Rucksack.
    Er lag am Rand der Terrasse nahe der Tür. Während der Nacht war er von seinem versteckten Erdhügel im Sumpf entfernt und hierher gebracht worden.
    Das war schlimmer als die Tonbandstimme. Es war schlimmer als der aufgehängte Greg.
    Es bedeutete, dass jeder seiner Schritte beschattet oder vorausberechnet wurde.
    Ken stand da wie versteinert und starrte den Rucksack an. Ihm wurde schlecht. Warum war der Rucksack hierhergelegt worden? Um ihn verrückt zu machen. Um ihn in einen solchen Zustand von Hysterie zu treiben, dass er
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