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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit
Autoren: David Osborn
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Morgens vor zwei Wochen aus ihrer Jagdhütte im Norden Michigans hinausspaziert, ohne Rucksäcke oder Proviant, und einer sogar ohne sein Gewehr. Und sie waren nie mehr zurückgekehrt. Einfach so. Die Polizei und die Forstleute hatten sie und ihre Schlauchboote mit Hubschraubern, Hunden, Schneepflügen und mit Unterstützung der Bodeneinheiten der Nationalgarde sowie eines Fotoerkennungstrupps gesucht, in einem Gebiet, das zwei Provinzen umfasste. Resultat: Nichts. Sie hatten den Wagen der Männer gefunden, wo sie ihn gelassen hatten, in einem stillgelegten Touristencamp, in einer verschlossenen Garage. Ein Fleck auf dem Rücksitz hatte sich als Urin erwiesen, aber er war für das Labor zu alt, um zu sagen, ob von einem Mann oder einer Frau. Ein gestohlenes Kanu war im Fluss versenkt gefunden worden, mit zerschmettertem Bug. Es mochte mit dem Verschwinden in Verbindung stehen oder auch nicht. Wieder Fehlanzeige.
    Im Polizei-Hauptquartier wettete man darauf, die Typen nicht mehr zu finden. Die Kriminaltechniker hatten in ihrer Hütte etliche Fingerabdrücke sichergestellt. Einige waren männlich und nicht identifizierbar. Die meisten waren weiblich und gehörten zu mehreren, verschiedenen Frauen, wovon eine auf einer Vermisstenliste von vor drei Jahren auftauchte. Offenbar war in der einsamen Hütte der drei Männer mehr abgegangen als bloß die Jagd. Aber die Polizei würde, aus Rücksicht auf die Familien der Männer, nichts davon an die Presse geben. Es war sowieso eine Sackgasse. Fingerabdrücke allein bedeuteten noch gar nichts.
    Es gab noch etwas, wovon die Presse nichts erfuhr. Einer der Männer, Anderson, hatte geschäftlich mit einer Firma in Argentinien zu tun und war im letzten Jahr zweimal in Buenos Aires gewesen. Von der dortigen Polizei war zu erfahren gewesen, dass Anderson des Öfteren in Begleitung von Models und Filmsternchen gesehen worden war.
    Ein Wagen fuhr vor. Der Sergeant beobachtete ihn verstohlen. Keine Zeitungsfritzen. Gestern waren immer wieder welche aufgetaucht, aber auf besonderen Wunsch blieben sie jetzt fern — wegen der Kinder. Es gab aber einen Wagen der „Detroit News“, diskret in fünfundsiebzig Yards Entfernung geparkt, in Wartestellung, für alle Fälle.
    Pat Wallace stieg aus. Sie sah den Sergeant, zögerte, dann nickte sie ihm kühl zu. Er schob die Zeitung außer Sichtweite, täuschte Aufmerksamkeit vor, grüßte zurück. Wenn ich mit so ‘ner halblesbischen Emanzenschlampe verheiratet wäre, dachte er, würde ich auch abhauen.
    Pat ging rein.
    Helen Frazer hörte die Eingangstür und kam aus dem Wohnzimmer, aus dem ein Gemurmel von Stimmen zu hören war. Sie war dunkel gekleidet, trug kein Make-up und sah mitgenommen aus. Sie küsste Pat, schüttelte auf deren fragenden Blick hin den Kopf, ließ gerade die richtige Menge Tränen in ihre Augen steigen, um sie dann, das Ganze demonstrativ herunterspielend, wütend wegzuwischen.
    Pat sagte nichts. Beide gingen ins Wohnzimmer, wo Sue Anderson mit zwei Männern am Feuer saß. Der eine war ein junger Polizeileutnant in Uniform. Der andere, ein Captain, trug einen gut geschnittenen Anzug. Er war groß, bemerkenswert kräftig gebaut, hatte dunkelgraue Augen und ein Gesicht wie aus rauem Granit.
    Als er Pat sah, erhob er sich.
    „Hallo, Pat.“
    Pat antwortete mit dem trockenen, verkniffenen Lächeln, das sie für sehr männliche Männer reserviert hatte, und gab ihm kurz die Hand.
    „Kennst du Leutnant Randall, unseren Experten für Forensik? Leutnant, Mrs. Wallace.“
    Pat sagte dem Leutnant guten Tag.
    Dann sagte Captain Paul Wolkowski: „Pat, ich habe Helen und Sue die einzige Neuigkeit berichtet, die es gibt.“
    „Eine gute Neuigkeit“, sagte Helen.
    „Nun, wie man’s nimmt“, sagte Wolkowski. „Ich bin mit dem Fall beauftragt worden. Wir haben das persönliche Okay des Gouverneurs heute Morgen erhalten.“
    „Oh, da bin ich aber froh“, sagte Pat. Das war sie wirklich. Sie wusste, wenn irgendjemand dieser ganzen verzwickten Sache auf den Grund gehen konnte, dann dieser Mann. Sein Ruf als Polizeibeamter war fast schon legendär. Und er würde noch ganz hoch hinaufkommen. Vielleicht sogar in die hohe Politik. Die Leute glaubten, dass er eines Tages selbst Gouverneur sein würde.
    Sie schluckte den aufsteigenden Schwall von Hass gegen ihren Mann hinunter, ließ sich nichts anmerken. Es hätte keinen Sinn, ihre Gefühle zu zeigen. Wahrscheinlich wussten es alle, aber man durfte es nicht öffentlich zur Schau
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