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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit
Autoren: David Osborn
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Verleumdung angeklagt werden. Alicia wird sich vor der Polizei wegen Prostitution und sexueller Ausschweifung und vielleicht sogar wegen Verführung Minderjähriger zu verantworten haben. Ken Frazer ist noch keine einundzwanzig.“
    Später, als sie hinuntergingen, als sie den Ziegelbau des Gerichts verließen, warteten Alicia und ihre Mutter, während Mr. Rennick das Auto holen ging, das auf der anderen Seite des Rasens geparkt war.
    Plötzlich fragte Mrs. Rennick sachlich: „Wann ist deine nächste Periode?“
    Langsam wandte sich Alicia ihr zu. Und durch den Schock fand sie ihre Stimme wieder und hörte sich selbst, als wären ihre Stimme und sie verschiedene Identitäten, als würden sie durch die ganze Weite der weichen Grünfläche mit ihren Bänken und Blumen und dem Bürgerkriegsdenkmal und der schweren Kanone voneinander getrennt.
    „Was?“
    „Deine nächste Periode. Oder hast du sie schon verpasst?“ Ihre Mutter lächelte verkrampft. „Oder hast du daran gedacht, dein Diaphragma zu benutzen?“
    Sie hatte es also gefunden. Sie hatte ihr Zimmer durchsucht. Wie beweisen, dass man es nie verwendet hat? Nie. Gewollt ja, geplant, es irgendwann einmal zu tun. Aber dann doch nie den Mut dazu gehabt. Wie konnte man irgendjemanden überzeugen, wenn drei College-Helden bereit waren zu schwören, man hätte es für Geld getan. Wenn eine deiner eigenen Freundinnen dich verkauft hat, um sich bei ihnen lieb Kind zu machen. Wenn dein eigener Vater weggegangen ist, um den Wagen zu holen, mit steinernem Gesicht, ohne ein Wort? Wenn der Bezirksstaatsanwalt deinem Blick ausgewichen ist beim Verabschieden? Wenn deine Mutter dich ansieht, den Mund zu einem lippenstiftbedeckten, mörderischen Schlitz zusammengekniffen?
    „Morgen sagst du Buddy wie-heißt-er-noch-gleich, dass du ihn heiratest, sobald er will.“
    „Buddy?“
    „Der Junge nebenan. Der in der Autowerkstatt arbeitet.“
    „Buddy Garner?“ Ungläubiger Blick. „Aber er ist bloß Mechaniker.“ War ihre Mutter verrückt geworden? Sie war nicht einmal mit Buddy aus gewesen. „Mutter, ich kenne ihn kaum.“
    Mrs. Rennick lachte schrill. „Nun, er ist verrückt nach dir. Zu verrückt, um Fragen zu stellen.“
    „Nein. Nicht er!“
    Was war mit Buddy? Etwas Kaltes irgendwo tief in ihm, etwas, das anders war. Oder war es bloß das erbärmliche, hündische Schmachten in seinen Augen, wann immer sie vorbeikam, um zu tanken? Bei ihm schauderte sie immer.
    „Ich mag ihn nicht einmal.“
    „Das wird sich geben.“
    „Aber ich will nicht heiraten. Ich möchte hier bleiben und die Schule abschließen.“
    Bloß nicht weinen, um Himmels willen, gib ihr nicht diese Genugtuung.
    „Die Schule abschließen? Tatsächlich? Nach allem, was du deinem Vater und mir angetan hast?“ Einen Augenblick Schweigen. Dann: „Was ist mit dem Schulgeld? Unterhalt? Ach ja, natürlich, hatte ich ganz vergessen. Du kannst ja Geld verdienen , nicht wahr!?“
    Diesmal war ihr Lächeln wie Samt. Anständige Frauen, die Geld von den Männern bekamen, die sie geheiratet hatten, konnten es sich leisten, mit Huren freundlich zu sein.
    Und da war ihr Vater, plötzlich, und hielt die Wagentür auf. Nur ein paar Meter entfernt.
    Es war Zeit zu gehen.

1
    Montag, sechs Uhr morgens.
    Mit seinen achtunddreißig Jahren war Ken Frazer ein Mann, der zu Recht von sich behaupten konnte, es zu etwas gebracht zu haben. Er war stellvertretender Direktor einer wichtigen Werbeagentur in Detroit und mit dem Etat einer großen Firma für Haushaltsgeräte betraut; er war Vorsitzender der Southern Michigan Democrats for Nixon und im Vorstand der Ann Arbor Historic Society; er war Direktor mehrerer lokaler Firmen, einschließlich eines wichtigen, der Universität angeschlossenen Forschungslabors; und er hatte überall Freunde. Sein Siebzigtausend-Dollar-Haus am Stadtrand von Ann Arbor war großzügig umgeben von fast einem halben Hektar Wiesen und Bäumen. Der beheizbare Swimmingpool und der Gartengrill fielen nicht so auf, dass man sie als amerikanischen Mittelklasse-Kitsch hätte kritisieren können. Wie Ken selbst.
    Dann gab es da einen schnittigen europäischen Sportwagen, einen leuchtend gelben 911 S Porsche, sorgfältig heruntergespielt durch seinen Wagen für alle Tage, einen gewöhnlichen Ford-Kombi. Es gab eine Bibliothek mit Klassikern und Bü chern aus dem Buch-Club, die Helen und er gelegentlich lasen. Sie machten immer wieder Ferien an interessanten Orten. Letztes Jahr hatten sie zehn Tage in
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