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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel
Autoren: Georg R. Kristan
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ließen. Verschiedene in Bruchteilen von Millimetern eingeteilte Skalen ließen sich gerade noch mit bloßem Auge erkennen. Es handelte sich um eine besonders konstruierte Meßsonde. Herr Schmitz legte seine Werkzeuge griffbereit.
    »Jetzt brauche ich etwas Zeit und das richtige Gefühl, bis der neue Schlüssel vermessen ist. Sie können von mir aus in einer halben Stunde wiederkommen.«
    »Leider nein«, sagte Sörensen. »Wir müssen schon bleiben. Sie haben gehört, es muß stimmen, was im Protokoll festgehalten wird.«
    »Von mir aus – bequeme Polstersessel kann das Ministerium seinen Beamten ja bieten. Ich würde auch lieber zusehen, wenn andere arbeiten.«
    Zunächst klebte Meister Schmitz den Zettel mit dem noch haftenden Tesafilmstreifen an die Tür des Stahlschranks. Erst mußte die Verwerfung des Schlosses beseitigt werden. Er las laut die Zahlen von dem Zettel ab und drehte den billardgroßen Knopf in der Mitte der solide und sicher erscheinenden Tür. An dem Knopf befand sich eine Kerbe, die sich über ein etwa zwei Zentimeter breites um den Knopf herumliegendes Segment führen ließ, in das eine Skala mit Dutzenden von Zahlen eingefräst war.
    »Also versuchen wir… neun links, Nullstellung, zwei rechts, sechs rechts – gleich haben wir es –, Nullstellung, eins links. Jetzt muß das Schloß stimmen.«
    »Oha!« sagte Sörensen. »So leicht läßt sich die Kombination nicht behalten. Da fühlt man sich besser, wenn irgendwo so ein Spickzettel klebt.«
    »Die Sekretärinnen haben zuviel Sex im Kopf, sonst würden sie die paar Zahlen wohl behalten können. Was die Fournier da gemacht hat, ist völlig ungesetzlich«, ereiferte sich Dr. Rimberger. »Und nun der Schlüssel, wie schaffen Sie den?«
    »Das geringste Problem«, erklärte geduldig Herr Schmitz. »Den messe ich aus und stelle einen neuen her!«
    »Wie, mit den paar Werkzeugen aus Ihrem Musterkoffer?«
    »So einfach ist unser Beruf nun auch nicht. Unten im Hof steht mein Werkstattwagen mit Drehbank, Fräse und allem was dazugehört.«
    Den überraschten Gesichtsausdruck des Sicherheitsreferenten nahm Herr Schmitz nicht mehr wahr. Er mußte sich darauf konzentrieren, das Schloß auf den hundertstel Millimeter genau zu vermessen. Dabei kam er zügig voran. Bereits nach zwanzig Minuten waren alle Werte aufgelistet und in bestimmte Formeln eingefangen.
    »Wie, danach wollen Sie jetzt einen Schlüssel basteln, der paßt nie und nimmer! Sie sollten den Schrank lieber gleich ins Werk schaffen. Dann wäre viel Zeit gespart«, wußte Dr. Rimberger zu bemerken.
    »Dat mache alles minge Heinzelmännche us Kölle. – Ich bestimme nur den Rohling, dann gebe ich die Formeln in das Rechengerät und unser Minikomputer steuert die Maschinen noch präziser als man denken kann.«
    Noch lieber hätte Herr Schmitz gesagt: »… als Sie denken können.« Doch bei so hohen Ministerialbeamten wußte er nicht, wie weit man mit einem Scherz gehen durfte.
    Dr. Rimberger hatte Mühe, sich geschlagen zu geben. Dem Kriminalrat und Bürodirektor Runge gefiel die Schau.
    »Was soll nun in das Protokoll aufgenommen werden?« fragte Frau Wenge aus dem Hintergrund.
    »Dieser Dialog gewiß nicht«, meinte Sörensen. »Wir werden nachher nur die Ergebnisse festhalten.«
    »So, jetzt werfe ich den Komputer an. Noch zehn Minuten Geduld und das kleine Schränkchen ist wieder offen. Aber ein richtiger Panzerschrank ist was anderes. Die Größe allein sagt gar nichts, das Gewicht auch nicht. Für Schränker vom Fach ist das nur ein Stahlkistchen. Da gibt es heute bessere Sachen. Sie sollten sich mal ein Angebot von der Firma Stahlkraft kommen lassen. Dat is nämlich ene leistungsfähje Betrieb!«
    »Wir werden ja sehen, ob Ihr Schlüssel paßt.« Dr. Rimberger zeigte sich immer noch skeptisch.
    Meister Schmitz war zu seinem Werkzeugwagen gegangen. Im Dienstzimmer des Abteilungsleiters zwo sahen die im Protokoll vermerkten Beamten noch einmal prüfend und wägend das dunkelgrüne Monstrum an. Der Sicherheitsreferent fühlte sich unbehaglich, da es längst seine Aufgabe gewesen wäre, auf den Abtransport des Panzerschrankes zu dringen, nachdem die zentrale Verschlußsachenregistratur mit großem technischen Aufwand eingerichtet worden war. Bei allen anderen Abteilungen waren die Schränke entfernt. Sie standen im Keller und sollten verwertet werden. Die Ausschreibungen für den freien Verkauf waren bereits gedruckt und warteten nur noch darauf, am schwarzen Brett ausgehängt zu werden.
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