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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Oliver Bottini
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weiter. Auf dem Weg zu ihrem neuen Büro, das sie sich mit Thomas Ilic teilte, begegnete sie niemandem mehr. Sie erinnerte sich. Am Vormittag wurde ein Trainingslager besichtigt. Danach Begegnung mit französischen und holländischen Kollegen.
    »Ich brauche noch eine Frau«, hatte Rolf Bermann bei einer der letzten Besprechungen gesagt.
    »Hier, hier, hier!«, hatten Peter, Richie, Tommy und wie sie alle hießen, gerufen.
    »Eine Frau , ihr Idioten.«
    »Wie meinst du das?«, hatte Louise gefragt.
    »Als Begleitung für die Spielerfrauen.«
    »Hier, hier, hier!«
    »Louise?«
    Sie hatte ihn angestarrt, langhaarige blonde Heidi-Klum-Klone vor Augen, deren Lebenssinn darin bestand, sich im Schatten ihres Fußballstars zu sonnen und ihm viele kleine zukünftige Fußballstars zu gebären. »Ist das dein Ernst?«
    Rolf Bermann hatte gegrinst.
    »Leck mich, Rolf.«
    »Nicht in diesem Leben.«
    Sie betrat ihr Büro, setzte sich an ihren Schreibtisch. Auch Thomas Ilic war noch nicht da. Sie sank in den Sessel, gähnte in die angenehme Stille hinein. Dachte erneut an Rolf Bermann, der vor Monaten wieder einmal bewiesen hatte, dass tief in seiner Machoseele ein einsames, aber stabiles Charakterkörnchen saß. Sie hatte ihm von ihrer Reise nach Slawonien und Bosnien Anfang Dezember erzählt. Von der Suche nach Antun Lonc?ar alias Heinrich Schwarzer, dem sie im bosnischen Štrpci alias Schutzberg dann endlich begegnet war.
    Bermann hatte getobt und gebrüllt.
    Dann hatte er aufgehört, zu toben und zu brüllen und sich gesetzt. Schweigend hatten sie Kaffee getrunken.
    Schließlich hatte Bermann gesagt: »Lass uns nie wieder darüber reden, verstanden? Das ist nicht passiert.«
    Also war es nicht passiert.

    Claus Rohmueller kam nicht am Mittag, sondern am Morgen. Um acht saß er unter dem Poster mit den lachenden asiatischen Kindern in den roten Mönchskutten vor ihr, trank Espresso und klammerte sich mit unruhigen Augen an sie. Zu seinen Füßen lag ein offensichtlich alter Collie. Auch der Collie war unruhig. Immer wieder hob er den Kopf und blickte zur Tür. »Er spürt es«, sagte Claus Rohmueller.
    Louise nickte. Menschen und ihre Hunde. Noch ein Rätsel, das sie nie lösen würde. Aber sie hatte nichts gegen Hunde, solange sie nicht auf die Idee kamen, mit ihrer dreckverschmierten Schnauze an ihr zu schnüffeln.
    Der Hund winselte fragend.
    »Ruhig, Cesare.«
    »Cesare?«
    »Nach Cesare Pavese.«
    Sie hob fragend die Brauen.
    »Ein italienischer Schriftsteller, den ich sehr verehre.«
    »Verstehe.«
    Eine Familie, die Schriftsteller verehrte.
    Claus Rohmueller legte eine Aktenmappe auf den Schoß und öffnete sie. »Prada« stand auf einem dreieckigen Silberemblem.
    Auch der anthrazitfarbene Anzug, die dunkelblaue Krawatte und die eleganten schwarzen Schuhe stammten ganz offensichtlich von Edeldesignern. Rohmueller war ein blasser, attraktiver, schlanker und sehr reicher Mann mit Geschmack. Louise hatte nichts gegen Reiche, solange sie nicht auf die Idee kamen, sie herablassend zu behandeln.
    Er nahm verschiedene Unterlagen aus der Aktenmappe und legte sie auf den Schreibtisch. Fotos von Nadine, Namens- und Adresslisten, Schulzeugnisse, verschiedene Lebensläufe. Zweiundzwanzig Jahre, auf Buchstaben und Zahlen reduziert.
    Mit zitternder Hand hielt er eine Liste hoch. »Ihre Bekannten, soweit wir von ihnen wissen.« Eine weitere Liste: »Kommilitonen, Professoren, Dozenten.« Die nächste Liste: »Männer, in chronologischer Reihenfolge.«
    Louise nickte. Kein Wunder, dass die Tochter da mal raus musste, dachte sie. Aus all dem Reichtum und der Eleganz und der Akribie.
    Sie nahm die letzte Liste, »Männer, in chronologischer Reihenfolge«. Namen, Adressen, Geburtsdaten, Fotos, Zeiträume. Drei Einträge, alle für etwa zwei Jahre relevant. Ein braves, solides Mädchen.
    Harald/Bonn, Richard/Bonn, Serge/Freiburg.
    Sie fragte sich, wie die Verehrung für Jack/USA da passte. Alkohol, Drogen, Trampen, Buddhismus, Jazz, psychische Probleme, dreimal verheiratet, eventuell homosexuell , hatte Thomas Ilic notiert.
    »Aktuell ist sie, soweit wir wissen, mit niemandem liiert.«
    Sie nickte.
    »Sprechen Sie mit mir«, flüsterte Claus Rohmueller.
    Überrascht sah sie auf.
    »Wir schlafen seit Tagen nicht mehr. Wir …« Er rieb sich die Stirn. »Meine Frau ist krank vor Sorge.«
    »Ich weiß. Entschuldigen Sie, ich bin nur …« Sie brach ab. »Ausgelaugt« war kein freundliches Wort in diesem Moment.
    »Ich weiß, Sie haben alles
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