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Jäger des Einhorns

Jäger des Einhorns

Titel: Jäger des Einhorns
Autoren: Hans Kneifel
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zog ihn mit sich, in die Richtung des weit entfernten Floßes.
    Nicht ein einziger Wächter kümmerte sich um die geflohenen Gefangenen.
    Casson flüsterte einem Flößer zu:
    »Bringt sie alle aufs Floß zu Yzinda. Kümmert euch um sie, denn sie hatten es schwer. Und denkt daran – erregt keine Aufmerksamkeit.«
    Einmal sah er flüchtig das ruhige Gesicht Giryans, der tatsächlich entspannt lächelte. Dann mischte er sich zusammen mit seinen Kriegern unter die Wartenden und versuchte, die nächsten Schritte wohl zu bedenken und richtig durchzuführen.
*
    Die Menge der Menschen war begeistert.
    Jedes Wort, das Hesert an sie gerichtet hatte, war tief in ihre Herzen eingedrungen. Die Sicherheit, daß der Lichtbote und der Sohn des Kometen durch ihre Handlungen alle Wünsche, Legenden und Erwartungen bestätigten, erfüllte die Menschen von Yucazan. Dann aber, als ein Magier neben den Luminaten auf das Podium kletterte und auf den Opferblock deutete, stellte sich wieder erwartungsvolle Stille ein.
    »Nun habt ihr alle guten Nachrichten aus Lyrland gehört«, schrie Casay mit überkippender Stimme. »Das HÖCHSTE aber, das von den Dämonendienern beleidigt würde, wird heute ein Opfer erhalten. Die Fremden werden, getreu unseren Gesetzen, heute sterben!«
    Die Menge begann zu raunen, dann zu murmeln, schließlich mischten sich einzelne Rufe in ein allgemeines Stöhnen der Erwartung. Seit Stunden verbrannten in den riesigen Schalen Kräuter und Öle, von denen es den Menschen schwindelte. Sie warteten auf das Opfer, sie würden dieses Schauspiel aus Magie und Tod ebenso genießen wie manches andere zuvor. Ein Magier, dem mehrere Krieger den Weg freimachten, rannte die lange Treppe hinunter und lief auf das Podest zu.
    »Die Gefangenen werden durch die geheimnisvollen Gänge unter uns, tief unter dem Tempel, hierher gebracht. Der Boden wird sich öffnen, und sie werden dort auf dem Opferstein sterben, wie die Magier es seit Menschengedenken vorschreiben!«
    Wieder stöhnten und wimmerten Tausende Menschen auf. Eine Art erwartungsvolles Fieber hatte sie gepackt.
    Der Magier erklomm das Podest, zog Casay am Ärmel und flüsterte etwas in dessen Ohr. Casays Gesicht verfiel innerhalb weniger Augenblicke. Er ließ die triumphierend erhobenen Arme sinken und rief, stockend und mit verstörter Stimme:
    »Mitunter wissen wir die Gesetze des HÖCHSTEN nicht richtig zu deuten. Das Opfer… es muß verschoben werden. Wartet, ihr Gläubigen… auch wir warten auf den Ratschluß, der uns die Befehle diktiert.«
    Der Menge bemächtigte sich Ratlosigkeit. Casay hatte soeben erfahren, daß die Gefangenen verschwunden und der Dunkeljäger von seinem eigenen Giftring getötet aufgefunden worden waren.
    Casay wandte sich voller Ratlosigkeit an Hesert.
    »Hast du eine Erklärung für diese verwirrenden, ungewöhnlichen Geschehnisse?«
    Hesert zog ratlos die Schultern hoch und erwiderte:
    »Kaizan hat wohl die Dunkelmächte herausgefordert. Ich weiß, daß sie erbarmungslos strafen. Und sicher haben sie auch die Dämonendiener zu sich geholt, um sie in Stücke zu zerreißen oder durch zahllose andere Qualen zu töten.«
    »Eine Erklärung, die niemanden zufriedenstellen wird«, meinte der Magier und stieg mit Hesert zusammen die Stufen des Podiums hinunter.
    »Ich habe keine bessere!«
    Es gab, so erfuhren sie in den nächsten Stunden, keine Zeugen. Die Gefangenen waren ohne eine einzige Spur verschwunden. Der Körper Kaizans, der sich verfärbte und zu zersetzen begann, wurde aus der Kammer unter der Pyramide hervorgeholt und von Bewaffneten zu den Begräbniskammern gebracht.
    Hesert blieb mit Gesten der Verwirrtheit zwischen der Gruppe der aufgescheuchten Magier stehen, die sich abseits des Tempels getroffen hatte.
    »Nun habe ich eurem Volk die Wunder verkündet, die in Lyrland geschahen«, bemerkte er ruhig. »Ich werde also mit meinen wenigen Getreuen wieder dorthin zurücksegeln, woher ich komme – man bedarf meiner geringen und unwürdigen Dienste.«
    »Nicht«, bemerkte Casay ernst, »bevor du alles auch persönlich dem Hexenmeister Aiquos berichtet hast. Wie du weißt, ist er auf dem Weg hierher. Soviel Zeit wirst du erübrigen können, Freund des leuchtenden Staubes.«
    Demütig senkte Hesert den Kopf. Von hier aus sah er, wie das Floß langsam den breiten Kanal abwärts schwamm. Ergyse und seine Tapferen waren in Sicherheit!
    Er sah auch, daß sich die Masten der Ayadon bewegten.
*
    Auf dem Damm des Hafens der Magier standen Rauco
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