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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
Autoren: Albert Karer
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7. Juni 2037
    Von einem Moment auf den anderen war es mit der Ruhe vorbei. Ein Warnton schrillte, dem in schnellem Abstand weitere folgten. Diese Töne konnten Menschen von jetzt auf sofort aus dem Tiefschlaf holen. Immer mehr rote Lampen blinkten hektisch. Im Cockpit der sechs Jahre alten A 540 des Fluges BA 6521 auf dem Weg von Paris nach London war die Hölle los.
    Die A 540 flog wie alle Passagiermaschinen vollautomatisch, möglich war dies durch ein komplexes weltumspannendes computer- und satellitengesteuertes Steuerungs- und Navigationssystem. Transportflugzeuge flogen ohne Pilot, bei Passagiermaschinen war jedoch aus Sicherheitsgründen immer noch ein Pilot mit an Bord.
    Der achtundfünfzigjährige Chefpilot der A 540, Harry Wallis, hatte vor Sekunden noch mit einer Stewardess der First Class geflirtet, nun stürzte er in das enge zweiplätzige Cockpit. Sein myCom hatte ihn alarmiert, ohne dass es die Fluggäste und die restlichen Besatzungsmitglieder mitbekamen.
    Er war für solche Fälle ausgebildet und behielt die Nerven. Situationen wie diese hatte Wallis Hunderte Male im Simulator geübt, und notfalls konnte er die Maschine auch manuell fliegen. Im Gegensatz zu seinen jüngeren Kollegen hatte er am Anfang seiner Karriere einige Tausend Flugstunden in großen Verkehrsflugzeugen absolviert, damals, als noch nicht alles vollautomatisch lief.
    Der Autopilot hielt die Maschine ruhig in der Luft und auf Kurs. Routiniert schaltete Wallis die Warntöne ab. Der Chronometer zeigte den 7. Juni 2037, 15:46 an. Um 16:25 sollten sie planmäßig in Heathrow landen.
    Auf einer Flughöhe von 15.000 Fuß verließen sie gerade das französische Festland. In vier Minuten würden sie den Kanal überfliegen und die englische Küste erreichen. Sollte er den Flug abbrechen und nach Paris zurückkehren? Er entschied sich, nach England weiterzufliegen.
    Über das Bordtelefon rief er Ray Adams, den Chef de cabine. Er hatte eine spezielle Ausbildung, um den Pilot in Notfällen zu unterstützen.
    „Harry, du hast … mein Gott, was ist da los“, rief Ray Adams, als er ins Cockpit trat. Er setzte sich rechts von Harry Wallis und aktivierte den Bildschirm, um die Checklisten für den Notfall abzurufen. Zugleich setzte er sich die Kopfhörer auf, um den Funkverkehr mitzuhören und bei Bedarf zu übernehmen.
    „Fernsteuerung ist ausgefallen, Ray. Keine Funk- und keine Satellitenverbindung. Sind auf Autopilot. Hast du die Notfallcheckliste?“, fragte Wallis.
    „Bildschirm zeigt Fehlermeldung: Memory overflow “, Panik schlich sich in Adams’ Stimme.
    „Meiner hat sich eben auch abgemeldet. Gleiche Fehlermeldung.“ Ein neuer Warnton setzte an und eine weitere Kontrolllampe begann rot zu blinken.
    Wallis fasste den Steuerhebel und schaltete den Warnton ab. „Autopilot ausgefallen. Sieht nach einem vollständigen Ausfall aller Computersysteme aus. So was gibt’s sonst nur im Simulator.“ Er war nach wie vor die Ruhe selbst. „Bin auf manueller Steuerung.“
    Der Übergang vom Autopiloten zur manuellen Steuerung erfolgte ohne jegliche wahrnehmbare Veränderung. Die Maschine flog ruhig weiter und befand sich nun über dem Kanal.
    „Ray, ich lande manuell. Die Lady ist so konstruiert, dass sie auch bei einem Ausfall aller Computersysteme an Bord noch manuell zu fliegen ist. Das habe ich früher oft genug gemacht. Die wichtigsten Instrumente sind auch analog verfügbar und arbeiten einwandfrei“, sagte Wallis. Er warf einen kurzen Blick zu Adams hinüber und lächelte ihn an, er würde nichts sagen, was den Jüngeren verunsichern könnte. Jetzt war der Fall eingetreten, den er immer befürchtet und seit Einführung der vollautomatischen Fernsteuerung kritisiert hatte: Er war der einzige Pilot im Flugzeug, wenn ihm jetzt etwas passieren würde …
    „Heathrow hat sicher schon registriert, dass wir ein Problem haben. Sie werden uns den Luftraum und die Landebahn freihalten. Wir haben Glück, dass das Wetter und die Sicht so gut sind. Ich sinke jetzt langsam auf 8.000 Fuß ab und halte mich dabei weitestgehend an die ursprüngliche Flugbahn. Wir überfliegen Ashford, machen dann eine sanfte Linkskurve und gehen auf Westkurs. Fliegen südlich an London vorbei und werden wie geplant von Osten her auf der nördlichen Landebahn landen“, erklärte er.
    Adams ließ sich von Wallis’ Ruhe anstecken, er hatte sich etwas entspannt. „Kann ich dir irgendwie helfen, Harry?“
    „Wenn ich auf Westkurs bin, werde ich ab und zu
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