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Jäger des Einhorns

Jäger des Einhorns

Titel: Jäger des Einhorns
Autoren: Hans Kneifel
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Weit voraus zeichneten sich gegen den dunklen Hintergrund des Himmels fünf Segel ab. Fremde Schiffe! Und weder Segel des einen noch des anderen Späherschiffs war zu sehen.
    Ergyse rief:
    »Wir segeln weiter nach Westen. Auch dort gibt es Inseln. Wir versuchen, diesen fremden Schiffen auszuweichen.«
    Kurze Zeit später sahen die Männer aus Logghard, daß die fremden Schiffe den besseren Wind hatten.
*
    Ergyse schreckte hoch. Er hatte tatsächlich geschlafen, obwohl seine entzündeten Wunden ihn vor Schmerz hatten stöhnen lassen .
    Er hatte den Fremden alles gesagt, was er wußte – es war nicht viel gewesen. Zuerst hatte es Schwierigkeiten gegeben, die Sprache der anderen zu verstehen. Alles war fremdartig, ganz anders, als man es sich vorstellen konnte. Aber jene Krieger sahen aus wie die Gefolgschaft des Magiers, der sich der Neuen Flamme bemächtigt hatte. Sie, die Mannschaft des Schiffes, waren die wehrlosen Fremden in einem Land, das nicht nur sie umbringen würde, sondern auch das gesamte Shalladad bedrohte .
    Wasser tropfte von den Quaderwänden. Im Stroh raschelten die Ratten. Der Hunger wühlte in Ergyses Eingeweiden. Der Junge in seinem Schoß war tatsächlich eingeschlafen und atmete pfeifend durch den aufgerissenen Mund. Durch das winzige Gitter des Fensters sah der Loggharder einen Stern blinken. Er verfluchte sein Schicksal – warum war er nicht im Kampf getötet worden?
*
    Die Gefahren waren unübersehbar groß.
    Nach dem Tod des Scheusals wurde Shallad Luxon von dem Magier in eine Zwangslage getrieben. Das Symbol der Reichseinigung verschwand in einem Chaos fremder Magie. Luxon schickte Casson, seinen Freund, nach Westen, um das Land der Zaketer zu finden und dort für das Schicksal des Reiches zu kämpfen. Eine mächtige Flotte hatte sich in Bewegung gesetzt. Jetzt, irgendwo vor den Ufern des Zaketerlandes, griffen die fremden Schiffe mit dem grimmigen Antlitz des Lichtboten auf den Segeln den einzelnen Späher an.
    Ergyse und die Kapitäne der fünf Schiffe, die in einer langen Linie zwischen den Inseln hervorkamen, waren erfahrene Männer.
    Jeder erkannte, daß der andere ein Feind war.
    Die Schiffe der Zaketer kamen aus mehreren Richtungen auf den Loggharder zu, wobei sie geschickt den Wind ausnutzten. Die erschöpften Krieger auf der Stolz von Logghard rüsteten sich zum Kampf, während Ergyse versuchte, das Schiff in den Wind zu bringen und zu fliehen, hinaus aufs offene Meer.
    Es half nichts.
    Die Zaketer waren schneller, und sie waren in der Überzahl. Es war ein harter, kurzer Kampf. In Fesseln wurden die Männer an Bord liegengelassen, ein Haufen braunhäutiger Seeleute übernahm das Schiff und segelte es zurück nach Nordost.
    Dort, im großen Hafen einer unbekannten Stadt, fiel der Anker. Die Gefangenen wurden von Bord getrieben und in ein Verlies geworfen. Dort warteten sie einige Tage lang.
*
    Stundenlang dauerte der Wechsel zwischen Schlaf, Erschöpfung, Schmerzen und Wachsein .
    Ein Mann starb. Ein anderer schrie in einem Alptraum. Ein dritter packte eine Ratte am Schwanz und zerschmetterte ihren Kopf an der Mauer. Der Schiffsjunge schlief, endlich. tief und ruhig, und seine Stirn unter der Hand Ergyses fühlte sich nicht mehr so trocken und heiß an. Längst war der Stern verschwunden, die Stäbe zeichneten sich verschwommen vor einer helleren Fläche ab .
    Kapitän Ergyse und seine Männer hatten die Hoffnung verloren. In der kargen Helligkeit der schauerlichen Tage gaben sie unter der Folter alles preis, was sie wußten. Sie erkannten, daß Neumond herrschte; im Shalladad begann jetzt wohl der Winter. Welche Zeitrechnung hier herrschte, unter diesen seltsamen Menschen, ahnten sie nicht einmal .

2.
    Der schlanke, bronzehäutige Krieger senkte den Kopf, legte seine Waffen auf den niedrigen Tisch und sagte:
    »Viele Botschaften habe ich zu überbringen, Kukuar.«
    »Wir sehen«, sagte der Magier freundlich, »daß du gesund zurückgekommen bist. Sprich! Was haben die Zaketer, dieser Auswurf des Meeres, wieder getan?«
    Hoono war seit fast einem Mond unablässig auf den Inseln und zwischen ihnen unterwegs gewesen.
    Einmal ritt er auf dem Orhako einer der fremden Kämpfer mit, oder er rannte über die zugewachsenen Urwaldpfade, wurde von den Fischern in schnellen Kanus gerudert oder ruderte selbst.
    »Bei Gonee, der nördlichen Insel, versammelt sich eine starke Flotte der Sklavenfänger.«
    »Wie viele Schiffe?« fragte Luxon. Er saß neben Kukuar und hatte im vergangenen Mond
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