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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle
Autoren: Ken Bruen
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meisten Suizidalen werden ihre Absichten bekannt geben, verbal oder nonverbal.«
    Ich griff nach einer Zigarette, merkte, dass ich nicht mehr rauchte. Las weiter.
    In Amerika gibt es BÜW -Interventionen: Befragen, Überreden, Weitervermitteln. Ich hatte in der Zeitung davon gelesen.
    Das funktionierte so, dass man zuhörte und dann den PS , den Potenziell Suizidalen, dazu überredete, professionelle Hilfe anzunehmen, schnell. Die heiße Phase einer Suizidkrise dauerte drei Wochen. Potenziell Suizidale machen Vorhersagen, wie »Vor Weihnachten bin ich tot« oder »Ich werde den Sommer nicht erleben«.
    Dann watete ich durch einen Wust medizinischer Fachausdrücke, bis ich an diese Stelle kam: »Die ›Wächter‹ oder ›Pförtner‹ oder ›Schrankenwärter‹ sind die Ersten, denen klar wird, dass der Potenziell Suizidale es ernst meint. Sie sind der erste ›Finder‹. Es ist ihre Pflicht, ihre Verantwortung, den Potenziell Suizidalen der Hilfe zuzuführen.«
    Ich hörte auf zu lesen. Endlich hatte ich eine Bezeichnung für mich. Ein » PS «, eine Art verspäteter Briefschluss.
    Schrankenwärter! Das Dumme war, dass ich niemanden für die Rolle hatte.
    Sweeney’s ist eine harte Kneipe. Jedem, der zufällig dort hineinstolpert, wird schnell die Tür gezeigt.
    Freundliche Begrüßungen nicht inbegriffen. Bill Cassell hielt dort Hof, solang ich denken kann. Als ich eintrat, verstummte der Laden. Dann, als alle registriert hatten, dass nur ich es war, wurden die Gespräche wieder aufgenommen. Ich war immerhin ein vertrautes Gesicht. Bill saß an seinem üblichen Tisch und sah noch schlimmer aus als bisher. Die Augen waren allerdings so strahlend und unnachgiebig wie immer. Er sagte:
    »Ich habe Kaffee bestellt.«
    »Kaffee ist gut.«
    Ich setzte mich gegenüber von ihm hin. Der Tresenmensch brachte den Kaffee. Niemand sprach. Als er wieder weg war, sagte Bill:
    »Du siehst gar nicht mal so gut aus, Jack.«
    »Das saubere Leben bringt mich um.«
    »Du schuldest mir doppelt, Jack.«
    »Stimmt.«
    »Du kannst mit einem einzigen Job schuldenfrei werden.«
    »Okay.«
    Er lehnte sich zurück, fixierte mich, fragte:
    »Was weißt du über die Magdalenen-Wäscherei?«
    »Die Maggies?«
    Zorn erleuchtete seine Augen, und er schnappte:
    »Nenn sie nicht so.«
    So nannte man die Magdalenen-Mädchen. In den Fünfzigerjahren wurden unverheiratete Mädchen dort von ihren Familien oder der Kirche untergebracht. Die Bedingungen waren entsetzlich und die Mädchen fürchterlichem Missbrauch ausgesetzt. Die ganze Geschichte war erst vor Kurzem enthüllt worden.
    Er fragte:
    »Erinnerst du dich an meine Mutter?«
    »Nei n … «
    »Sie war dort. Es ist ihr schrecklich ergangen. Sie haben ihr den Kopf rasiert, sie in feuchte Laken gewickelt. Aber sie ist entkommen, hat meinen Vater kennengelernt und mich zur Welt gebracht. Das meiste darüber habe ich von meinem Vater erfahren, nach ihrem Tod. Da war eine Frau namens Rita Monroe. Sie hat meiner Mutter bei der Flucht geholfen.«
    Er verstummte. Die Geschichte schien ihn ausgelaugt zu haben. Ich wartete, bis er wieder etwas Energie hatte, und fragte:
    »Was soll ich für dich tun.«
    »Rita Monroe finden.«
    »Kannst du das nicht selber?«
    »Ich hab’s versucht.«
    »Aber nach so langer Zeit ist sie wahrscheinlich tot.«
    »Dann soll es eben so sein. Wenn sie noch lebt, möchte ich ihr persönlich danken.«
    »Mensch, Bill, wo soll man da suchen. War sie Nonne?«
    »Nein, sie gehörte zum Laienpersonal, auf das sie manchmal zurückgriffen. Du hast ein Händchen für Lösungen; irgendwie machst du immer deinen Job.«
    »Ich werd’s versuchen.«
    »Das wird nicht genügen, Jack. Vielleicht weißt du, vielleicht auch nicht, dass ich eine neue Hilfe habe, außer meinem üblichen Jungen. Das ist der Große, der mit dem weißen Trainingsanzug, der, den du siehst. Aber mein neuer Junge, den wirst du gar nicht sehen wollen, nie. Er ist aus Dublin, und ich verwende ihn, u m … sagen wir ma l … eine Schuld endgültig begleichen zu lassen. Vertrau mir, du wirst ihn nie zu sehen wünschen. Zuerst wirst du ihn riechen, weil der irre Blödmann ständig Juicy Fruit kaut, kennst du das Zeug? Er kommt von hinten, und man glaubt, Wegelagerer hätten einem mit Raumspray aufgelauert. Ich kann dir sage n … Nev, eine echte Marke.«
    Ich erwiderte nichts; meine Augen schweiften zum Tresen, die Schnapsflaschen riefen nach mir. Er sagte:
    »Und bleib nüchtern.«
    Ich nahm an, wir wären fertig, stand
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