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Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten

Titel: Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Autoren: Tom Clancy
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verstand. Der Mann lockerte sich ein bißchen und ließ seine Waffe wenige Grad sinken. Ryan sah weitere Polizisten auf den Schauplatz rennen, und jetzt näherte sich ein weißer Wagen mit heulender Sirene.
    «Du bist wahnsinnig.» Cathy betrachtete die Wunde fachmännisch. Die Jacke von Ryans neuem Anzug wies an der Schulter einen dunklen Fleck auf, und die graue Wolle hatte sich purpurn verfärbt. Er zitterte nun am ganzen Leib. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und schwankte unter dem Gewicht Sallys, die sich immer noch an seine Beine klammerte. Cathy nahm seinen rechten Arm und zwang ihn sanft, sich auf die Straße zu setzen und am Wagen anzulehnen. Sie streifte die Jacke von der Wunde und drückte zart seine Schulter. Es fühlte sich gar nicht zart an. Sie langte in seine Gesäßtasche, holte das Taschentuch heraus und drückte es auf die Wunde.
    «Das sieht nicht schön aus», bemerkte sie zu sich selbst.
    «Daddy, du bist überall voll Blut!» Sally stand jetzt vor ihm, und ihre Arme flatterten wie die Flügel eines jungen Vogels. Jack wollte die Hände nach ihr ausstrecken und sagen, daß alles in Ordnung sei, aber der knappe Meter, der ihn von ihr trennte, hätte ebensogut ein Kilometer sein können, und seine Schulter sagte ihm, daß es absolut nicht in Ordnung war.
    Jetzt standen vielleicht zehn Polizisten, die meisten außer Atem, um den Wagen herum. Drei hatten eine Pistole in der Hand und musterten die Neugierigen, die sich ansammelten. Aus westlicher Richtung kamen noch zwei rotberockte Soldaten. Dann erschien ein Polizei-Sergeant. Ehe er etwas sagen konnte, sah Cathy auf und rief im Befehlston: «Rufen Sie sofort einen Krankenwagen.»
    «Schon unterwegs, Madam», antwortete der Sergeant überraschend höflich. «Warum überlassen Sie das nicht uns?»
    «Ich bin Ärztin», sagte sie kurz. «Haben Sie ein Messer?»
    Der Sergeant drehte sich um, zog das Bajonett vom Gewehrlauf des ersten Gardisten und bückte sich, um ihr zu assistieren. Cathy hielt die Jacke und die Weste so, daß er ein Segment herausschneiden konnte, und dann schnitten sie ihm das Hemd von der Schulter. Sie schüttelte das Taschentuch aus. Es war bereits mit Blut getränkt. Jack fing an zu protestieren.
    «Halt den Mund.» Sie blickte zu dem Sergeant und deutete auf Sally. «Bringen Sie sie hier weg.»
    Der Sergeant winkte den Soldaten zu sich. Er trat zu ihnen und hob Sally hoch. Sie zärtlich an die Brust drückend, brachte er sie ein paar Meter weiter. Jack sah, daß seine kleine Tochter mitleiderregend weinte, aber all das schien weit fort zu sein. Er fühlte, wie seine Haut kalt und feucht wurde - Schock?
    «Verdammt», sagte Cathy leise. Der Sergeant gab ihr einen dicken Verband. Sie drückte ihn auf die Wunde, und er färbte sich sofort rot, als sie versuchte, ihn zu befestigen. Ryan stöhnte. Er hatte das Gefühl, jemand traktiere seine Schulter mit einem Beil.
    «Was zum Teufel hast du vorgehabt?» fragte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, während sie mit den Stoffenden hantierte.
    Sein plötzlicher Zorn trug dazu bei, den Schmerz zu dämpfen, und er knurrte zurück: «Ich habe es nicht vorgehabt - ich habe es geschafft!» Die Anstrengung, die ihn die paar Worte kostete, beanspruchte die Hälfte seiner Energie.
    «Hm-hm», grunzte Cathy. «Auf jeden Fall blutest du wie ein Schwein, mein Bester.»
    Aus der entgegengesetzten Richtung kamen noch mehr Männer gelaufen. Ryan hatte den Eindruck, wenigstens hundert vollbesetzte Mannschaftswagen seien mit heulenden Sirenen am Tatort eingetroffen, und nun sprangen die Männer - einige in Uniform, andere in Zivil - heraus und schlossen sich der Gruppe an. Ein uniformierter Beamter mit üppigeren Schulterstücken fing an, den anderen Befehle zuzurufen. Die Szene war eindrucksvoll. Ein Teil seines Gehirns, der vom Rest getrennt zu sein schien, registrierte sie. Cathy, deren Hände mit seinem Blut beschmiert waren, versuchte immer noch, den Verband richtig anzubringen. Seine Tochter schluchzte keuchend in den Armen eines stämmigen jungen Soldaten, der ihr in einer Sprache, die Jack nicht genau ausmachen konnte, etwas vorzusingen schien. Ihr verzweifelter Blick war auf ihn gerichtet. Der losgelöste Teil seines Verstands fand all das sehr amüsant, bis eine neue Schmerzwelle ihn in die Wirklichkeit zurückrief.
    Der Polizeibeamte, der offenbar die Führung übernommen hatte, kam zu ihnen, nachdem er kurz den Tatort besichtigt hatte. «Sergeant, schieben Sie
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