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Italienische Verführung

Italienische Verführung

Titel: Italienische Verführung
Autoren: MIRANDA JARRETT
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kann, wieder fortschicken.“
    Aber er rührte sich nicht, sondern tätschelte nur beruhigend ihre Hand, die auf seinem Arm ruhte. „Ich schäme mich nicht, hier bei Ihnen zu sein, Mylady.“
    „Darum geht es doch gar nicht, mein Herr, nicht wenn – ah, Miss Wood, Sie haben mich gefunden!“ Diana setzte ein strahlendes Lächeln auf und entzog dem Herrn schnell ihre Hand. „Ich wollte gerade auf Ihr Rufen antworten, als ich von diesem Herrn hier aufgehalten wurde.“
    Miss Wood sagte gar nichts. Die Hände ineinander verschränkt, stand sie in ihrem einfachen grauen Kleid da und nahm sich die Zeit, sich ein eigenes Urteil über die Situation zu bilden. Diana kannte dieses Schweigen. Sie wusste, je länger es dauerte, desto weniger würde das Urteil der Gouvernante zu Dianas Gunsten ausfallen. Obwohl Miss Wood eigentlich noch eine junge Frau war, kaum einmal dreißig, würde sie in Dianas Augen immer und ewig das Abbild einer alten Jungfer sein: klein, trübselig, argwöhnisch, mit einem Hang zu Korpulenz und Strenge. Hätte Vater sie mit dem obersten Gefängniswärter des Newgate Gefängnisses auf Reisen geschickt, hätte der sie nicht besser bewachen können als Miss Wood.
    Die Gouvernante musterte den Gentleman immer noch von den Silberschnallen an seinen Schuhen bis zum goldblonden Haarschopf. Und sie tat es mit dem gleichen scharfen Blick, mit dem eine Köchin am Markttag das angebotene Gemüse prüft. Endlich nickte sie kurz, wie sie es immer machte, bevor sie eine unangenehme Aufgabe in Angriff nahm.
    „Guten Tag, Sir“, sagte sie mit eisiger Stimme und deutete einen flüchtigen Knicks an. „Verzeihen Sie mir, wenn ich offen zu Ihnen spreche, aber ich glaube nicht, dass Sie Ihrer Ladyschaft angemessen vorgestellt wurden. Mylady, bitte kommen Sie.“
    Verärgert seufzte Diana. Sie wollte doch nur ein wenig Konversation machen. Sie hatte nicht vor, noch einen Skandal zu provozieren.
    Aber es war sinnlos, mit Miss Wood darüber zu diskutieren, denn wie immer hatte sie die Wahrheit auf ihrer Seite. Diana war dem Herrn nicht standesgemäß vorgestellt worden. Sie wusste ja noch nicht einmal seinen Namen.
    Diana schluckte ihre Enttäuschung hinunter, reckte entschlossen das Kinn und war bereit, Miss Wood wieder in die diskrete Vornehmheit und die exquisite, aber unleugbare Langeweile zu folgen.
    Aber so weit kam es nicht. Zu Dianas Erstaunen erhob der Herr mit einem Mal die Stimme. „Warten Sie einen Moment, Miss Wood“, sagte er bestimmt. „Wenn es sich nur darum handelt, dass die Dame und ich einander nicht vorgestellt wurden, wie es sich gehört, nun, dann stellen Sie uns jetzt einander vor, und alles hat seine Richtigkeit.“
    Keiner der Männer, die Diana bisher kennengelernt hatte, hätte so etwas gewagt. Aber bereits jetzt zeigte sich, dass dieser Mann ein eindrucksvoller Gentleman war – ein außerordentlich eindrucksvoller Gentleman.
    Doch Miss Wood hatte er nicht überzeugt. Sie blieb abrupt stehen und richtete sich in ihrer ganzen Größe vor ihm auf. „Wie soll ich Sie Ihrer Ladyschaft vorstellen, Sir, wenn niemand Sie mir vorgestellt hat?“
    „Dann werde ich das jetzt nachholen.“ Er verbeugte sich. „Miss Wood, ich bin Lord Edward Warwick, und mein Vater ist der Marquess of Calvert. Sollten Sie es vorziehen, mir nicht zu glauben, so brauchen Sie nur meinen Onkel zu befragen, der ebenfalls Gast dieses Hauses ist.“
    „Mylord, ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ Erfreut hielt Diana ihm die Hand hin. „Nicht einmal Miss Wood kann jetzt noch etwas gegen Sie haben.“
    Doch die Gouvernante konnte sehr wohl. Sie trat zwischen die beiden. „Dürfte ich bitte den Namen Ihres Onkels erfahren?“
    „Mein Onkel ist Reverend Lord Henry Patterson, der ältere Herr, der die Räume über der Eingangshalle bewohnt. Er ist so mit seinen Studien und seinen Schriften beschäftigt, dass er gerne für sich bleibt. Jedoch dürfte es in ganz Rom kaum einen ehrenwerteren Engländer geben.“
    „Ach, Miss Wood, bei einer solchen Empfehlung werden noch nicht einmal Sie etwas auszusetzen haben“, sagte Diana und konnte den Blick nicht von Lord Edwards charmantem Gesicht lösen. Es musste Monate her sein, dass ein englischer Herr sie mit solch unverhohlener Bewunderung angesehen hatte. Sicher wusste Lord Edward weder etwas über ihr Missgeschick mit dem Stallknecht auf Aston Hall, noch etwas über die dramatische kleine Affäre in Paris. Alles, was Lord Edward über sie wissen würde, wäre
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