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Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
Autoren: Elke Vesper
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sensibel sind, die aber extrem sensible, extrem emotionale
Partnerinnen haben. Die sich das Liebesglück leihen. Nur leider geben sie es nie zurück.
    Es sind nicht nur Männer, die ihre Frauen gewissermaßen stellvertretend für sich fühlen, leiden, lieben lassen. In meine Praxis kommen immer wieder Paare, bei denen die Männer weinen und die Frauen sie deshalb sogar verachten. Bei denen die Frauen hart, fordernd und verschlossen sind und die Männer weich und verletzlich. Das wirkt dann immer ein wenig wie verkehrte Welt. Und allein dieser Eindruck ist ja schon traurig.
    Traurig ist es um jeden Menschen bestellt, dem das Lachen oder das Weinen abhandengekommen ist. Und wenn wir Menschen lachen hören, die nie weinen, sind wir oft etwas erschrocken, denn es klingt hart und irgendwie aggressiv.
    Übrigens, der Freund, von dem ich berichtete, war in den vergangenen Jahren furchtbar häufig krank. Nicht nur ein bisschen Halsweh, sondern richtig schlimm. Er bringt es nicht in Verbindung damit, dass es unerträglich anstrengend ist, einen Teil von sich selbst aus der Beziehung herauszunehmen, um das Arrangement einer glücklichen Beziehung aufrechtzuhalten. Dass das, was er lebt, ein stinkender fauler Kompromiss ist, der seine Organe zersetzt.
    Und seine Frau? Sie ist hinter einer glatten, nahezu faltenlosen Maske – sie ist über fünfzig – verschwunden, und ich frage mich, wie viel Sensibilität, wie viel Instinkt, Intuition und Gefühl sie in sich abtöten muss, um nicht zu spüren, was eigentlich los ist.
    Selbstverständlich wird der Grundkonflikt nur immer schärfer: Wie soll sie sich denn hingeben, fallenlassen, wenn sie doch immer weniger fühlen darf? Und wie soll er als Mann ihr denn Halt geben, wenn er doch ein Lügner ist, der seine tiefsten Sehnsüchte vor ihr verbirgt?
    Das Arrangement ist ein Versuch, die Angst, die eine Krise auslöst, zu beschwichtigen. So wird eine Beziehung zusammengehalten, ohne dass das Herz noch berührt wird.
Eine sogenannte Vernunftehe entwickelt sich. Allerdings ist das nicht sehr vernünftig, denn die Grundlage ist Verletztheit und Angst vor dem Risiko des Liebens und in der Folge Resignation. Also redet man es sich schön. Bringt Argumente vor. Richtet sich ein. Tötet die Sehnsucht nach etwas ganz anderem. Wird zynisch, sagt: Männer sind sowieso alle Scheiße, da kann ich auch bei meinem bleiben. Oder: Besser diese Zicke als eine andere, diese kenne ich schon.
    Zur Leugnung gehört auch das Festkrallen an einer Sicherheit wie an einem Grashalm, wenn man im Moor versinkt. Diese Paare fallen in völlige Starre. Sie vermeiden jede Bewegung, halten sich fest an allem, was irgendwie nach Überleben aussieht. Immer wieder geschieht es in meiner Praxis, dass Paare, die mir wirklich Sorgen bereiten, weil ich sie extrem verfahren finde, plötzlich erstaunliche Neuigkeiten verkünden: Die Frau ist schwanger. Wir haben ein Haus gekauft. Wir bauen ein Haus. Wir haben ein Segelschiff gekauft. Wir machen eine Weltreise.
    Nichts gegen Schwangerschaft, Hausbau, Hauskauf, Segelschiff, Weltreise. Ganz im Gegenteil, das ist alles ganz wundervoll für Paare, die in ehrlichem Kontakt, die in Bewegung sind, die ihre Liebe spüren und leben.
    Ein Paar in Krise sucht sich damit eine Sicherheit, vermeidet die Angst. Alles ist gut!, ruft es in den dunklen Wald. Der Bär darf uns nicht fressen! Wir kriegen ein Kind! Und taumelt in die nächste Krise. Ein Kind zu bekommen ist eine krisenhafte Situation. Ebenso Hausbau, Hauskauf, Weltreise usw. Die Wortlosigkeit, die mangelnde Nähe, die Abwehr des Konflikts, das Ganze wird ärger. Und, als Schlimmstes: Die Panik vor der Krise wird immer stärker, das, was bei einer eventuellen Trennung verloren werden kann, wiegt immer schwerer.
    Dicht bei der Leugnung der Krise liegt die Flucht. Fliehen ist ein probates Mittel, wenn etwas Angst macht. Angriff oder Flucht, eine andere Chance hatte der Steinzeitmann nicht,
wenn der Bär sich auf ihn stürzen wollte. Partner fliehen in Arbeit, in Zerstreuung, in irgendwelche Süchte wie Shopping, Computerspiele, Internetsex, Alkohol, sexuelle Kicks und so weiter. Auch das Suchen nach einer neuen Verliebtheit, einer Fremdbeziehung, muss als Flucht gesehen werden.
    Das Vertrackte ist, dass in diesem Fall die Flucht nichts nützt. Denn letztlich fliehst du vor dir selbst, vor deinen eigenen Gefühlen, vor deiner Angst, vor deiner Leere, vor der Verwüstung, die du selbst angerichtet hast, vor deiner Schuld, vor deiner
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