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Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
Autoren: Elke Vesper
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Scham. So muss die Betäubung auch immer stärker werden, damit du nicht hörst, was in dir schreit: Schau hin! Du bist der einzige Mensch, der dich selbst lieben lassen kann. Niemand sonst! Du bist der einzige Mensch, der dich selbst leben lassen kann! Dazu gehört wachsen, reifen, tiefer gehen.
    Es gibt einen Indianerstamm, wo die Menschen sich traditionell morgens ihre Träume erzählen. Auch die Kinder lernen es von früh an. Ihnen wird beigebracht, innezuhalten und sich umzudrehen, wenn sie vor etwas fliehen.
    Hinter dir geht einer, hinter dir steht einer, schau dich um! Du bist es selbst!
    So seltsam es klingt, aber auch ständiges Rummäkeln am andern ist eine Vermeidungsstrategie. So wird gemeckert, weil die Socken nicht am richtigen Fleck liegen, der Müll nicht anständig getrennt, beim Frühstück zu laut Radio gehört oder das falsche T-Shirt zum falschen Anlass getragen wird. Es gibt unendlich viele Beispiele, die ich hier nennen könnte. Alles Themen, die Regelungsbedarf in sich tragen, nicht für Liebesdramen herhalten, aber dazu gemacht werden können, um die Wahrnehmung des eigentlichen Liebesdramas zu vermeiden.
    Was also soll ich stattdessen tun?, fragst du jetzt wahrscheinlich.
    Zuerst einmal: Erkenn an, dass ihr in der Krise seid! Und erkenn es bald an!
    Je länger ihr leugnet, umso mehr habt ihr hinterher zu bewältigen. Und es wird immer schwieriger, die sich häufenden Verletzungen zu sortieren, auseinanderzudividieren. Wenn man das nicht tut, kommen leicht Worte wie: immer, nie, damals schon, ist sowieso egal.
     
    Was aber ist eigentlich eine Krise und woran erkennt man sie?
    Eine Krise ist der Verlust, die Zerstörung, das Zerbröckeln von etwas, das bisher für den Erhalt der Existenz von grundlegender Bedeutung war.
    Und man erkennt sie zum Beispiel an
    •
    einem grundlegenden Gefühl, dass etwas nicht mehr stimmt,

    nächtlichem Aufwachen, wo alles vor einem steht, das tagsüber verdrängt werden konnte,

    ständigem Streiten,

    Krankheiten,

    Auffälligkeiten der Kinder,

    irrational auftretender Traurigkeit,

    zyklisch aufbrandender Wut,

    sexueller Lustlosigkeit.
    Auch diese Liste lässt nicht notwendig den Umkehrschluss zu, denn es gibt noch mehr Einflüsse im Leben als die einer Liebesbeziehung. Auch Arbeitslosigkeit kann wütend oder traurig machen und sich negativ auf die psychische Gesundheit der Kinder auswirken. Aber Arbeitslosigkeit ist eine Krise, die von einem Paar, das davon betroffen ist, auch als solche anerkannt werden sollte, wenn daraus nicht eine Paarkrise werden soll.
    Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen Krisen, die auf den Verlust einer existentiellen Sicherheit zurückgehen, und Krisen, die notwendigen Entwicklungsschritten eines Paares vorausgehen. Diese Krisen sind nämlich gesund. Jeder, der Kinder hat, weiß, dass ein Kind in seiner Entwicklung
immer dann in eine Krise kommt, bevor es den nächsten Reifeschritt vollzieht. Und genauso ist es in einer Beziehung. Bleibt sie in einer Phase stecken, wird es schlimm, denn dann werden ganz natürliche Bedürfnisse nach Wachsen und Vertiefen der eigenen Persönlichkeit und folgerichtig auch der Partnerschaft blockiert. Eine Beziehung ist ein lebendiger Organismus, der seine Wachstumsstufen hat wie jeder andere lebendige Organismus auch.
    Die Erfahrung, die jeder macht, machen muss, der eine Paarbeziehung eingeht, ist, dass sie Krisen durchläuft. So wie jeder Mensch im Prozess seiner Entwicklung durch Krisen hindurchgehen
muss,
um eine neue Stufe an Persönlichkeit zu erreichen, so
muss
auch ein Paar dies miteinander erleben.
    Die Entwicklungsstufen des Individuums können interessanterweise auf die Paarbeziehung übertragen werden.
    Geburt – alles ist möglich: Ein Paar verliebt sich, und es scheint keine Grenzen zu geben. Die eigene Liebenswürdigkeit, die Liebenswürdigkeit des andern ist uneingeschränkt spürbar. Jeder gibt und fühlt sein Bestes. Das volle Potential wird ausgeschöpft, zumindest als Option für die Zukunft gespürt. Das kann bis zu einem Jahr dauern, dann spätestens kommt die:
    Loslösung aus der Symbiose – Phase der Enttäuschung: Es ist doch nicht alles möglich. Der andere hat auch eine hässliche Rückseite, und er ist so nah an mir dran, dass er auch meine hässliche Seite erkennt. Und benennt. Das ist sehr unangenehm.
    Trotzphase – Machtspiele: Jeder will die eigenen Ansprüche an die Beziehung durchsetzen. Das, was am Anfang leicht gegeben wurde,
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