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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung
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schubste ihn.
    »Du Trottel«, sagte ich und schubste ihn noch einmal ziemlich fest, »du verdammter Trottel, halt den Mund!«, zischte ich und ging an ihm vorbei die Treppe hinauf ins obere Stockwerk, um mich schlafen zu legen.
    »Ich habe dir doch nichts getan!«, rief er hinter mir her.
     
    Das war das letzte Jahr, in dem ich Wata war, Davy Crocketts Creek-Freund. Sobald ich allein war, wurde ich zu Wata. Ich war zwölf und ging die knarrenden Stufen hinauf ins obere Stockwerk, das für mich unsere kleine Blockhütte war, und jetzt hasste ich sie, sie war so eng, ich bekam darin keine Luft.
    Im Zimmer angekommen, stellte ich mich ans Fenster und sah hinüber zu dem dunklen Waldrand, wo ich jetzt am liebsten wäre. Dort führten Pfade in den Wald, die ich besser kannte als das Haus, in dem ich wohnte. An diesem Abend schien der Mond groß und gelb, und ich betrachtete ihn, wie Wata es getan hätte, und dann legte ich mich, ohne die Zähne zu putzen, ins Bett und hoffte, Egil würde erst kommen, nachdem ich eingeschlafen war. Ich kniff die Augen zu und dachte an den lackierten Bogen, den ich mir niemals würde leisten können.
    »Scheiße!«, sagte ich laut in die Dunkelheit. »Verfluchter weißer Mann!« Aber es half nicht viel, und ich wusste, dass Watas Zeit bald vorbei war, er konnte mich nicht mehr lange begleiten. Ich sah, wie er durch die Nacht huschte, rasch und leise glitt er zwischen den Bäumen hindurch, auf dem Weg zurück in die Bücher, der braune Körper und die drei weißen Federn waren im Mondlicht deutlich zu sehen.
     
    Tommy hat die Kontrolle über seine Zeitungen wiedererlangt, seine Schwester umarmt ihn, die gelben Streifen seiner Jacke schimmern, und dann verschwinden sie um die Ecke. Ich nehme zwanzig Zeitungen aus dem Wägelchen, klemme sie unter den Arm und arbeite mich durch die ersten Reihenhäuser im Grevlingveien. Das hier mag ich. Meine Ruhe haben, spüren, wie die Morgenluft über mein Gesicht streicht, jeden Schritt spüren, jede Bewegung in Armenund Beinen, alles ganz still, und ich muss an nichts denken. Die Route geht sich von ganz allein, die Klinken blitzen in einer Reihe, und ich füttere sie mit Zeitungen. Noch nie habe ich jemanden vergessen, noch nie jemandem, der nicht Abonnent ist, eine Zeitung zugeteilt, und ich kenne alle Türschilder so gut, dass ich gar nicht mehr weiß, was auf ihnen draufsteht, nur noch, wie sie aussehen: die Form der Buchstaben, die Farbe des Schildes und wo an der Tür es sitzt. Ich kann mir jedes Haus vorstellen, es vor mir sehen, die Tür herausgreifen und dann das Schild lesen, jederzeit und überall, im Schlaf, in der Schule, in den Ferien, alles sitzt im Körper, und das ist mir sehr recht.
    Unten an dem roten Telefonhäuschen überquere ich den Veitvetsvingen, inspiziere kurz das Gitter im Boden, um zu sehen, ob dort ein paar Münzen liegen, eine Angewohnheit, die ich nicht ablegen kann, und normalerweise finde ich auch zwei, drei Kronen. Aber ich werde rot und hoffe, dass niemand hinter den Vorhängen steht und mich sieht.
    An der Straße stehen nur Reihenhäuser, und vor ein paar Jahren dachte ich, hier würde man schöner wohnen als in den Blocks, bis ich herausfand, dass die Blocks lediglich zwei Reihenhäuser übereinander waren und drinnen völlig identisch aussahen. Ganz unten links steht ein Achtfamilienhaus, im zweitletzten Haus wohnt Arvid. Es ist das einzige Reihenhaus mit Balkons, und früher fürchtete Arvid, das könnte ihn zu einem Oberschichtknaben machen, weil wir niemanden kannten, der in einem Haus mit Balkon wohnte. Aber ich war der Meinung, ein Balkon von dreieinhalb Quadratmetern mache einen nicht gleich zur Oberschicht, schon gar nicht, wenn man wusste, dass sein Vater in der Bürstenfabrik Jordan in der Wechselschicht arbeitete. Das hörte Arvid gern, nicht ums Verrecken wollte erein Kind der Oberschicht sein, und in dem Punkt sind wir exakt einer Meinung.
    Ich betrete den Plattenweg und gehe um Arvids Haus herum. Vier Familien beziehen hier die Aftenposten . Sein Vater gehört nicht dazu, aber wenn ich an ihrer Wohnung vorbeikomme, stelle ich mich ans Küchenfenster und schaue hinein. Dort ist es dunkel, dann ist er wohl noch nicht von der Nachtschicht zurück. Vor dem Ende des Hauses kehre ich zur Straße zurück, drehe mich um und schaue hinauf zu Arvids Fenster im ersten Stock, hebe einen kleinen Stein vom Boden auf und werfe ihn an die Scheibe. Es scheppert deutlich, und Arvid ist sofort da. Ich kenne niemanden,
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