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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung
Autoren: authors_sort
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Haaren eine gemäßigte Mod-Frisur zugelegt, und ich bin nicht sicher, ob das ankommt, darum ist das Halbdunkel angenehm.
    Ich bin müde, habe noch nicht alle Hausaufgaben gemacht und das luftige Gefühl im Bauch, dass in der Schule etwas schiefläuft. Was ich mache, mache ich gut genug. Was ich höre, verstehe ich, präge es mir ein, ich bin verdammt noch mal nicht dumm, aber es kommt mir vor, als wäre die restliche Klasse auf einem Trip, von dem ich keine Ahnung habe, als gäbe es einen heimlichen Bund zwischen Lehrern und Schülern, dem ich nicht angehöre. Sie wissen etwas, was ich nicht weiß, und das war schon immer so.
    Vor dem Eingang stehen die anderen und warten, ich bin der letzte, aber Zeitungen sind noch keine zu sehen. Konrad ist da und Frau Johansen und die ganze Familie Vilden, die beiden Kinder gähnen und lehnen sich an den Rücken ihres Vaters. Sie leben davon, tragen zu viert Zeitungen aus, morgens und nachmittags, tagein, tagaus. Das älteste Kind, ein Mädchen, ist vierzehn, der Junge ist zwölf. Sie sehen aus, als kämen sie direkt aus dem Wald, fast erwartet man Tannennadeln in ihren Haaren, aber sie wohnen in einer Wohnung im Rådyrveien, genau wie wir anderen in Veitvet auch. Die Mutter ist so hässlich und kantig, dass man sie einfach gernhaben muss, und der Vater, groß und abwesend, grüßt höflich nach rechts und links und sagt nie etwas, blickt nur lächelnd über unsere Köpfe hinweg in die Ferne, was er dort sieht, wissen wir nicht. Hochebenen und Tannenwälder, denke ich stets. Das Mädchen ist so hübsch, dass man ihr kaum ins Gesicht schauen kann.
    »Hallo Audun«, sagt der Junge, der Tommy heißt.
    »Hallo Tommy, scharfe Jacke«, wir unterhalten uns ganz gern, er leiht sich alte Indianerbücher von mir aus, wir sind gute Kumpels. Er sieht immer erkältet aus, hat einen roten Fleck unter der Nase und eine gelbgestreifte Jacke mit Teddyfutter, und er lächelt zufrieden, obwohl er die Jacke schon die ganze Woche anhat und ich jeden Morgen scharfe Jacke gesagt habe. Mit der Schwester unterhalte ich mich nicht, ihre Augen sind so groß und braun, dass ich nach mehreren Jahren des gemeinsamen Zeitungsaustragens immer noch nicht weiß, wie sie heißt. Aber sie beäugt meine Hose.
    Wir warten zusammen, den dritten Tag hintereinander kommen die Zeitungen zu spät. Konrads Moped steht auf dem Ständer und knattert, wenn es irgend geht, stellt er den Motor nicht ab, er verbraucht wahnsinnig viel Benzin. Erhat schon eine Mütze auf, eine graue Pudelmütze ohne Quaste, die er so tief herunterzieht, dass die Ohren abstehen wie bei den behinderten Kindern, die man manchmal in der Stadt sieht, wo man sich fragt, warum man sie unbedingt so anziehen muss. Er trägt Fingerhandschuhe mit abgeschnittenen Spitzen, und seine Finger sind von alter Druckerschwärze ganz schwarz. Er ist fünfzig und wohnt mit seiner Schwester im obersten Reihenhaus beim Frauengefängnis, und keiner kann eine Zeitung so geschickt unter der Türklinke plazieren wie er. Es ist eine fließende Bewegung, mit einer Hand zieht er die Zeitung aus der Satteltasche, faltet sie in der Luft zusammen, und die dicke Aftenposten sitzt wie ein Holzstock unter der Klinke und fällt nicht herunter. Es sieht so leicht aus, aber ich habe es selbst versucht und kriege es nicht hin.
    Wir hören den Wagen, bevor wir ihn sehen, es ist neben Konrads Moped das einzige Geräusch, und er kommt mit Vollgas den kleinen Anstieg vom Veitvetveien herauf, fährt vor das Einkaufszentrum und hält direkt vor unseren Wägelchen. Der Fahrer steigt aus, zieht rasch die Seitentüren nach hinten und beginnt, die schweren Zeitungspacken auszuladen. Er lässt sie auf den Asphalt fallen und stöhnt jedes Mal laut auf, wenn sie mit einem satten und kompakten Laut auf den Boden plumpsen, der, das denke ich immer, eine Verbindung hat zu dem, was in der Zeitung steht.
    Ich nehme meine zwei Packen und hieve sie auf das Wägelchen, trenne das Band auf und sehe nach, ob neue Abonnenten dazugekommen sind. Das ist der Fall, zwei Stück. Ich trage sie in mein Buch ein und ziehe mit dem Wägelchen los Richtung Grevlingveien. Die anderen verschwinden in ihre Richtung, Konrad den Trondhjemsveien hinauf, Frau Johansen zum Beverveien, wo ich wohne, und FamilieVilden hinunter zu den Blocks im Rådyrveien. Tommy trägt einen dicken Packen Zeitungen auf dem Arm, er war so dumm, das Band zuerst loszumachen, jetzt verrutschen die Zeitungen, und der ganze Mist droht auf den Boden zu
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