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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman
Autoren: Arena
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behalte?«
    Ich öffnete die Augen, das Blut rauschte mir bis in die Ohren. »Nein«, brachte ich hervor.
    »Gut«, Tobias steckte das Handy in seine Hosentasche, ging zum Tisch und griff nach einem Strick, der neben dem Laptop lag. Er warf Tempelhoff einen warnenden Blick zu, dann deutete er mit dem Kopf zu den beiden Stühlen in der Mitte des Raums.
    »Setzen«, befahl er Solo und mir. »Hände hinter den Rücken und keine Bewegung, sonst … « Er schwenkte sein Messer und wirkte plötzlich viel entschlossener als noch wenige Augenblicke zuvor.
    Mit schnellen Griffen schnitt er den Strick durch, fesselte erst Solo, dann Tempelhoff und zuletzt mich an die Stühle, dann nahm er den Laptop vom Tisch und wandte sich zur Tür.
    »Ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor ich euch verlasse, aber ich denke mal, ihr werdet euch nicht langweilen.«
    Tobias tippte sich mit zwei Fingern gegen die Stirn, verließ den Raum und drehte den Schlüssel hinter sich um.
    Wir waren allein.

Fünfundzwanzig
    I m Nebenraum brach ihm der kalte Schweiß aus. Er stellte den Laptop neben seine Pritsche und schleppte sich hinaus in den Flur, jeder Schritt eine qualvolle Anstrengung. Als er an die erste Tür im Gang klopfte, dreimal kurz, zweimal lang, fühlte er sich, als ob er sich jeden Moment übergeben müsste. Sie öffnete ihm die Tür und trat zur Seite, um ihm den Weg frei zu machen. Auf dem Boden neben einem verstaubten Sessel aus grauem Kunstleder lag Mephisto. Träge hob er den Kopf und wedelte mit dem Schwanz, dann vergrub er seine Nase wieder zwischen den Pfoten und döste weiter.
    Sie deutete zum Sessel, er aber ließ sich auf die Matratze in der anderen Zimmerecke fallen, ein altes, durchlöchertes Ding, mit einem zusammengerollten Schlafsack, der nach Mottenpulver roch. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und wischte sich die Stirn ab. Stockend erzählte er ihr, was geschehen war. Nur das Nötigste, nur die sachlichen Details, alles andere ließ er aus. Jedes Wort kostete Kraft – und die hatte er nicht mehr.
    Er war am Ende.
    Er wusste, dass er sich das jetzt nicht leisten konnte. Er wusste, dass er einen klaren Kopf behalten und handeln musste, aber er wusste nicht, wie. Er wusste nicht weiter.
    Sie dagegen war die Ruhe selbst. Fast lässig streckte sie die Hand nach dem Handy aus. Sie schloss es ans Netzwerk an, schaltete es ein, und noch ehe sie die Mitteilungen löschte, sagte sie ihm, dass Vera vorhin jemanden angerufen hatte. Im Ordner Gewählte Rufnummern war dieselbe Nummer zweimal eingegeben worden. Und Veras Anruf war erwidert worden, nur wenige Sekunden später.
    »Was?«, flüsterte er. »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Wir?« Ihre Stimme klang nüchtern wie immer »Wieso wir? Ich habe schon etwas getan. Ich habe Joker getötet – für uns. Für unseren Plan. Hast du das etwa vergessen?«
    Er starrte sie an und merkte, dass sie nichts verstand. Sie hatte nicht begriffen, dass ihr Plan aus dem Ruder gelaufen war – spätestens in dem Moment, als Joker sie entdeckt hatte. Er schloss die Augen und dachte daran, wie er mit seinem Vater in der Bucht gestanden hatte. Er dachte an den grässlichen Laut hinter seinem Rücken, den er nie, niemals aus seiner Erinnerung würde löschen können. Er hatte Joker nicht gesehen, aber er hatte ihn sterben hören. Nur sie hatte er gesehen, hoch oben im Spalt zwischen den Felsen. Ihr Gesicht, auf das der Mond gefallen war, blass, erschrocken. Und er hatte gewusst, dass das der Anfang vom Ende war.
    Als er die Augen wieder öffnete, war ihr Gesicht beherrscht wie immer. »Ich finde, jetzt bist du mal wieder dran«, sagte sie. »Du weißt doch genau, was zu tun ist.«
    »Nein!« Er krampfte seine Hände ineinander, die furchtbar zu zittern begonnen hatten. Nein, er wusste es nicht. Er wollte es auch nicht wissen. Er wollte einfach nur hier weg.
    Sie wurde ungeduldig. »Hör zu, es ist doch ganz einfach: Vera hat gerade versucht, Hilfe zu rufen, und wenn diese Hilfe kommt, dann werden die Überlebenden auf Isola schon sehr bald eine Geschichte zu erzählen haben. Eine ganz unglaubliche Geschichte, mit vielen Fragenzeichen und mit zwei verschiedenen Versionen.«
    Sie streckte ihren Daumen in die Höhe. »Erstens wäre da die Version von den Zeugen auf der Nachbarinsel. Ihre Aussage wird relativ simpel sein: Es hat einen Toten im Meer gegeben –sie wissen nicht, wann und wie er gestorben ist – und es hat eine Tote in der Höhle gegeben, deren Ermordung man sogar live
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