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Intruder 3

Intruder 3

Titel: Intruder 3
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Drugstores öffnete und ein hoch gewachsener, schlanker Indianer heraustrat. Er hatte tiefschwarzes, fast bis zur Hüfte reichendes Haar, das er offen trug, nicht zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden wie bei ihrer ersten Begegnung, und anders als damals hielt er jetzt kein geistig behindertes Kind an der Hand. Aber es war der Indianer, dem sie in Phönix begegnet waren. Der Mann aus dem schwarzen Van. Diesmal gab es nicht den geringsten Zweifel.

    13
    Mikes Herzschlag stockte. Er starrte den Mann an, und der Indianer erwiderte seinen Blick ruhig und mit steinernem Gesichtsausdruck. Er trug ein kariertes Hemd und eine Wildle-derjacke mit langen Fransen, wie man sie sonst nur noch in alten Wild-West-Filmen mit John Wayne sieht, und darunter etwas, das gut und gerne ein Revolvergurt mit einem chrom-blitzenden Fünfundvierziger sein konnte.
    Langsam schob er die Hand unter die Jacke. Mikes Herz schlug noch immer nicht.
    Er wusste nicht, was geschehen würde.
    Vielleicht zog der Indianer eine Waffe, um es zu Ende zu bringen, vielleicht auch etwas so Banales wie ein Tasche ntuch.
    Es war ihm egal. Er hatte nicht einmal Angst, ja, er war nicht einmal wirklich erschrocken. Nicht nur sein Herzschlag schien eingefroren zu sein, sondern auch seine Gedanken, und das Einzige, was in seinem Hinterkopf hämmerte, war die Gewiss-heit, dass das Auftauchen des Mannes etwas mit dem Telefonat gestern Abend in ihrem Hotelzimmer zu tun hatte, an das er sich nur noch schemenhaft erinnern konnte.
    Der Indianer führte seine Bewegung zu Ende, und als er die Hand wieder unter der Jacke hervorzog, hielt sie weder einen Colt noch ein Kleenex, sondern eine Schachtel Zigaretten.
    West. Mikes Marke, die hier im Marlboro-Country kaum zu bekommen war. Der Indianer schnippte eine Zigarette heraus, schob sie sich zwischen die Lippen und riss ein Streichholz an.
    Sein Gesicht war noch immer vollkommen unbewegt, aber in seinen Augen blitzte es ebenso spöttisch wie böse auf, während er den ersten Zug nahm und die Rauchwolke in Mikes Ric htung blies.
    Manchmal spielt er.
    Mikes Herz tat endlich einen einzelnen, mühsamen Schlag.
    Seine Hände begannen zu zittern, und er spürte, wie sich irgendetwas tief in ihm zusammenzuziehen begann.
    Hatte er wirklich geglaubt, dass es so leicht war? Großer 14
    Gott, war er tatsächlich so naiv gewesen? Es war nicht vorbei.
    Nichts war vorbei! Es hatte noch nicht einmal richtig angefa ngen!
    Hinter ihm ging eine Tür. Mike wandte den Kopf und sah, wie Frank aus dem Laden trat. Auf seinem Gesicht lag ein amüsierter Ausdruck, eine Mischung aus gespielter Verzweif-lung und unverhohlener Schadenfreude. Eine Mischung, die jedoch rasch verflog, als er Mike erblickte. Es war, als hätte er in Mikes Gesicht irgendetwas gesehen, was ihn zutiefst erschreckte. Sein Grinsen erlosch schlagartig, und er wurde sogar ein bisschen blass.
    »Was ist passiert?«, fragte er geradeheraus.
    Sah man es Mike so deutlich an?
    Natürlich. Wie hätte es auch anders sein können? Mike spürte, dass alles Blut aus seinem Gesicht gewichen war. Sein Herz hämmerte, als versuche es, seinen Brustkorb zu sprengen.
    Statt zu antworten, drehte er sich wieder in die andere Ric htung. Der Indianer war verschwunden.
    Nein.
    Nicht verschwunden.
    Er war niemals da gewesen!
    Frank war mit zwei schnellen Schritten neben ihm und fragte noch einmal: »Alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete Mike. »Dann schüttelte er den Kopf und sagte: »Nein. Mir tun die Füße weh.«
    »Ich wundere mich, dass du überhaupt laufen kannst. Du solltest dein Knie schonen.«
    »Ich sagte: Meine Füße tun weh«, wiederholte Mike. »Nicht mein Knie. Diese verdammten Stiefel.«
    Frank sah ihn noch eine Sekunde lang aus misstrauisch zusammengekniffenen Augen an, aber dann konnte Mike regelrecht sehen, wie hinter seiner Stirn etwas einrastete. Frank entspannte sich sichtbar, setzte den rechten Fuß auf den Rand der schmucklosen Betonbank, auf der Mike sich niedergelassen 15
    hatte, und stützte den rechten Ellbogen auf das Knie; eine Haltung, die vermutlich leger wirken sollte, aber irgendwie linkisch aussah.
    »Jag mir gefälligst nicht so eine n Schrecken ein«, sagte er.
    »Im ersten Moment habe ich gedacht, es geht wieder los. Du hast genau so ausgesehen wie gestern.«
    Das liegt wahrscheinlich daran, dass du Recht hast, dachte Mike. Nur dass es nicht wieder losgeht. Es hat noch gar nicht aufgehört. Laut sagte er: »So leicht wird man mit so etwas nicht
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