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Intruder 2

Intruder 2

Titel: Intruder 2
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht der beste Fahrer der Welt. Er würde über den Straßenrand hinausschießen und wie ein Stein einen halben Kilometer weit in die Tiefe stürzen. Das Schicksal, das ihm bevorstand, wenn ihn das Ungeheuer ein-holte, erschien ihm jedoch ungleich schrecklicher.
    Mit absolut selbstmörderischem Tempo näherte er sich der Biegung. Der Indianer war hinter ihm, vielleicht noch drei Meter entfernt, vielleicht weniger. Etwas wie ein dumpfes, durch und durch böses Lachen erklang in seinen Ohren; es konnte jedoch auch nur der Wind sein, der sich unter seinem Helm fing.
    Im buchstäblich allerletzten Moment gewann seine Vernunft doch noch die Oberhand. Mit aller Kraft betätigte er beide Bremsen. Die Suzuki brach in den vorderen Federbeinen ein und schlitterte auf blockierenden Reifen weiter auf den Abgrund zu, ohne spürbar langsamer zu werden. Dann brach das Hinterrad aus, und die Maschine geriet ins Schleudern. Der Abgrund sprang regelrecht auf ihn zu.
    Mike ließ die Vorderbremse los, schaltete mit einem brutalen Tritt gleich zwei Gänge nach unten und riss den Gashebel bis zum Anschlag nach hinten, alles in einer einzigen, blitzschnel-len Bewegung. Die Intruder schlitterte jetzt fast quer stehend auf den Abgrund zu und neigte sich unbarmherzig weiter.
    In purer Verzweiflung warf er sich zur Seite und versuchte, das stürzende Motorrad mit reiner Körperkraft in die Höhe zu reißen. Es schien unmöglich. Fliehkraft und Geschwindigkeit verliehen der Intruder eine Massenträgheit, die nur noch in Tonnen zu messen war.
    Aber er schaffte es!
    Die Suzuki drehte sich mit aufheulendem Motor fast einmal um die eigene Achse, dann packte das durchdrehende Hinterrad plötzlich wieder, und Mike wäre um ein Haar nach vorne über den Lenker geschleudert worden, als die Maschine von denselben Gewalten, die sie gerade noch in den Abgrund hatten reißen wollen, nach vorne geworfen wurde.
    Vor Mike lag jetzt wieder eine Gerade. Er gab weiter Gas, beschleunigte rücksichtslos und jagte an Frank vorbei, der so erschrocken zusammenfuhr, dass er um ein Haar den Lenker verrissen hätte. Nur einen Augenblick später passierte er Stefan. In dem Sekundenbruchteil, in dem er an ihm vorbeijagte, gewahrte Mike einen Ausdruck von blankem Entsetzen auf Stefans Gesicht, aber auch dieser erreichte sein Bewusstsein nicht wirklich. Alles, was zählte, war das Ding in seinem Spiegel, das Ungeheuer, das näher und näher kam. Es holte weiter auf.
    Schneller. Er musste schneller fahren!
    Er erreichte die nächste Biegung, schlitterte mit blockieren-dem Hinterreifen hindurch und wäre erneut fast gestürzt. Funken stoben unter dem Auspuff der Intruder hoch, als er über den Asphalt schrammte, aber irgendwie gelang es ihm, die Maschine noch einmal hoch- und herumzureißen und abermals zu beschleunigen. Die Straße eignete sich selbst für einen geübten Fahrer höchstens für zwanzig Meilen pro Stunde, allerhöchstens für fünfundzwanzig. Mike fuhr mittlerweile siebzig. Und er gab immer noch Gas.
    Schließlich schleuderte er um die letzte Hundertachtzig-Grad-Kehre. Vor ihm stieg die Straße noch einmal steiler an, wurde zugleich aber auch breiter, und an ihrem Ende lag nur noch eine sanfte, von üppig wucherndem Grün eingefasste Kehre.
    Der Motor der Intruder heulte mittlerweile, als wolle er jeden Augenblick auseinander fliegen. Er war glühend heiß. Mikes linkes Knie blutete, weil er mindestens zweimal weit genug heruntergegangen war, um den Straßenbelag damit zu berühren, und jeder Muskel von den Schulterblättern abwärts bis in die Fingerspitzen war verkrampft und so hart und unbeweglich wie Eisen.
    Aber er konnte es schaffen! Er wagte es nicht, in den Spiegel zu sehen. Er wusste auch so, dass der Indianer noch hinter ihm war, so dicht, dass er den heißen Atem der Bestie, auf der er ritt, im Nacken spüren konnte. Es waren jedoch nur noch wenige Meter und eine sanfte Biegung, die vor ihm lagen, ein Witz im Vergleich zu dem, was hinter ihm lag. Mit dem letzten bisschen Kraft, das er noch aufbringen konnte, versuchte er den Gasgriff weiter zurückzuziehen, aber er war bereits längst am Anschlag. Die Tachonadel der Maschine zitterte dicht unter der Neunzig-Meilen-Marke.
    Mike beugte sich über dem Lenker nach vorne, um den Luft-widerstand zu verringern und auf diese Weise vielleicht noch eine halbe Meile mehr an Geschwindigkeit herauszuholen; den Bruchteil einer Sekunde, den er früher oben ankommen würde
    - aber vielleicht der entscheidende. Ja,
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