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Intruder 2

Intruder 2

Titel: Intruder 2
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Einzelteile aufsammeln. Wirklich, eine prima Idee!
    Mike drehte sich einfach herum und humpelte mit zusammengebissenen Zähnen in das winzige Bad, das zu dem nicht nennenswert größeren Hotelzimmer gehörte. Er war noch immer nicht vollkommen zurück in der Wirklichkeit: Er betä-
    tigte den Lichtschalter, und in dem sekundenlangen Flackern, das dem gleißenden Licht der Neonröhre vorausging, glaubte er eine kleinwüchsige Gestalt zu erkennen, die bewegungslos dastand und ihn aus leeren Augenhöhlen anstarrte. Sie existierte nur in den fast nicht messbaren Momenten der Finsternis zwischen den einzelnen Schaltimpulsen der Lampe und war selbst da nicht mehr als ein schwacher Schemen. Mike gestatte-te sich nicht, die Vision ernst zu nehmen und Angst zu haben, sondern trat mit einem entschlossenen Schritt mitten durch die Chimäre hindurch und drehte die Dusche mit einem Ruck bis zum Anschlag auf.
    Es war ein Schock. Das Wasser war so kalt, dass sein Herz mit einem Sprung bis in seine Kehle hinaufzuhüpfen schien und er sekundenlang keine Luft mehr bekam. Aber die Kälte vertrieb auch die Vision. Er begann am ganzen Leib zu zittern und war einfach viel zu sehr damit beschäftigt, nach Luft zu schnappen, um noch Angst empfinden zu können.
    Mike blieb mehrere Minuten unter dem eiskalten Wasser-strahl stehen, ehe er begann, die Temperatur ganz allmählich zu erhöhen. Am Ende duschte er so heiß, dass ihm der Wasser-strahl beinahe die Haut verbrannte. Er verbrachte fast eine Viertelstunde unter der Dusche und wäre wahrscheinlich noch länger geblieben, hätte Frank nicht irgendwann an die Tür geklopft und den Kopf hereingesteckt, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete Mike. »Ich suche nur jemanden, der mir den Rücken schrubbt.«
    »Sag mir Bescheid, wenn du ihn gefunden hast«, grinste Frank. »Der Kaffee ist fertig.«
    Er ging, ohne die Tür ganz hinter sich zu schließen. Mike drehte die Dusche ab und trocknete sich ausgiebig ab - und sehr vorsichtig. Es ging besser, als er erwartet hatte. Die Wech-seldusche hatte seine Lebensgeister geweckt und die diversen Schmerzen halbwegs betäubt. Dummerweise hatte er nicht daran gedacht, frische Kleidung mit in die Dusche zu nehmen; also schlang er sich nur ein Handtuch um die Hüften und schlurfte ins Zimmer zurück, wobei er eine nasse Spur auf dem Linoleumboden hinterließ. Anschließend ließ er sich auf die Bettkante sinken, beugte sich ächzend über seine Tasche und kramte saubere Sachen hervor: Jeans, Polohemd und leichte Sportschuhe. Es kostete ihn einige Mühe, sich anzuziehen, aber hinterher fühlte er sich wohler. Frank schlürfte währenddessen geräuschvoll seinen Kaffee und sah ihm stirnrunzelnd, aber schweigend zu.
    »Wo ist Stefan?«, fragte Mike.
    Frank machte eine Kopfbewegung zur Tür und goss eine zweite Tasse Kaffee ein. »Draußen. Er schraubt schon seit zwei Stunden an deiner Maschine rum.«
    »So schlimm?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Frank. »Reparaturen sind nicht meine Stärke. Ich kann Motorräder nur fahren.«
    »Ich nicht, willst du damit sagen«, vermutete Mike.
    Franks Blick blieb vollkommen undeutbar. »Ich will gar nichts sagen«, antwortete er. »Nur, dass ich die Kiste nicht reparieren kann. Aber Stefan meint, er kriegt sie wieder flott -
    mit viel Klebeband, Draht und Improvisationstalent.«
    »Glaubst du wirklich, dass er sie wieder hinbekommt?« Seine vorhergehende Frage war ihm peinlich. Er konnte sich im Nachhinein kaum noch erklären, warum er sie überhaupt gestellt hatte, denn selbstverständlich hatte Frank nichts mit seinen Worten andeuten wollen.
    »Keine Ahnung.« Frank blies in seinen Kaffee, nahm einen großen Schluck, verzog das Gesicht, als hätte er versehentlich an einer Tasse mit Salmiakgeist genippt, und nahm gleich darauf einen zweiten, noch größeren Schluck. »Trink deinen Kaffee, und wir sehen nach.«
    Mike nahm tatsächlich einen Schluck, und danach wusste er, warum Frank eine Grimasse geschnitten hatte. Er verzog ebenfalls das Gesicht, stellte die Tasse mit spitzen Fingern wieder zurück und stemmte sich ächzend in die Höhe. Sein Knöchel protestierte mit stechenden Schmerzen. Er konnte sein Körper-gewicht zwar tragen, aber Mike humpelte sichtbar, während er zur Tür ging. Immerhin: Er ging.
    »Du willst wirklich nicht zum Arzt?«, fragte Frank hinter ihm. »Ich weiß, du willst es nicht hören, und ich sage es auch nur noch dieses eine Mal: Dir ist schon klar, dass du
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