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Intensity

Intensity

Titel: Intensity
Autoren: Dean R. Koontz
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zueinander hingezogen fühlten.
    »Glaubst du, deine Eltern werden mich mögen?« fragte Chyna.
    »Ich dachte, du machst dir Sorgen um die Reifen.«
    »Ich mache mir um vieles Sorgen. Werden sie mich mögen?«
    »Natürlich werden sie dich mögen. Weißt du, was mir Sorgen bereitet?« fragte Laura, während sie auf den Gipfel der Anhöhe zuhielt.
    »Offenbar nicht der Tod.«
    » Du . Ich mache mir Sorgen um dich «, sagte Laura. Sie sah Chyna an, und ihr Ausdruck war ungewöhnlich ernst.
    »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen«, versicherte Chyna.
    »Das bezweifle ich nicht. Ich kenne dich zu gut, um das zu bezweifeln. Aber im Leben geht’s nicht nur darum, auf sich aufzupassen, den Blick gesenkt zu halten, sich irgendwie durchzuschlagen.«
    »Laura Templeton, die junge Philosophin.«
    »Das Leben hat mit leben zu tun.«
    »Wie tiefschürfend«, sagte Chyna sarkastisch.
    »Tiefer, als du glaubst.«
    Der Mustang erreichte die Kuppe des langen Hügels, und vor ihnen waren keine brennenden Busse oder jubelnden Menschenmengen, sondern ein älterer Buick, der beträchtlich unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit dahintuckerte. Laura reduzierte ihre Geschwindigkeit um mehr als die Hälfte, und sie fuhren hinter dem anderen Wagen her. Selbst in der aufziehenden Abenddämmerung konnte Chyna erkennen, daß ein alter Mann mit weißem Haar und hängenden Schultern den Wagen fuhr.
    Hier herrschte Überholverbot. Die Straße hob und senkte sich, führte nach rechts und links, hob sich erneut, und sie konnten sie nicht weit einsehen.
    Laura schaltete die Scheinwerfer des Mustang ein in der Hoffnung, daß sie den Fahrer des Buick dazu ermuntern konnte, entweder schneller zu werden oder ein Stück vor ihnen, wo der Seitenstreifen breiter wurde, an den Straßenrand zu fahren, um sie vorbeizulassen.
    »Hör auf deinen eigenen Rat – entspann dich, Mädchen«, sagte Chyna.
    »Ich komme nicht gern zu spät zum Essen.«
    »Nach allem, was du mir erzählt hast, wird deine Mutter wohl kaum den Kleiderbügel zücken und uns eine Tracht Prügel verpassen.«
    »Mom ist in Ordnung.«
    »Dann entspann dich«, sagte Chyna.
    »Aber ihr enttäuschter Blick ist schlimmer als eine Tracht Prügel. Die meisten Leute wissen es nicht, aber Mom hat den Kalten Krieg beendet. Vor ein paar Jahren hat das Pentagon sie nach Moskau geschickt, damit sie dem ganzen verdammten Politbüro ihren Blick zuwerfen konnte, und diese sowjetischen Halsabschneider sind vor Reue einfach umgekippt.«
    Vor ihnen sah der alte Mann im Buick kurz in den Rückspiegel.
    Das weiße Haar im Licht der Scheinwerfer, die Neigung seines Kopfs und die bloße Andeutung seiner Augen, die im Spiegel reflektiert wurden, erzeugten bei Chyna plötzlich ein starkes Déjà-vu-Gefühl. Einen Augenblick lang war ihr nicht ganz klar, warum sie plötzlich eine Gänsehaut bekam – doch dann mußte sie an einen Zwischenfall zurückdenken, den sie schon lange vergebens zu vergessen suchte: auch dort Dämmerung, vor neunzehn Jahren, auf einem einsamen Highway in Florida.
    »O Gott«, seufzte sie.
    Laura sah sie an. »Was ist los?«
    Chyna schloß die Augen.
    »Chyna, du bist leichenblaß. Was ist los?«
    »Vor langer Zeit … ich war noch ein kleines Mädchen, sieben Jahre alt … vielleicht waren wir in den Everglades, vielleicht nicht … aber das Land war sumpfig, wie in den Glades. Es gab nur wenige Bäume, und die waren mit Spanischem Moos überwuchert. Das Land war flach bis zum Horizont, jede Menge Himmel und flaches Land, das Abendlicht war rot und verblaßte allmählich, genau wie jetzt … eine abgelegene Straße, irgendwo, weit weg von allem, sehr ländlich, zwei schmale Spuren, so verdammt leer und einsam …«
    Chyna war mit ihrer Mutter und Jim Woltz unterwegs gewesen, einem Drogenhändler und Waffenschieber aus Key West, bei dem sie während ihrer Kindheit gelegentlich gewohnt hatten, jeweils einen oder zwei Monate lang. Sie waren auf einer Geschäftsreise gewesen und kehrten in Woltz’ rotem CadillacOldtimer auf die Keys zurück, in einem dieser Modelle mit massiven Heckflossen und chromblitzendem Kühlergrill, der fünf Tonnen zu wiegen schien. Woltz war auf dem schnurgeraden Highway ziemlich schnell gefahren, gelegentlich sogar über hundertfünfzig Sachen. Bevor sie zu dem älteren Paar in dem braunen Mercedes aufgeschlossen hatten, waren sie fast eine Viertelstunde lang keinem anderen Fahrzeug begegnet. Die Frau war gefahren. Wie ein Vögelchen hatte sie hinter dem
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