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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einen Knochen, und der Hund jaulte. Chyna schwang den Hammer erneut, landete einen zweiten Schlag auf dem Schädel, und der Hund hörte auf zu jaulen und erschlaffte.
    Sie trat zurück.
    Der Stuhl schepperte zu Boden.
    Der Hund atmete noch. Er gab ein mitleiderregendes Geräusch von sich. Dann versuchte er aufzustehen.
    Sie schwang den Hammer ein drittes Mal. Das war das Ende.
    Chyna ließ den Hammer fallen und stolperte ins Badezimmer. Sie war kurzatmig und in kalten Schweiß gebadet. Sie übergab sich in die Toilette und befreite sich von Vess’ Kuchen.
    Sie verspürte nicht den geringsten Triumph.
    Ihr ganzes Leben lang hatte sie noch nie etwas getötet, das größer als ein Palmetto war – bis jetzt. Selbstverteidigung rechtfertigte das Töten, machte es aber nicht leichter.
    Obwohl ihr akut bewußt wurde, wie wenig Zeit sie noch hatten, blieb sie am Waschbecken stehen, um eine Handvoll kaltes Wasser in ihr Gesicht zu spritzen und sich den Mund auszuspülen.
    Ihre Spiegelbild machte ihr angst. Dieses Gesicht. Geprellt und blutig. Eingefallene Augen, von dunklen Ringen umgeben. Das Haar schmutzig und verfilzt. Sie sah wie eine Verrückte aus.
    In gewisser Hinsicht war sie verrückt. Verrückt vor Liebe zur Freiheit, vor einem drängenden Durst danach. Endlich, endlich frei sein. Frei von Vess und von ihrer Mutter. Von der Vergangenheit. Von dem Bedürfnis, alles verstehen zu müssen. Sie war verrückt vor Hoffnung, daß sie Ariel retten und endlich mehr tun konnte, als lediglich zu überleben.
    Das Mädchen saß im Wohnbereich mit angezogenen Knien auf dem Sofa und schaukelte hin und her. Sie gab das erste Geräusch von sich, seit Chyna sie am vergangenen Morgen durch die Sichtluke in der gepolsterten Tür beobachtet hatte: ein erbärmliches rhythmisches Stöhnen.
    »Schon gut, Schatz. Sei jetzt still. Alles kommt in Ordnung. Du wirst es schon sehen.«
    Das Mädchen stöhnte weiter, ließ sich einfach nicht trösten.
    Chyna führte es nach vorn, setzte es auf den Beifahrersitz und legte ihm den Sicherheitsgurt an. »Wir verschwinden von hier, Baby. Jetzt ist alles vorbei.«
    Sie nahm hinter dem Lenkrad Platz. Der Motor lief und war nicht überhitzt. Dem Kraftstoffanzeiger zufolge hatten sie jede Menge Benzin. Der Öldruck war in Ordnung. Es leuchteten keine Warnlampen.
    Im Armaturenbrett war eine Uhr eingebaut. Vielleicht ging sie ja nicht genau. Das Wohnmobil war schließlich schon alt. Auf der Uhr war es zehn Minuten vor zwölf.
    Chyna schaltete die Scheinwerfer ein, löste die Handbremse und legte den Gang ein.
    Ihr fiel noch rechtzeitig ein, daß sie es nicht riskieren durfte, das Lenkrad zu drehen, weil die Reifen dann vielleicht Löcher in den Rasen gruben und steckenblieben. Statt zu beschleunigen, ließ sie das Fahrzeug langsam vorwärts und vom Gras rollen. Erst danach bog sie nach links auf die Auffahrt ab und gab Gas.
    Sie war es zwar nicht gewohnt, etwas so Großes wie das Wohnmobil zu fahren, kam damit aber einigermaßen klar. Nach allem, was sie in den letzten vierundzwanzig Stunden durchgemacht hatte, gab es auf der ganzen Welt kein Fahrzeug, mit dem sie nicht klargekommen wäre. Und hätte ihr nur ein Panzer zur Verfügung gestanden, sie hätte herausgefunden, wie man die Kontrollen und die Steuerung bedient, und wäre damit weggefahren.
    Sie warf einen Blick in den Seitenspiegel und beobachtete, wie das Holzhaus in der mondhellen Nacht hinter ihnen zurückblieb. Es war hell erleuchtet und wirkte so einladend wie jedes andere Haus, das sie bislang gesehen hatte.
    Ariel war verstummt. Sie beugte sich in ihrem Sicherheitsgurt vor. Ihre Hände waren in ihrem Haar vergraben, und sie hielt den Kopf fest, als befürchtete sie, er werde explodieren.
    »Wir sind unterwegs«, versicherte Chyna ihr. »Jetzt ist es nicht mehr weit, nicht mehr weit.«
    Das Gesicht des Mädchens war nicht mehr so ruhig wie damals, als Chyna es zum erstenmal in dem Raum voller Puppen im Lampenlicht gesehen hatte, und es war auch nicht mehr hübsch. Seine Züge hatten sich zu einem Ausdruck gequälten Schmerzes verzerrt, und es schien zu schluchzen, obwohl es keinen Ton von sich gab und auch nicht weinte.
    Man konnte unmöglich sagen, welche Qualen das Mädchen erlitt. Vielleicht befürchtete es, daß sie Edgler Vess begegnen und im letzten Augenblick an der Flucht gehindert werden würden. Oder es reagierte auf gar nichts, was sich hier und jetzt abspielte, sondern war in einem schrecklichen Augenblick der Vergangenheit

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