Inside Polizei
Vorherrschaft in der gesamten Republik ermöglichte. Über vier Jahrzehnte der Biker-Subkultur in Deutschland und deren kriminelle Auswüchse hatten ihren Ursprung in dieser verbotenen Zelle der Bankenmetropole.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Anfang der 90er-Jahre folgten weitere Gruppierungen dem Ruf nach Geld und Wohlstand in den goldenen Westen, die vielschichtigen Arme der russischen Mafia. Denn eine »Ware« benötigt jedes Rotlichtviertel einer Metropole stets, und zwar frisch, neu und jung: Frauen. Auf Menschenhandel und das Schleusen von Frauen spezialisierten sich unzählige osteuropäische Banden.
Eine Befragung des Bundeskriminalamtes (BKA) unter Frauen, die in Ermittlungsverfahren als Opfer von Prostitution entdeckt wurden, ergab ein erschreckendes Bild. Nur ein geringer Anteil der Frauen wurde aus eigenem Antrieb illegal nach Deutschland geschleust, um der Prostitution nachzugehen. Sie waren allerdings meist mit völlig übertriebenen Verdienstmöglichkeiten geködert worden. Die zweite Ernüchterung setzte dann bei der Inaugenscheinnahme des neuen Arbeitsplatzes ein. Vom versprochenen Glamour und Dolce Vita war in den engen und aufgeheizten Fluren der Laufhäuser nichts zu finden. Doch nun war es zu spät. Die Schleuser und Menschenhändler forderten die immensen Kosten ihrer »Arbeit« ein, und da sie oft ihres Passes beraubt waren, fügten sich die meisten Frauen in ihr Schicksal. Nach der Studie des BKA aus dem Jahr 2005 wurde ein Großteil der Frauen jedoch schlichtweg getäuscht und hatte am Ende der Reise nach Deutschland auf eine Arbeit als Kellnerin oder Haushälterin gehofft. Um die Tarnung zu perfektionieren, schalteten russische Gruppierungen seriös wirkende Agenturen dazwischen, die ebenfalls Tänzerinnen und Models in ganz Osteuropa anwarben. Sollten bei den so geköderten Frauen Einschüchterungen, Drohungen und die skrupellose Ausnutzung ihrer hilflosen Zwangslage nicht ausreichen, schreckten die Menschenhändler auch nicht vor Gewalt zurück, um jeglichen Widerstand zu brechen und die Frauen gefügig zu machen.
Die alarmierende Untersuchung des BKA belegte es unwiderruflich: Zwangsprostitution war und ist in Deutschland weit verbreitet.
In diesem Umfeld verdienten der 37-jährige Piotr R. und der 28-jährige Janus W. ihr Geld, sie hatten sich auf ukrainische Frauen spezialisiert, was ihnen bereits den staatsanwaltlichen Vorwurf des Menschenhandels eingebracht hatte. Die Ermittlungsbehörden ordneten ihnen 20 bis 30 Straftaten zu und warfen ihnen vor, Teil der organisierten Kriminalität in einem russischen Menschenhändlerring zu sein. Viele der dort tätigen Männer durchliefen in jungen Jahren die harten Schulungen der Roten Armee und ihrer Spezialeinheiten. Sie verfügten daher über zusätzliche Fähigkeiten, die sie für weitere Aufträge in Deutschlands Schattenwelten prädestinierten. So wie heute Nacht. Die beiden hatten eine Anfrage für einen Job erhalten, der weder Skrupel noch Mitleid erlaubte. Piotr und Janus nahmen den Auftrag an. Eine verhängnisvolle Entscheidung für alle Beteiligten.
Denn dieser Donnerstagabend verlief nicht nach den Planungen der beiden russischstämmigen Männer. Ein unsichtbarer Schatten hatte sich an die Stoßstange der beiden Menschenhändler geheftet. Unsichtbar, da die Verfolger einen großen Abstand zwischen ihren Zielpersonen (ZP) und dem Verfolgungsfahrzeug hielten, und sie hielten diesen Abstand aus gutem Grund. Es bestand keinerlei Veranlassung, dichter aufzuschließen und die Gefahr einer Entdeckung zu riskieren. Das Observationsteam war bestens auf seinen Einsatz vorbereitet. Piotr war schon vor geraumer Zeit in den Fokus der Ermittlungen geraten. Sein Fahrzeug war daher mit einem Peilsender verwanzt. Die Verfolger konnten die Russen überall aufspüren, trotz ihres Abstandes. Oder hielt das Observationsteam zu viel Abstand, um notfalls eingreifen zu können?
Die Behörden benötigen meist eine gewisse Zeit, um im Rotlichtmilieu aktive Gruppen zu erkennen und dann eine taktische Vorgehensweise zu beschließen. Zu verdeckt agieren und organisieren sich die ethnisch abgeschotteten Gruppen im kriminellen Gewerbe. Doch diesen Schleuserring konnte die Polizei auf Dauer gar nicht übersehen. Zu rücksichtslos gingen die Mitglieder ihren Geschäften nach, und sie hinterließen zu viele gedemütigte Opfer. Das Ermittlungsverfahren verantwortete ein Bundespolizeiamt. Das Überwachungsteam des heutigen Abends und der gesamten Nacht
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