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Inside Aldi & Co.

Inside Aldi & Co.

Titel: Inside Aldi & Co.
Autoren: Andreas Straub
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Zeitarbeitskonzerns sagt zu diesem Thema:
    «Der Trend geht momentan auf Wunsch der Kunden in diese Richtung. Durch Regulierungen und den gesetzlichen Mindestlohn sind Leiharbeiter nicht mehr so günstig wie früher. Etwa 5 –10  Prozent unserer Beschäftigten sind aktuell über Werkverträge im Einsatz. Für die Kunden sind Werkverträge vor allem deshalb interessant, weil sie alle Probleme abschieben: Wie und wann die Arbeiten erledigt werden, ist Problem des Werkvertragsdienstleisters. Der kann seinen Mitarbeitern zum Beispiel ein Stundenentgelt von 6  Euro und eine zusätzliche, leistungsabhängige Prämie zahlen. Dadurch hat er bessere «Antriebsmöglichkeiten». Außerdem ist die ganze mühsame operative Arbeit ausgegliedert. Schlachtbetriebe, Reinigungsunternehmen und Drogeriemärkte greifen zum Beispiel derzeit gerne auf solche Konstruktionen zurück.
    Allerdings sind mindestens 90  Prozent der als Werkverträge bezeichneten Arbeitnehmerüberlassungen de facto Dienstverträge. Das ist ein juristisches Problem. In der Praxis ist es bei den ausgelagerten Tätigkeiten gar nicht möglich, ein Werk so klar abzugrenzen und zum Beispiel direkte Anweisungen des Kunden auszuschließen. Die meisten Mitarbeiter sind in Wirklichkeit in die Betriebe der Kunden eingegliedert. Wir wissen das natürlich, aber: Wo kein Kläger, da kein Richter. Man stelle sich nur vor, der Rewe-Marktleiter dürfte einem Regalauffüller nicht sagen, was er zu tun hat! Um juristischen Problemen vorzubeugen, haben wir Teamleiter eingeführt, die Anweisungen der Kunden annehmen und dann weitergeben. Noch deutlicher wird diese Problematik im Lagerbereich, wo heute vielfach mit
Pick by Voice
gearbeitet wird: ein Computer des Kunden sagt dem Arbeiter an, welche Artikel er zu kommissionieren hat. In diesem Zusammenhang gab es in jüngerer Vergangenheit einige Razzien beim Discounter Netto, der viele Lagerarbeiten auf diese Art und Weise hatte erledigen lassen. Daraufhin wurde eine Zwischenstufe eingeführt, die die Orders 1 :1 weitergibt.
    Für Werkverträge haben die meisten Zeitarbeitsunternehmen Tochterfirmen mit AÜG -Erlaubnis ( AÜG = Arbeitnehmerüberlassungsgesetz). Nach außen hin soll es trotz formalen Werkvertrags zu keiner Entlohnung unter Tarif kommen. Bei unserem Konzern wird das relativ strikt eingehalten. Ich kenne aber genügend ‹krawallige› Wettbewerber, die nur über den Preis kämpfen. Sie unterschreiten ganz klar tarifliche Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen. Ein Konkurrent hat zum Beispiel in den letzten zehn Jahren vier Insolvenzen hingelegt, ist aber, erneut unter anderem Namen, schon wieder aktiv. Mit ihrem Preisdumping setzen solche Firmen auch uns, die relativ seriösen Anbieter, unter Druck.»
    Es geht also in der Arbeitnehmerüberlassung und in der Zeitarbeit längst nicht mehr nur darum, Auftragsspitzen abzufedern und Überkapazitäten zu vermeiden. Die prekär bei großen, namhaften Konzernen zu Niedriglöhnen beschäftigten Mitarbeiter sind für Kernaufgaben fest eingeplant. Und so richtig schlimm findet das kaum jemand.

[zur Inhaltsübersicht]
    Die Besser-Macher
    Was Lidl gelernt hat
    Die Prinzipien von Aldi und Co. sind überall, ihre Tricks und Methoden ähneln sich. Die Arbeitnehmer sind vielfach zu entrechteten Bittstellern degradiert. Globaler Wettbewerb, internationale Mobilität von Arbeitskräften, innerdeutsche Reformen, aber auch strukturelle Umbrüche in einigen Branchen haben die Rahmenbedingungen erheblich zu Lasten der Beschäftigten verschlechtert. Viele haben Angst, fühlen sich ausgeliefert. Händler dominieren die Milliardärslisten in Deutschland.
    Sie bereichern sich an ihren Arbeitnehmern, insbesondere auf der untersten Ebene, ob nun als Selbständige oder als Angestellte geführt, aber auch an kleinen Lieferanten. Die Folge sind Belastungen für das Gesundheits- und Sozialwesen, heute und vor allem in Zukunft, aber auch zerbrochene Familien und schlimme Einzelschicksale. Den Preis zahlen letztlich wir alle.
    Im Frühjahr 2013 veröffentlichte die Bundesregierung den aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht. Aufregung verursachte er vor allem deshalb, weil im Vorfeld herauskam, dass auf Druck des Wirtschaftsministeriums einige Passagen entfernt worden waren, da sie nicht der «Meinung der Regierenden» entsprächen. Getilgt wurden laut
Stern
zum Beispiel Feststellungen wie «Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt» oder dass im Jahr 2010 «über vier Millionen
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