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Inside Aldi & Co.

Inside Aldi & Co.

Titel: Inside Aldi & Co.
Autoren: Andreas Straub
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einzurichten.
    Uns Auszubildenden war bereits im Januar 2009 ein interner Personaldienstleister vorgestellt worden: ‹In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom bietet die Vivento Interim Services ( VIS ) 1000  Nachwuchskräften … einen unbefristeten Arbeitsvertrag an, sofern Sie mindestens mit der Note «Befriedigend» abgeschlossen haben.› Die VIS würde für den Arbeitnehmer Anstellungsmöglichkeiten suchen, in erster Linie innerhalb der Telekom, aber auch extern, der Lebenslauf bliebe somit lückenlos.
    Am 25 . Juni 2009 unterschrieb ich bei Vivento. Ab dem 15 . Juli 2009 mietete mich meine Abteilung an. Zunächst für drei Monate und anschließend noch mal für drei Monate zu einem internen Verrechnungspreis von fünf Euro pro Quartal. Ich verdiente im Schnitt 1500  Euro brutto im Monat, und in der nächsten regulären Übernahmephase zum Frühjahr 2010 konnte ich schließlich in meiner Abteilung fest einsteigen.
    Ich habe also mit diesem Inhouse-System von Personaldienstleistern gute Erfahrungen gemacht. Nach zwei Jahren, in denen ich brutto durchschnittlich 1850  Euro im Monat verdiente, war mir die Arbeit zu eintönig geworden. Ich entschied mich, zunächst einen dreimonatigen Sprachaufenthalt in Spanien zu verbringen und anschließend ein Fremdsprachenstudium zu beginnen, das ich allerdings nach drei Semestern vorzeitig beendete. Ich hätte nie gedacht, dass es danach so schwierig ist, eine ordentliche Anstellung zu finden. Die Unternehmen stellen inzwischen fast nur noch über externe Dienstleister ein.
    Eines Nachmittags – ich hatte bereits einige Bewerbungen laufen – erhielt ich einen Anruf von einer Dame, deren Namen ich beim zweiten Mal, den ihres Unternehmens aber erst beim dritten Mal (und da eher mit Müh und Not) verstand. Der Job hörte sich auch klasse an: Back Office für die Außendienstmitarbeiter der Sparte Geschäftskunden bei Vodafone – ein Hammer-Job, eigentlich. Aber die Arbeitsstelle wäre nicht
bei
, sondern lediglich
für
Vodafone gewesen, angestellt gewesen wäre ich bei dem Personaldienstleister.
    Das Gespräch endete dann auch prompt bei der Gehaltsfrage: sie könne mir 750 –850  Euro (brutto, netto, wo ist da der Unterschied bei diesem niedrigen Betrag?) zahlen. Da ich mehr verlangte, immerhin verdiente ich schon im letzten Ausbildungsjahr mehr, beendete sie das Gespräch. Etwa 800  Euro? So wenig Geld für so einen krass guten Job?»
     
    Raphael S. ist kein Einzelfall. Der Trend zum Outsourcing ist kaum gebrochen. Branchen wie die Automobilindustrie beispielsweise haben ihre Wertschöpfungstiefe längst auf ein Minimum reduziert. Die Lagerhaltung findet auf den Autobahnen statt, von wo aus die Fabriken
just in time
mit Vorprodukten und Teilen versorgt werden. Oft sind in diesem Zusammenhang Produktionsschritte nicht nur an billigere Kräfte delegiert, sondern mitsamt den Maschinen gleich in Niedriglohnländer verlagert worden. Das ist bei ortsgebundenen Dienstleistungen kaum möglich, und so müssen hierzulande im Wettbewerb um niedrige Kosten andere Wege gefunden werden.
    Für Handelskonzerne ist es zum Beispiel attraktiv, auf Dienstleister zurückzugreifen, die nicht tariflich gebunden sind und ihren Mitarbeitern deshalb nur sechs oder sieben Euro pro Stunde zahlen. Diese Kräfte sind selbst mit dem Unternehmeraufschlag des Dienstleisters noch billiger und vor allem flexibler einsetzbar als das Stammpersonal. Während früher beispielsweise von Aldi-Mitarbeitern noch selbst geputzt wurde, übernimmt das inzwischen seit Jahren ein Reinigungsunternehmen. In einigen Filialen werden «Reinigungsarbeiten» etwas weiter gefasst und umfassen dann auch das Entfernen der leeren Kartonagen, je nach Region Aldi-intern «Pappe ziehen», Abdeckeln» oder «Abschachteln» genannt. Ein kleiner Dreh an der Kostenschraube.
    Es gibt wohl bei allen Discountern Überlegungen, solche Einsparpotenziale flächendeckend zu nutzen und das Einräumen der Ware an externe Dienstleister zu übertragen. Ein Schritt, der im Grunde nur logisch wäre und den insbesondere die Vollsortimenter längst vollzogen haben. Edeka, Rewe und Kaufland haben vielerorts ihre Regalbefüllung an Fremdunternehmen ausgelagert und setzen diesen Kurs fort. Es geht hier also längst nicht mehr um Randbereiche oder saisonal stark schwankende Arbeitsanfälle, sondern um einen Kernbereich der Handelsdienstleistung, der ausgelagert wird. Große wie kleine Personaldienstleister versuchen sich in diesem
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