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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind
Autoren: Elena Santiago
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ergreifen, sondern bereit sind, Ihren Mut und Ihr Können zum Wohle des Empires auch an den entlegensten Ecken der Erde einzusetzen.«
    » Beispielsweise in der Karibik?«, fragte Duncan mit hochgezogenen Augenbrauen. Mittlerweile barst er beinahe vor Neugier.
    Der Earl lächelte und stellte sein Glas ab.
    » Ich sehe, wir verstehen uns.«
    General Ayscue, der bisher nicht viel gesagt hatte, rückte die rote Schärpe gerade, die in ordentlichem Faltenwurf auf seinem braunen Wams lag.
    » Reden wir nun darüber, was Ihr für Euer Land tun könnt.«
    3
    E twa um dieselbe Zeit fand sich ein weiterer junger Mann zu einer wichtigen Besprechung ein. Anders als dem Fregattenkapitän Haynes wurde ihm jedoch kein besonders herzlicher Empfang zuteil. Es gab weder Sherry noch Kuchen, sondern nur eine förmliche Begrüßung durch einen Beamten des Rumpfparlaments, der dem jungen Mann anbot, auf einem Schemel Platz zu nehmen, während er selbst hinter seinem Schreibpult stehen blieb und so dafür Sorge trug, dass er sich gleichzeitig verschanzen und auf den Bittsteller herabsehen konnte.
    William Noringham kämpfte gegen den Zorn an, der sich in ihm ausbreiten wollte, als er den aufgeblasenen Schnösel über sich aufragen sah, doch wenn er sein Anliegen nicht selbst sabotieren wollte, würde er Haltung bewahren müssen. Bereits nach wenigen Minuten war ihm klar, dass dieser Bursche, obschon mit diversen Ehren- und Amtsabzeichen behängt, nicht das kleinste bisschen zu sagen hatte. Sofern ihm überhaupt Handlungsbefugnisse zukamen, beschränkten sich diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf, wichtige Gesuche weiterzuleiten und unwichtige abzuwimmeln.
    William hatte folglich gut daran getan, seine Eingabe gegen den Sklavenhandel zusätzlich schriftlich auszuformulieren – zumindest erhöhte das seine Chancen, dass sie bei den richtigen Stellen ankam. Er streckte ein Bein aus, denn das Sitzen auf dem Schemel war unbequem.
    » Der Sklavenhandel«, erläuterte er dem gelangweilt dreinschauenden Beamten, » nimmt erschreckende Ausmaße an, denn die Holländer und Portugiesen bringen immer mehr Schwarze in die Kolonien. Auf Barbados haben wir bald mehr Schwarze als Weiße, und das scheint erst der Anfang zu sein.«
    » Nun, sagtet Ihr nicht eben noch, dass Ihr ebenfalls Besitzer einer Zuckerrohrplantage seid, auf der Schwarze arbeiten? Wie könnt Ihr dann ernsthafte Einwände gegen die Sklavenhaltung erheben?«
    » Ich behandle meine Sklaven gut«, sagte William kühl. » Keiner von ihnen muss leiden. Sosehr mir die Sklaverei persönlich ein Gräuel ist, erkenne ich doch, dass ohne die Arbeit der Schwarzen weder Zucker noch Baumwolle noch Tabak in dem Umfang angebaut werden könnten, wie es für eine einträgliche Plantagenwirtschaft nötig ist.«
    » Mit anderen Worten, Ihr heißt die Sklaverei grundsätzlich gut?«
    » Keineswegs«, sagte William unumwunden. » Doch da es sie nun einmal gibt, kann man zumindest ihre schrecklichsten Auswüchse bekämpfen.« Sachlich fuhr er fort: » Habt Ihr einmal beim Entladen eines Sklavenschiffs zugesehen?«
    » Nein. Wie Ihr wisst, gibt es in England keine Sklaven.«
    » Nun, dann lasst Euch sagen, dass es das Scheußlichste ist, was ein Christenmensch sich nur vorstellen kann. Wenn das Schiff ankommt, ist mindestens ein Viertel von ihnen tot.«
    » Ah, ich verstehe«, sagte der Beamte. » Es geht Euch um den Wertverlust der Ware. Habt Ihr denn in Schiffsanteilen investiert, dass Euch dadurch ein Schaden entstanden ist?« Gedankenvoll wiegte er den Kopf. » Dann müsstet Ihr das allerdings mit dem jeweiligen Frachtführer ausmachen, denn die Regierung ist wohl kaum für derlei Verluste verantwortlich zu machen.«
    William hielt es nicht länger auf dem armseligen Schemel. Ärgerlich sprang er auf.
    » Ihr wollt es offenbar nicht verstehen!«, rief er. » Diese Art des Menschenhandels ist nicht nur eine Schande, sondern eine Sünde! Es ist Mord an Unschuldigen, nur um des reinen Profits willen!«
    » Ich bin nicht taub, Mylord. Es ist nicht nötig, derart die Stimme zu erheben. Und wenn Ihr von Profit sprecht, solltet Ihr bedenken, dass auch Euer Gewinn von diesem Handel mit Schwarzen abhängt. Da Ihr, wie Ihr selbst sagt, eine der größten Plantagen auf Barbados Euer Eigen nennt, braucht Ihr zweifellos viele Sklaven, um sie zu bebauen, und wo sonst wollt Ihr sie hernehmen als von den Sklavenhändlern? Wie könnt Ihr auf der einen Seite Anspruch darauf erheben, durch die
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