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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind
Autoren: Elena Santiago
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Hauch einer Gefahr zu spüren. » Was für Schiffe? Englische?«
    Harold lachte kurz. » Du liebe Zeit, nein. Das würde er denn doch nicht wagen. Obwohl man natürlich nicht weiß, was noch kommt, denn der Kerl ist so gierig und versessen aufs Geldmachen, dass er keine Skrupel kennt. Bislang beschränkte er sich auf die Galeonen der Spanier in der Karibik, und er kaperte sie dort mit dem Segen der Krone.« Harold lachte abermals, diesmal klang es schadenfroh. » Aber nun gibt es die Krone nicht mehr. Bei allen Teufeln, das wird den Kerl in Verlegenheit bringen! Wer ohne die Erlaubnis der Navy auf Kaperfahrt geht und sich die Taschen füllt, ist nichts weiter als ein Verbrecher! Das war er ohnehin schon die ganze Zeit.«
    » Mr. Dunmore hat recht«, murmelte ihr Vater kraftlos. » Dieser Mann ist gefährlich.«
    Elizabeth fühlte sich von einem leisen Schauer erfasst. » Ist Duncan Haynes ein Freibeuter?«
    » Einer der übelsten, die je in der Karibik Segel gesetzt haben. Ein skrupelloser Pirat, der aufgeknüpft gehört! Besser, man vermeidet es, ihm zu begegnen.«
    » Aber er hat mir das Leben gerettet«, wandte Elizabeth ein.
    » Welches er dir zu jeder beliebigen anderen Zeit nehmen könnte. Es gibt nur einen Ort, wo er hingehört, und zwar in die tiefste Hölle.«
    2
    D uncan Haynes machte sich Gedanken um seine Zukunft, als er in der Woche darauf in den Amtsstuben der Admiralität vorstellig wurde, denn er wusste nicht, was ihn erwartete. Der durch den Umsturz herbeigeführte Machtwechsel in London hatte es ihm in den vergangenen Monaten angeraten erscheinen lassen, der alten Heimat vorerst fernzubleiben. Die Briefe, die ihn in unregelmäßigen Abständen erreichten, hatten ebenso wie die Berichte befreundeter Seefahrer wenig Gutes ahnen lassen. Die Rundköpfe, so hieß es, hatten nichts Eiligeres zu tun, als überall dort Klarschiff zu machen, wo Königstreue an den Hebeln der Macht saßen. Die alte Admiralität war, soweit sie nicht zu Cromwell übergelaufen war, entweder abgelöst worden oder verfemt. Nicht wenige der früheren Geschwaderkommandanten hatten sich davongemacht und waren mit einem Teil der Flotte nach Frankreich gesegelt, um sich in den Dienst des neuen Königs zu stellen – Charles’ II ., Sohn des hingerichteten Charles Stuart. Andere Männer hatten nun den Befehl über die Flotte inne, die nicht länger Royal Navy, sondern schlicht Parlamentsflotte hieß.
    Zu Duncans Erleichterung wurde er höflich, um nicht zu sagen herzlich empfangen: Er erfuhr deutlich mehr Aufmerksamkeit als zu jener Zeit, da man ihm den ersten Kaperbrief ausgestellt hatte. Überreicht hatte ihm diesen damals ein schlecht gelaunter Beamter der königlichen Admiralität, der die Tauglichkeit von Kaperkapitänen als aufrechte Seeleute infrage gestellt und mehrmals darauf hingewiesen hatte, dass es üble Folgen haben werde, falls Prisengelder verschwänden. Der einzige Schutz, den er als Freibeuter vonseiten der Krone genoss, bestand darin, dass man ihn nicht aufknüpfte, sobald er englischen Boden betrat. In allen anderen Ländern der Welt war er ein ruchloser Pirat und ein Fall für den Galgen.
    Die Herren, bei denen Duncan diesmal vorsprach, boten ihm einen Lehnstuhl zum Sitzen an und ließen ihm Sherry und Gebäck servieren. Zu dem Gespräch fand sich sogar Admiral Blake persönlich ein, ein stämmiger Mann um die fünfzig, der unlängst – obschon ohne nennenswerte nautische Kenntnisse – von Cromwell zum Oberbefehlshaber der Parlamentsflotte ernannt worden war. Außer ihm war auch Admiral Ayscue erschienen, ein erfahrener Seemann, der während des Bürgerkriegs als Geschwaderkapitän gedient hatte. Er war Mitte dreißig, glatt rasiert und sprach mit befehlsgewohnter Stimme. Vervollständigt wurde die Runde durch Edward Montagu, einen Earl, der trotz eines jugendlichen Alters von kaum fünfundzwanzig Jahren bereits Karriere bei der Admiralität gemacht hatte. Auch er hatte Cromwell im Bürgerkrieg unterstützt und galt überdies als einer seiner engsten Freunde, was ein Grund dafür sein mochte, dass ihm eine glänzende Zukunft bei der Flotte vorausgesagt wurde.
    Duncan nippte an seinem Sherry und beteiligte sich an der Konversation, die sich bisher lediglich um Belangloses drehte. Sie sprachen miteinander, als sei nicht erst in der vergangenen Woche dem Volk der bluttriefende Kopf des Königs präsentiert und wenige Tage darauf das Oberhaus aufgelöst worden.
    Duncan war auf der Hut. Es mutete seltsam an, dass auf
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