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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind
Autoren: Elena Santiago
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ein schlichtes Ersuchen um Erneuerung eines – bisher königlichen – Kaperbriefs gleich die Elite der neuen Kommandantur zusammenkam, um mit ihm, einem einfachen Fregattenkapitän, Konversation zu betreiben. Seine Erleichterung hatte sich im selben Moment in Vorsicht verwandelt, als Admiral Blake den Raum betreten hatte, und als dieser gar von einem Diener Sherry und Kuchen bringen ließ, erwachte Duncans Argwohn.
    Das Gespräch näherte sich auf Umwegen dem eigentlichen Thema. Duncan merkte es sofort, als die ersten persönlichen Fragen kamen.
    » Sagt uns, Master Haynes – wie seid Ihr zur Seefahrt gekommen?« Es war Admiral Blake, der diese Frage stellte, mit scheinbar beiläufigem Interesse, womit er Duncan jedoch nicht täuschen konnte.
    » Nun ja, ich bin gleichsam mit Schiffen groß geworden«, sagte Duncan. » In einem Nest im Süden von Essex, nur einen halben Tagesritt entfernt. Mein Großvater mütterlicherseits betrieb dort eine Werft. Nach dem Tod meiner Eltern kam ich als kleines Kind zu ihm und wuchs dort auf.«
    » Ihr habt Erfahrung im Schiffsbau?«
    » Ein wenig.«
    » Aber später habt Ihr studiert, nicht wahr?« Blake lächelte verbindlich. » An meiner alten Alma Mater, wie man mir sagte.«
    Dass der Admiral von seinem Studium in Oxford wusste, konnte nur eines bedeuten. Duncan kleidete es in Worte.
    » Ihr seid außerordentlich gut über einen unbedeutenden Kapitän informiert, Mylord.«
    Blake schüttelte den Kopf.
    » Unbedeutend ist ein zu dürftiges Wort für einen Mann wie Euch. Und zudem ein unzutreffendes, denn wie könnte es sonst sein, dass Euer Ruhm Euch bereits vorausgeeilt ist?«
    » Falls Ihr damit auf die Santa Viola anspielt – das war ein reiner Glücksfall, wie er einem Kaperfahrer nicht alle Tage zuteil wird.«
    Tatsächlich hatte Duncan beim Aufbringen dieser Prise mehr Glück als Verstand gehabt. Die spanische Galeone, schwer beladen mit Silber aus den mexikanischen Minen, war nach einem gewaltigen Sturm manövrierunfähig gewesen, und drei Viertel der Besatzung lagen mit Fieber in den Hängematten. Ihre Wasservorräte waren verdorben, die übrigen Schiffe des Geschwaders in alle Winde zerstreut oder gesunken. Duncan hatte die überlebenden Spanier auf Beibooten vor Tortuga abgesetzt und die rettungslos havarierte Galeone abdriften lassen, bevor er mit Truhen voller Silber nach England zurückgefahren war. Er hatte diese Frucht nicht einmal pflücken müssen – sie war ihm in den Schoß gefallen. Dem König war sein rechtmäßiger Anteil an der Beute gerade recht gekommen – Charles hatte sich zu jener Zeit mit den Schotten verbündet, um mit ihrer Hilfe sein eigenes Volk angreifen zu können, und zur Fortführung dieses blutigen Krieges brauchte er jeden Penny.
    Duncan räusperte sich leicht verlegen. Bei genauerem Nachdenken war es vielleicht ein wenig ungeschickt von ihm gewesen, diese Prise als Glücksfall zu bezeichnen, denn es hatte Cromwell gewiss nicht zur Freude gereicht, dass die Gelder in die Taschen seines Erzfeindes geflossen waren.
    » Wie wir hörten, seid Ihr vornehmlich bei den Antillen unterwegs«, sagte der junge Earl freundlich. » Nach allem, was uns zu Ohren gekommen ist, gibt es nicht viele englische Kapitäne, die sich so hervorragend in der Karibik auskennen wie Ihr.«
    Kein einziger, dachte Duncan. Er schwieg abwartend.
    » Man sagt, Ihr habt ein feines Schiff unter Segeln, eine schnelle Fregatte mit drei Dutzend Kanonen, nicht wahr? Es heißt, Ihr habt sie einem Franzosen abgenommen.«
    Sie waren wirklich gut über ihn informiert. Duncans Argwohn verwandelte sich allmählich in Interesse. Sie wollten etwas von ihm, und das, worum es dabei ging, schien ihnen überaus wichtig zu sein.
    » Nun ja, der Bursche wollte mir vorher mein Schiff wegnehmen.« Duncan grinste. » Er war ein Pirat.«
    Das war offenbar für sie das Stichwort, endgültig zur Sache zu kommen.
    » Master Haynes, sicher ist Euch bewusst, dass England ab jetzt eine Republik ist«, sagte der Earl beiläufig.
    » Ich hörte dergleichen munkeln«, gab Duncan trocken zurück.
    Die Männer lachten. Schmunzelnd lehnte sich der Earl zurück und trank von seinem Sherry. Admiral Blake legte die Hände zusammen, sein Gesicht zeigte einen konzentrierten Ausdruck.
    » Wir wollen nicht länger um den heißen Brei herumreden, Master Haynes. England braucht Männer wie Euch. Mutige Männer, die sich auf die Seefahrt verstehen. Die beim Anblick feindlicher Kanonen nicht gleich das Hasenpanier
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