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Insel der sieben Sirenen

Insel der sieben Sirenen

Titel: Insel der sieben Sirenen
Autoren: Carter Brown
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»Es ist nicht vorgesehen, daß sie sich uns anschließen.
Wenn sie alle zusammenkämen, das verstehen Sie gewiß, könnte eine peinliche
Situation entstehen .«
    »Das
hat was für sich. Also werden der alte Mann und ich alleine speisen ?«
    »Richtig.« Loftings kalte Augen blinzelten langsam. »Und, Mr.
Roberts, ich würde an Ihrer Stelle von Mr. Bradstone nicht als dem >alten
Mann< sprechen. Er könnte es übelnehmen .«
    »Und
einen Anfall bekommen ?«
    »Er
ist in jüngster Zeit etwas übellaunig, fürchte ich. Vielleicht würde er Sie
sogar entlassen, und das wäre mir gar nicht recht .«
    Sorgsam
studierte ich das finstere Gesicht. »Das ist offenbar Ihr Ernst. Warum?«
    »Sie
sollen entscheiden, welche von den jungen Damen Mr. Bradstones Tochter ist. Und
wie Sie wissen, besteht ein gewisser Zeitdruck. Es könnte nicht mehr genug Zeit
bleiben, sich nach einer anderen Hilfe umzusehen .«
    »Und
warum sind Sie selbst so interessiert daran? Sie haben doch weder so noch so
etwas dabei zu gewinnen. Sie werden im Testament nicht einmal bedacht .«
    »Das
weiß ich .«
    »Und
es macht Ihnen nichts aus ?«
    »Nein.«
    »Trotzdem
möchten Sie den alten Mann glücklich sehen .«
    »Ich
wünsche ihm, daß er seine Tochter findet, ja .«
    Hilflos
ließ ich mich auf den nächsten Stuhl sinken. »Okay, Lofting«, sagte ich.
»Gleich nach dem Essen mache ich mich wieder an die Arbeit .« Mit einem stummen Stöhnen stellte ich mir das vor. Dann fuhr ich plötzlich
entsetzt zusammen, als über mir die Glocken von Notre Dame anzuschlagen schienen.
Erst zu spät begriff ich, daß es nur die Haustürschelle gewesen war.
    »Tolles
Geläut, was Sie da haben, Lofting. Ich muß daran denken, daß es irgendeinem
Kloster vermacht wird .« Aber er war schon in der Halle
verschwunden, und mein trockener Humor verhallte ungewürdigt.
    Fünf
Minuten später, in Rekordzeit, erschien er wieder mit zwei Personen, deren
entschlossene Gesichter aus demselben Stein wie das Haus gemeißelt schienen.
    Eine
war eine Frau Ende der Fünfzig, von jener schlanken, wohlerhaltenen Eleganz,
die Entschlußkraft , Intelligenz und viel Geld verrät —
die Sorte Frau, welche begreift, daß sie mit ihrem guten Aussehen einen Vorteil
verlöre und die niemals freiwillig etwas verliert. Das fachmännische Make-up
ließ nur ein paar leichte Fältchen um die braunen Augen durchschimmern. Sie
trug eine geblümte, reinseidene Hose und ein unter der Brust geknotetes
Oberteil, das die Taille freiließ und den guterhaltenen Busen betonte. Ihr Haar
hatte einen orange-braunen Ton, dunkel genug, um statt ordinär noch interessant
zu wirken. Ihre Frisur war wie alles andere an ihr auf Effekt abgestimmt und
wies trotz des Wetters nur hier und da eine lose Strähne auf. Wirklich gekonnt.
    »Wer
ist dieser Mann ?« fragte sie mit harter Stimme und sah
Lofting an.
    »Dies
ist Mr. Randall Roberts«, erwiderte Lofting steif. »Mr. Bradstones Anwalt.«
    »So?«
Ihr Ton wechselte von kalter Feindseligkeit zu kühlem Interesse. »Dann sind Sie
also geschäftlich hier, Mr. Roberts? In der Erbschaftsangelegenheit?«
    »Jedenfalls
bin ich nicht auf einer Vergnügungsreise«, brummte ich und fragte mich
insgeheim, ob ich damit wirklich die Wahrheit sagte.
    Während
die Dame mich nachdenklich musterte, studierte ich meinerseits den
lockenhaarigen, blonden Adonis in ihrem Kielwasser. Wahrscheinlich wirkte er
attraktiv, überlegte ich, und zwar auf jenen Frauentyp, der für braungebrannte,
muskelbepackte Strandathleten mit sonnengebleichten Ohrlöckchen schwärmte.
Solche Frauen gibt es natürlich, auch mit dem entsprechenden Bankkonto.
    Sein
Aufzug erinnerte an eine Uniform — weißes, von schwellenden Muskeln gedehntes
Polohemd, braune Leinenhose, Sportschuhe. Über manche Menschen bildet man sich
ein vorschnelles Urteil, aber zu denen gehörte Cornelius nicht. Er war nicht
unbedingt hochgewachsen. Tatsächlich reichte er Lofting nur bis zur Brust,
während ich ihm das Kinn hätte auf die Schulter legen
können — wenn ich gewollt hätte. Nach einem ersten lässigen Blick ignorierte
der Jüngling mich völlig und sah sich mit gelangweiltem Abscheu im Speisezimmer
um. Für ihn, so hatte ich den Eindruck, war ich lediglich ein Teil des
Mobiliars. Als ich mich wieder der Dame zuwandte, bemerkte ich, daß Lofting sie
mit deutlichem Unbehagen ansah.
    »Mr.
Bradstone hat von Ihrer bevorstehenden Ankunft nichts erwähnt«, sagte er. »Und wie
Sie wissen, geht es ihm gar nicht gut. Ich
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