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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
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Tanyositlopai. Es fiel mir nicht ein, Häuptling Tanyositlopai allein zu den versteckten Kanus gehen zu lassen. Als ich jedoch am nächsten Morgen erwachte, war Ramo fort. Ich trat vor die Hütte, aber ich sah und hörte nichts. Da wusste ich, dass er in der Nacht aufgestanden und zu den südlichen Klippen gegangen war. Auf einmal hatte ich Angst. Ich malte mir die schrecklichsten Dinge aus. An dem Seil aus Salzkraut war er schon einmal hinuntergeklettert, aber ein Kanu, und sei es auch das kleinste, von den Felsen zu zerren war für einen so kleinen Jungen eine gefährliche Sache. Und selbst wenn er es fertigbrachte, wenn er das Kanu ins Wasser schieben konnte, ohne sich dabei zu verletzen wie würde er . um die Landspitze herumkommen? Die reißende Strömung dort und die vielen Strudel machten selbst einem erprobten Kanufahrer zu schaffen. Der Gedanke an diese Gefahren ließ mir keine Ruhe. Ich begann zu laufen. Es gab nur einen Pfad, der zur Südspitze führte, und den schlug ich ein. Auf halbem Weg blieb ich plötzlich stehen. Vielleicht war es besser, ich ließ Ramo allein zur Klippe gehen. Schließlich konnten wir ja nicht wissen, wie lange es dauerte, bis das Schiff zurückkam, und inzwischen waren wir aufeinander angewiesen. Vielleicht war es notwendig, dass Ramo schon jetzt ein Mann wurde, dass er lernte, auf eigenen Füßen zu stehen, denn ich würde seine Hilfe brauchen, wenn das Schiff noch lange auf sich warten ließ. Was wussten wir, was uns alles noch bevorstand? Unvermittelt machte ich kehrt und schlug den Pfad zur Korallenbucht ein. Wenn es Ramo gelang, das Kanu ins Wasser zu schieben und heil durch die Strömung an der Landzunge zu paddeln, dann konnte er ungefähr um die Zeit, da die Sonne am höchsten stand, im Hafen landen. Dort wollte ich ihn erwarten. Denn eine Seereise macht nur halb so viel Spaß, wenn niemand da ist, der einen willkommen heißt. Während ich die großen Steine in der Bucht nach Muscheln absuchte, dachte ich absichtlich an andere Dinge. Ich überlegte mir, was wir zum Essen brauchten und wie wir unsere Vorräte vor den wilden Hunden schützen könnten, wenn wir nicht im Dorf waren. Auch an das Schiff dachte ich. Ich versuchte mich zu erinnern, was Matasaip zu mir gesagt hatte. Zum ersten Mal zweifelte ich, ob das Schiff auch wirklich zurückkam. Dieser Gedanke beschäftigte mich so sehr, dass ich in meiner Arbeit immer wieder innehielt und übers Meer starrte, das leer und endlos weit vor mir lag. Die Sonne stieg, doch von Ramo war noch immer nichts zu sehen. Meine Angst wuchs. Eilends füllte ich meinen Muschelkorb und trug ihn hinauf auf die Mesa. Von dort aus konnte ich den Hafen überblicken und die ganze Küste bis zur Landzunge, die wie ein Angelhaken in den Ozean stach. Ich konnte die kleinen Wellen über den Sand gleiten sehen und hinter ihnen den Halbmond aus weißem Schaum, der die reißende Strömung begleitete. Ich wartete auf der Mesa, bis die Sonne senkrecht über mir stand, dann lief ich ins Dorf. Doch meine heimliche Hoffnung, Ramo sei inzwischen zurückgekommen, erfüllte sich nicht. Die Hütte war leer. Hastig grub ich ein Loch in die Erde, legte die Muscheln hinein und deckte sie mit einem schweren Stein zu, damit die wilden Hunde nicht an sie herankamen. Als ich fertig war, machte ich mich auf den Weg zur südlichen Inselspitze. Zwei Pfade führten zu den Klippen. Zwischen ihnen erhob sich eine lang gestreckte Sanddüne. Ich lief ein Stück weit geradeaus, und da von Ramo weit und breit nichts zu sehen war, begann ich nach ihm zu rufen. Wenn er auf dem Rückweg dem Pfad hinter der Düne folgte, musste er mich hören. Er antwortete nicht, doch jetzt vernahm ich fernes Hundegebell. Das Kläffen wurde lauter, als ich mich der Klippe näherte. Bisweilen erstarb es für kurze Zeit und hob dann von Neuem an. Der Lärm kam von der anderen Seite der Düne. Ich verließ den Pfad und stapfte den sandigen Hügel hinan. Als ich den Grat erreicht hatte, erblickte ich das Rudel. Es bildete einen wirren Knäuel und in der Mitte des Knäuels lag Ramo. Er lag auf dem Rücken und von der Stelle, wo ich stand, konnte ich die Wunde an seinem Hals sehen. Er lag ganz still. Ich trat hinzu und hob ihn auf. Er war tot. Sein ganzer Körper war von Bisswunden bedeckt. Er musste schon seit Langem tot sein und er hatte die Klippe mit den Kanus nie erreicht; das ersah ich aus den Spuren seiner Füße. Neben ihm lagen zwei tote Hunde. Aus der Flanke des einen ragte Ramos zerbrochener
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