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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
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Klippe, den Fischspeer in der erhobenen Hand, lief Ramo. Die Segel wölbten sich. Langsam kam das Schiff in Fahrt. Alle Leute an Bord, selbst die weißen Männer, starrten zur Klippe hinüber. Ich lief auf einen der Weißen zu und zeigte auf meinen Bruder, doch der Mann schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab. Das Schiff fuhr schneller. Ich konnte nicht anders, ich schrie. Häuptling Matasaip packte mich am Arm. “Wir können nicht auf Ramo warten”, sagte er. “Wenn wir noch länger hier verweilen, wird das Schiff an die Felsen getrieben. ” “Wir müssen aber warten, wir müssen!”, schrie ich verzweifelt. “Das Schiff kann ihn später holen”, sagte Matasaip. “Deinem Bruder wird nichts geschehen. Zu essen hat er genug, Trinkwasser ist auch vorhanden und schlafen kann er, wo es ihm gefällt. ” “Nein”, schluchzte ich. Matasaips Gesicht glich einem Stein. Er hörte nur nicht mehr zu. Noch einmal schrie ich auf, doch meine Stimme verlor sich im heulenden Wind. Die Leute umringten mich und redeten auf mich ein, wie Matasaip es getan hatte, doch ihre Worte konnten mich nicht beruhigen. Ramo war von der Klippe verschwunden. Ich wusste, dass er jetzt den Pfad zum Strand hinunterlief. Das Schiff war im Begriff, die Salzkrautbänke zu umfahren. Ich war sicher, dass es nun gleich umkehren und zur Bucht zurückfahren würde, und wartete mit angehaltenem Atem. Aber als es von Neuem die Richtung änderte und Kurs nach Osten nahm, wusste ich, dass ich umsonst gehofft hatte. Ich überlegte nicht lange. Ich setzte zum Sprung an, und obgleich viele Hände mich zurückreißen wollten, warf ich mich kopfüber in das aufgewühlte Meer. Eine Welle schlug über meinem Kopf zusammen. Ich sank und sank, bis ich dachte, ich würde das Tageslicht nie wieder sehen. Als ich wieder auftauchte, war das Schiff schon in weiter Ferne. Durch die tobende Gischt konnte ich kaum mehr die hüpfenden weißen Segel erkennen. Meine Hände umklammerten immer noch einen der Körbe, die meine Habe enthielten, aber der Korb war schwer und ich sah ein, dass ich mich damit nicht über Wasser halten konnte. So ließ ich ihn los und begann, auf die Küste zuzuschwimmen. Die beiden Felsen am Eingang zur Korallenbucht ragten nur undeutlich aus dem Wasser vor mir, doch ich hatte keine Angst. Ich war schon manches Mal weitere Strecken geschwommen, wenn auch nie während eines solchen Sturms. Das Einzige, woran ich dachte, war Ramo. Ich malte mir aus, wie ich ihn bestrafen würde, sobald ich die Küste erreicht hatte. Doch als ich endlich Sand unter den Füßen spürte und Ramo am Strand stehen sah, den Fischspeer in der Hand, so klein und verloren, da vergaß ich alle meine Vorsätze. Ich fiel auf die Knie und zog ihn in meine Arme. Das Schiff war verschwunden. “Wann kommt es zurück?”, fragte Ramo. Tränen standen in seinen Augen. “Bald”, antwortete ich. Das Einzige, was mich ärgerte, war der Verlust meines hübschen Kleides aus Yuccafasern. Das Nähen hatte mich so viel Zeit und Mühe gekostet.

Kapitel 8
    Der Wind riss und zerrte an uns, während wir den steilen Pfad emporstiegen; er wirbelte Sand über die Mesa, der uns unter den Füßen wegrann und den Himmel verdunkelte. Da wir so nicht weiterkamen, suchten wir zwischen den Felsen Schutz. Wir blieben dort, bis die Nacht hereinbrach. Dann ließ der Wind nach, der Mond trat zwischen den Wolken hervor und in seinem Licht kehrten wir ins Dorf zurück. Die Hütten sahen aus wie Geister in der kalten Helle. Beim Näherkommen vernahm ich seltsame Geräusche. Es klang wie das Getrappel fliehender Füße. Erst dachte ich, es sei der Wind, aber als wir die ersten Hütten erreichten, sahen wir Dutzende von Hunden aus den offenen Türen rennen. Sie liefen knurrend vor uns davon. Das Pack musste sich ins Dorf geschlichen haben, gleich nachdem wir ausgezogen waren, denn von der Abalone, die wir zurückgelassen hatten, war nicht viel übrig geblieben. Anscheinend hatten die wilden Hunde überall nach Futter gesucht. Nur mit Mühe gelang es Ramo und mir, etwas Essbares aufzutreiben. Als wir endlich vor einem kleinen Feuer saßen und unser karges Mahl verzehrten, begannen die Hunde zu bellen. Der Lärm kam von einem nahen Hügel, aus der gleichen Richtung wie der Wind. Die Hunde bellten die ganze Nacht, doch als ich bei Sonnenaufgang aus der Hütte trat, ergriffen sie die Flucht. Die Höhle, in der sie hausten, befand sich am nördlichen Ende der Insel und ich schaute ihnen nach, bis sie meinen
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