Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
Vom Netzwerk:
er. “Die Aleuter sind da!” Wir hatten es erwartet, wir waren darauf gefasst ewesen, trotzdem war die Angst groß im Dorf Ghalasat. Matasaip schritt von Hütte zu Hütte, mahnte zur Ruhe und beschwor uns, keine Zeit mit unnötigem Packen zu verlieren; denn es sei sinnlos, Dinge mitzuschleppen, die wir nicht brauchen würden. Ich nahm aber doch mein Kleid aus Yuccafasern mit, an dem ich viele Tage lang gearbeitet hatte, es war zu hübsch. Auch die Kapuze aus Otterfell schnürte ich in mein Bündel. Leise verließen wir das Dorf auf dem Pfad, der zu den versteckten Kanus führte. Der Mond wurde blasser, im Osten stand schon ein schwacher Schein und jetzt begann auch ein kräftiger Wind über die Dünen zu blasen. Wir hatten erst eine halbe Meile zurückgelegt, als der Mann, der uns gewarnt hatte, vom Dorf hergelaufen kam. Er sprach mit Matasaip, aber alle umringten ihn, um zuzuhören. “Ich bin in die Bucht zurückgegangen, nachdem ich euch geweckt habe”, berichtete er. “Als ich dort ankam, konnte ich das Schiff deutlich sehen. Es ankert hinter den Felsen, die den Hafen schützen. Es ist kleiner als das Schiff, das den Aleutern gehört. Die Segel sind weiß, nicht rot. ” “Hast du Menschen auf dem Schiff gesehen?”, fragte Matasaip. “Nein. ” “Es ist nicht das Schiff, das im vergangenen Frühjahr hier war?” “Nein. ” Schweigend überdachte Matasaip die Neuigkeit. Nach einer Weile befahl er uns, weiterzugehen bis zu der Stelle, wo die Kanus versteckt waren, und dort auf ihn zu warten. Er werde sich das Schiff ansehen und dann nachkommen. Inzwischen war es hell geworden. Wir eilten über die Dünen bis zum Rand der Klippe, wo wir auf Matasaip warten wollten. Die Sonne ging auf und der Wind wurde kälter. Aus Furcht, die Leute vom Schiff könnten den Rauch sehen, zündeten wir kein Feuer an, obgleich wir genügend Esswaren bei uns hatten, um uns ein warmes Frühstück zu kochen. Stattdessen verzehrten wir ein paar getrocknete Abalonen. Nachdem wir gegessen hatten, ließ sich mein Bruder Ramo am Seil über die Klippe hinunter. Seit dem Tag, da wir die Kanus versteckt hatten, war niemand mehr bei den Felsblöcken gewesen, deshalb wussten wir nicht, ob sie immer noch heil und unbeschädigt dort lagen. Während wir noch zusahen, wie Ramo hinunterkletterte, kam von den Dünen her ein Mann angerannt. Es war Nanko und er brachte uns eine Botschaft von Matasaip. Nanko schwitzte trotz der Kälte und rang nach Luft. Wir konnten es kaum erwarten, seine Neuigkeiten zu hören, doch sein glückliches Gesicht verriet, dass es gute Nachrichten waren. “So rede endlich!”, bestürmten wir ihn. “Ich bin über eine Meile weit gelaufen und kann nicht sprechen”, stieß er hervor. “Jetzt sprichst du aber”, sagte jemand. “Los, Nanko, rede!”, riefen alle im Chor. Nanko hielt uns zum Besten. Er warf sich in die Brust und holte tief Atem. Er schaute sich im Kreise um, als wisse er nicht, weshalb alle ihn anstarrten. “Das Schiff”, sagte er endlich, jedes Wort mit Nachdruck betonend, “das Schiff gehört nicht unseren Feinden, nicht den Aleutern. Auf diesem Schiff sind weiße Männer und sie kommen von dort, wohin Kimki gegangen ist, als er, unsere Insel verließ. ” “Ist Kimki zurückgekommen?”, fragte ein alter Mann dazwischen. “Nein, aber er ist es, der die weißen Männer hergeschickt hat. ” “Wie sehen sie aus?”, wollte Ulape wissen. “Sind auch kleine Jungen auf dem Schiff?”, fragte Ramo, der inzwischen unbemerkt zurückgekommen war und mit vollem Munde kaute. Alle redeten durcheinander. Nanko setzte eine ernste Miene auf, was ihm nicht leichtfiel, weil sein Mund im Kampf mit den Aleutern so zersäbelt worden war, dass er seither. ständig zu lächeln schien. Er hob die Hand, um sich Gehör zu verschaffen. “Das Schiff wird uns aus Ghalasat fortbringen”, sagte er. “Fortbringen? Wohin?”, fragte ich. Natürlich war es eine gute Nachricht, dass das Schiff nicht den Aleutern gehörte, aber was wussten wir von den weißen Männern, woher sie kamen und wohin sie mit uns fahren würden? “Ich weiß es nicht”, sagte Nanko. “Kimki weiß es und er hat die weißen Männer hergeschickt, damit sie uns holen. ” Mehr sagte er nicht. Wir nahmen unsere Bündel auf und folgten ihm zurück ins Dorf. Wir fühlten uns sehr erleichtert, wenngleich wir nicht wussten, was nun weiter geschehen würde.

Kapitel 7
    Wir hatten fast unsere ganze Habe zurückgelassen, weil wir nur an Flucht dachten.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher