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Inmitten der Unendlichkeit

Inmitten der Unendlichkeit

Titel: Inmitten der Unendlichkeit
Autoren: David Gerrold
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Morthan-Solidarität zu reagieren. Die besetzten Liegeplätze auf der Raumstation legten bereits ein erstes Zeugnis darüber ab. Während die Fähre von der schwindligmachenden Masse aus Verstrebungen und Röhren, Modulen und Tanks davontrieb, wurde nach und nach das Gerüst der Tiefraumstation Stardock erkennbar. Es war eine gigantische, metallische Schneeflocke. Innen in dieser Schneeflocke befanden sich vereinzelt, aufgehängt wie in einem Spinnennetz, die Habitate; zylinderförmige oder sphärische Gebilde, über die gesamte Station verteilt: Wohn- und Arbeitsquartiere, die über die ursprüngliche Station hinausgewachsen waren.
    In der Observatoriumskanzel gab es mit Ausnahme der von Stardock hereinfallenden Strahlen kein Licht, aber es reichte völlig aus, um die Fähre in eine helle, weiße Aura zu tauchen. Gatineaus Augen wurden plötzlich feucht.
    Eine Flut von Emotionen erfüllte ihn, einige freudig, einige furchterfüllt, aber die Begeisterung überwog. Die widersprüchlichen Gefühle trugen nur noch mehr zum überwältigenden Eindruck des Augenblicks bei.
    Viel zu schnell begannen die Lichter zu verblassen, und mit ihnen verging Gatineaus Begeisterung. Der Tender beschleunigte nun in die Nacht hinein. Und als die Raumstation hinter ihm schrumpfte, um schließlich in der gesprenkelten Dunkelheit zu verschwinden, wurde Gatineau plötzlich bewußt, wie klein und einsam und verletzlich er hier in diesem winzigen Schiff war. Er war noch niemals zuvor in seinem Leben so weit von jeglicher… Sicherheit entfernt gewesen. Sein Leben hing nur von der Stärke des Polycarbonats ringsherum ab. Nach einem Augenblick wurde das Gefühl unerträglich. Nervös schob der Grünschnabel sich aus der Kuppel nach unten und zog sich vorsichtig in die Pilotenkanzel zurück. Er schnallte sich in seinen Sitz und klammerte sich mit festem Griff an die Lehnen, während er seine Augen geschlossen hielt und verzweifelt gegen den überwältigenden Strom widersprüchlicher Gefühle ankämpfte. Er wurde zugleich von schwindelerregender Agoraphobie und erstickender Klaustrophobie geschüttelt, von erhebender Freude und entsetzlicher Einsamkeit, von hochgradiger Begeisterung und ausbrechender Panik. Es war viel zuviel, um damit fertig zu werden.
    Sowohl Hodel als auch Brik bemerkten, wie weiß Gatineau im Gesicht geworden war, aber keiner von beiden sagte etwas. Hodel drehte sich in seinem Sitz zu Gatineau um und öffnete ein Fach, aus dem er einen Beutel mit Bouillon zog. »Hier«, sagte er und drückte ihn Gatineau in die Hand. »Trinken Sie das. Es wird Ihnen helfen. Das erste Mal kann einen etwas aus dem Gleichgewicht bringen, ich weiß.«
    »Mir geht es gut«, erwiderte Gatineau. »Wirklich, ich fühle mich gut.«
    Hodels Gesichtsausdruck verriet, daß er es besser wußte. »Wir haben eine sechsstündige Fahrt vor uns. Wollen Sie etwa die ganze Zeit über die Augen geschlossen halten?«
    »Äh… in Ordnung.« Zögernd nahm Gatineau den Beutel. »Danke.« Er zog die Kappe vom Nippel und saugte die heiße Flüssigkeit langsam in sich hinein. Es gab ihm eine Beschäftigung, etwas, auf das er sich konzentrieren konnte. Nach ein paar Schlucken begann die Leere in seinem Magen zu verschwinden, und mit ihr schwand das Gefühl von Panik aus seinen Eingeweiden.
    Jetzt war Brik an der Reihe. Er beendete die Eintragung in sein Log, schaltete das Notizbuch aus und steckte es in sein Fach. Er schwenkte seinen Sitz herum und löste die Sicherheitsgurte, dann erhob er sich. Der Morthaner war drei Meter groß, und seine massige Gestalt füllte die Kanzel beinahe aus. »Autopilot ist eingeschaltet. Ich gehe nach hinten und nehme eine Mütze Schlaf. Wenn Sie schlau sind, kommen Sie mit.«
    Hodel spähte auf die Schirme vor sich. Befriedigt nickte er, dann schnallte auch er sich ab und folgte Brik. Als er an Gatineau vorbeischwebte, sagte er: »Regel Nummer eins. Versäume niemals die Gelegenheit, etwas zusätzlichen Schlaf zu finden.«
    »Äh, in Ordnung.« Für einen langen Augenblick saß Gatineau alleine in der Kanzel der Fähre. Die Instrumentenpaneele vor ihm flossen fast über vor Informationen, von denen er nur den geringsten Teil verstand. Er schürzte die Lippen, runzelte die Stirn, und dann schluckte er schwer. Er war ganz allein in der Steuerkanzel eines Raumschiffes! Godzillionen von Kilometern von allem entfernt! Lichtjahreweit rings um ihn herum gab es nichts – außer noch mehr Lichtjahren.
    Er überlegte, ob er in den Pilotensitz
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