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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel
Autoren: Mischa Martini
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zwingen, wieder zurückzukommen.«
    »Und was ist aus ihm geworden?«
    »Es wird vermutet, dass er sich nach Indien abgesetzt hat. Wahrscheinlich ist er längst tot, an einem indischen Strand an einer Überdosis oder an AIDS gestorben oder schon auf der Reise Opfer eines Raubmords geworden.«
    »Und woher weißt du das alles?«
    »Ich habe oft genug Gerichtsberichte für den Trierischen Volksfreund verfasst. Es gibt keine Behörde, wo mehr getratscht wird als bei der Justiz.«
    Meier kam zurück: »Einen schönen Blick hat man von der Terrasse.«
    »Dahinter ist der Garten des Josefstifts, ein riesiges Areal. Zumindest solange noch, bis einer von den Immobilienhaien es schafft, den Nonnen das Grundstück abzuschwatzen.«
    »Dann wäre auch der Blick auf die Porta weg.«
    »Hoffentlich nicht zu bald. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir die Wohnung ausgesucht haben.«
    »Den größten Baulöwen gibt es ja nicht mehr«, sagte Jo und spielte damit auf Fellner an, der im Frühjahr ermordet worden war.
    »Aber der Balzer ist auf dem besten Weg, in dessen Fußstapfen zu treten«, bemerkte Meier. »Aber ganz so einfach kriegt der solche Geschäfte nicht mehr über die Bühne. Dafür werden allein schon Fellners ehemalige Banken sorgen. Gebrannte Kinder scheuen bekanntlich das Feuer.«
    »Apropos Kind, bevor ich es vergesse, hat Doris dich erreicht?«, fragte Jo. »Sie hat schon zweimal hier angerufen.«
    »Das sagst du erst jetzt?« Walde eilte ins Wohnzimmer, wo das Kratzen von Philipps Spachtel die Musik übertönte.
    »Philipp, super, du hast ja schon zwei Wände fertig«, lobte Walde und suchte in einem Meer von Tapetenschnipseln nach dem Telefon. Endlich fand er es und wählte Doris an. »Wie geht’s, ist alles in Ordnung?«
    »Wo warst du?«, fragte sie. Walde erkannte am Ton dieser drei Worte, dass er auf der Hut sein musste.
    »Ich musste ins Präsidium.«
    »Da hab’ ich dich nicht erreicht.«
    »Da war ich wohl im Baumarkt.« Im selben Moment, als er es sagte, bereute Walde es.
    »Über Handy hab’ ich’s auch versucht.«
    Walde überlegte kurz: »Das hab’ ich im Auto liegen lassen.«
    »Und warum sagst du mir immer, dass man keine Wertgegenstände im Auto lassen soll?«
    »Jo fragt, was unsere Traudel macht?« Er wollte das Thema wechseln, bevor er sich noch tiefer in Ausreden verstrickte.
    »So wird sie ganz bestimmt nicht heißen.«
    »Ihr Zimmer ist fast fertig. Noch einmal streichen, dann können die Fußleisten dran.«
    »Wo bist du?«
    »Im Wohnzimmer, da sind auch schon an zwei Wänden die Tapeten runter. Was machst du?«
    »Aussortieren, was ich beim Umzug nicht mehr mitnehmen möchte.« Doris hörte sich besänftigt an.
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Nein, Marie kommt gleich vorbei.«
    »Okay, dann mach’ ich hier mit dem Rest von Maries Familie weiter, ich melde mich später wieder.«
    In der Diele berichtete Meier: »Gabi hat angerufen. Dr. Hoffmann hat das Ergebnis der Obduktion. Ich geh zu Fuß rüber.«
    »Ich komme mit.«
     
    Die Dämmerung setzte ein, leichter Wind war aufgekommen. Sie kletterten über ein Mäuerchen, das zu der Ruine eines alten Wehrturmes in der Stadtmauer führte, und folgten einem schmalen Trampelpfad zwischen tropfenden Hecken quer durch die Allee. Waldes Schuhe sanken in den aufgeweichten Grund unter dem nassen Laub ein. Auf der anderen Seite schlängelten sich die beiden Männer durch den Stop-and-go-Verkehr in der Nordallee zur Krankenhauseinfahrt.
    Meier versenkte den Rest seiner Zigarette im Sand des Kippenkübels vor der aufschwingenden Glastür. Es dauerte eine Weile bis der Fahrstuhl kam. Unten angekommen, gingen sie durch den hell gefliesten Flur des Kellers. Noch bevor die Milchglastür der Pathologie auftauchte, verriet der Geruch, wo sie sich befanden. Drinnen war es ruhig, keine enervierenden Maschinengeräusche, die Walde überhaupt nicht mochte. Am zweiten Tisch arbeitete Dr. Hoffmanns Assistent. An eines seiner Brillengläser war eine Lupe geklemmt. Als er zu den beiden Besuchern aufsah, glotzte sie ein riesiges Auge aus dem teigigen Gesicht des Mannes an.
    Aus dem Nebenraum kam Hoffmann auf sie zugeeilt: »Kennen Sie den? Ein Skelett wird unter der Treppe gefunden. Die Polizei ermittelt.« Er schaute die beiden erwartungsvoll an. »Na?« Dann sagte er: »Eine Blondine, die beim Versteckspielen gewonnen hat.« Es folgte das schallende Gelächter des Pathologen, begleitet von dem Versuch eines Grinsens bei Walde und Null Reaktion bei
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