Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut
Autoren: Michael Swanwick
Vom Netzwerk:
schaute hoch. »Aber nimm doch Platz. Vasli, kümmere dich um den jungen Mann.«
    Ohne sich zu rühren, setzte das Konstrukt schlanke Metallgebilde in Bewegung, die Gregorian für dekorative Akzente gehalten hatte und die sich nun unter ihm zu einem Sessel zusammenfügten. Sie schoben seine Knie sanft nach vom und seine Schultern gleichzeitig zurück, so daß sich sein Schwerpunkt verlagerte und er sich setzen mußte. Die Sitzfläche lag tief und bestand aus Granit. Er wußte, daß er sich davon nicht wieder anmutig würde erheben können. »Ganz so einfach war es nicht. Ich habe zwei Tage lang gefastet, der Göttin Blut geopfert, mich mit Fiebertänzern berauscht und ...«
    »Bei uns gibt es Tageskliniken, die den gleichen Zweck erfüllen«, bemerkte Vasli. »Hier ist diese Technik natürlich verboten.«
    »Mit eurer miesen Wissenschaft hatte das nichts zu tun. Ich bin ein Okkultist.«
    »Reine Definitionssache. Unsere Mittel mögen sich unterscheiden, aber wir verwenden dieselben Techniken. Zuerst machen wir das Gehirn für Suggestionen empfänglich. Dann setzen wir magnetische Resonanztechniken ein, während Sie Drogen, Rituale, Sex, Angst oder irgendeine beliebige Mischung daraus verwenden. Wenn das Gehirn empfänglich ist, bekommt es neue Verhaltensmuster eingeprägt. Wir verwenden holotherapeutische Viren als Botenstoffe; Sie verzehren eine Ratte. Zum Schluß wird das neue Muster ins alltägliche Leben integriert. Hierbei sind unsere Methoden wahrscheinlich identisch. Das ist eine uralte Fertigkeit; die Menschen wurden schon programmiert, lange bevor es Maschinen gab.«
    »Fertigkeit!« meinte Korda verächtlich. »Ich hatte mal furchtbare Angst vor dem Ertrinken. Darum ging ich nach Cordelia und ließ mich des Nachts zwei Meilen vom Ufer entfernt im Kristallsee aussetzen. Der ist so salzig, daß man nicht ertrinken kann, und es gibt keine großen Oberflächenraubtiere darin. Solange man nicht in Panik gerät, passiert einem nichts. In dieser Nacht habe ich Höllenqualen durchlebt. Aber als ich das Ufer erreichte, wußte ich, daß ich nie wieder Angst vor dem Ertrinken haben würde. Und das habe ich ganz ohne Drogen geschafft.« Er lächelte Gregorian ironisch an. »Du bist blaß.«
    Eine Stimme von einer anderen Welt murmelte: Also darum geht es dir? Soll ich vielleicht sterben, damit du dich nicht mehr vor dem Ertrinken zu fürchten brauchst? Wie trivial. Gregorian hörte nicht darauf. »Glauben Sie ja nicht, Sie könnten auf mich herabsehen, alter Mann! Ich habe Erfahrungen gemacht, die Sie sich überhaupt nicht vorstellen können!«
    »Prahl hier nicht herum. Es gibt keinen Grund, warum du dich vor mir fürchten solltest.«
    »Ich Sie fürchten? Sie wissen wirklich nichts.«
    »Ich weiß alles, was es zu wissen gibt. Glaubst du, ein paar zufällige Unterschiede in Erziehung und Erfahrung machten einen anderen Menschen aus dir? Dem ist nicht so. Ich bin dein Alpha und dein Omega, junger Mann, und du bist nichts weiter als mein geschöntes Ich.« Korda breitete die Arme aus. »Ekelst du dich vor diesen Hängebacken und Altersflecken? Ich bin lediglich das, was du irgendwann sein wirst.«
    »Niemals!«
    »Das ist unvermeidlich.« Korda schaute auf den Schreibtisch hinunter. »Ich habe dir einen Kredit verschafft, der es dir erlauben wird, deinen Aufenthalt zu verlängern. Du wirst biowissenschaftliche Planung studieren, das dürfte sich als nützlich erweisen - es wird dich unter anderem lehren, wie unsinnig es wäre, gegen dein genetisches Erbe anzugehen. Vasli wird dir die nötigen Mittel zur Deckung deiner Lebenshaltungskosten bereitstellen und noch ein Taschengeld obendrein. Es besteht keine Veranlassung, daß wir uns in den nächsten paar Jahren häufig sehen sollten.«
    »Und was erwarten Sie als Gegenleistung?«
    »Wenn Sie über das erforderliche Wissen verfügen, werden wir Sie bitten, einige Feldforschungen anzustellen«, sagte Vasli. »Nichts Anstrengendes. Wir sind daran interessiert, herauszufinden, ob eventuell einige Ureinwohner von Miranda überlebt haben könnten.«
    Sie wußten, daß er die Ausbildung, das Geld und die Beziehungen, die Korda ihm anbot, nicht ausschlagen würde. Die Alternative dazu war, daß er wieder in der Bedeutungslosigkeit der Mittelwelten versank, wo er nichts weiter sein würde als ein unbekannter Kräuterkundiger in einem Land, an das kein zivilisierter Mensch auch nur einen Gedanken verschwendete. »Wie wollen Sie sicherstellen, daß ich nach meinem Abschluß tue,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher