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In tiefster Dunkelheit

In tiefster Dunkelheit

Titel: In tiefster Dunkelheit
Autoren: Debra Webb
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gehen?«
    »Gern.« Sie schlang die Tasche über die Schulter und ging auf ihn zu, jeder Schritt eine harte Prüfung für ihre Selbstbeherrschung. Dinge, die nicht gesagt worden waren und doch hätten gesagt werden sollen, rangen in ihr mit ihren zahlreichen anderen Sorgen.
Jetzt war nicht die Zeit.
    »Dass du den weiten Weg auf dich genommen hast, um uns bei diesem Fall zu helfen, bedeutet mir viel.«
    Er vermied es noch immer, ihren Namen auszusprechen
. Jess überwand Verwirrung oder Enttäuschung – vielleicht auch beides – sowie Erschöpfung und holte zu ihm auf, als er voranging. »Ich kann nichts versprechen, aber ich tue, was ich kann.«
    Am Telefon war er nicht ins Detail gegangen – dass er überhaupt angerufen hatte, war Beweis genug, dass die Lage ernst war.
    Er machte sie mit seiner persönlichen Sekretärin bekannt, geleitete sie dann weiter in sein Büro und schloss die Tür. Wie schon im Empfangsraum war auch in seinem geräumigen Büro Katherines Einfluss nicht zu übersehen. Jess stellte ihre Tasche auf den Boden neben einen Stuhl an dem kleinen Besprechungstisch und musterte die vier Aktenordner, die in trostloser Formation auf sie warteten. An den Deckel eines jeden war ein Foto eines vermissten Mädchens geheftet.
    Dies war der Grund, warum sie den weiten Weg gemacht hatte. Sosehr der Anruf auch ihrem Ego geschmeichelt hatte, ihre eigentliche Motivation war es, dieses Rätsel zu lösen. Sie beugte sich vor, um die hübschen Gesichter zu studieren. In einem Zeitraum von zweieinhalb Wochen waren vier junge Frauen verschwunden, die Letzte vor gerade mal drei Tagen. Keine Gemeinsamkeiten außer ihrem Alter, kein Hinweis auf ein Verbrechen, keinerlei Spuren. Macy York, Callie Fanning, Reanne Parsons und Andrea waren wie vom Erdboden verschluckt.
    »Diese beiden wohnten im Jefferson County.« Er tippte auf das erste und das zweite Foto, Macy und Callie, beide blond. »Die hier ist aus Tuscaloosa.« Reanne, die Rothaarige. »Die Letzte ist aus Mountain Brook, meinem Bezirk.« An dem vierten Mädchen, Andrea, eine Brünette, blieb sein Blick ein wenig länger hängen.
    Jess ließ sich auf einem Stuhl nieder. Sie öffnete die Akten, eine nach der anderen, und überflog den mageren Inhalt. Befragungen von Familien und Freunden. Fotos und Berichte von den Tatorten. Alle vermissten Mädchen bis auf eine, Reanne, waren College-Studentinnen.
    »Keinerlei Kontakt zwischen den Familien? Keine Verdächtigen?« Sie sah auf, aus reiner Gewohnheit, weil sie sein Mienenspiel sehen wollte, wenn er antwortete. Sein Blick lag noch einen Moment länger auf den Ordnern, bevor er sich auf sie richtete. Die Last des Amtes im öffentlichen Dienst hatte Falten um seine Augen und seinen Mund gegraben. Falten, die vor zehn Jahren noch nicht dort gewesen waren. Komisch, wie die gleichen Falten sie nur alt aussehen ließen, ihm aber etwas Distinguiertes gaben.
    Er schüttelte den Kopf als Antwort auf ihre Frage.
    »Kein Kreditkartengebrauch, keine Anrufe?«, fuhr sie fort. »Keine Abschiedsbriefe? Keine Lösegeldforderungen?«
    »Nichts.«
    Mit einer Leichtigkeit, die seine Kraft und Fitness verriet, schwang er eine Hüfte auf die Tischkante und sah sie an. Die so vertrauten blauen Augen taxierten sie nun ebenso unverblümt, wie sie noch vor ein paar Sekunden ihn gemustert hatte. »Sheriff Roy Griggs – du erinnerst dich vielleicht an ihn – und Chief Bruce Patterson in Tuscaloosa tun alles, was sie können, aber es gibt einfach nichts, wo sie ansetzen können. Das FBI hält sich zurück, weil alle diese Mädchen volljährig sind, neunzehn oder älter, und da keine Hinweise auf ein Verbrechen vorliegen, gibt es ihrer Meinung nach auch nichts zu ermitteln. Sie legen eine Akte an, schicken die Fotos an die verschiedenen Datenbanken und warten. Mehr können die nicht.«
    Laut Gesetz handelte das FBI damit völlig korrekt. Solange es keinen Hinweis auf faulen Zauber oder Gewaltanwendung gab, konnte weder das FBI noch irgendeine andere Ermittlungsbehörde etwas unternehmen. Er wusste das natürlich, doch sein Cop-Instinkt oder auch seine persönlichen Gefühle – was von beidem hatte sie noch nicht herausgefunden – gaben sich damit nicht zufrieden. Im Übrigen erinnerte sie sich durchaus an Griggs. Er war seit drei Jahrzehnten der Sheriff von Jefferson County.
    »Aber du glaubst an eine Verbindung, was nahelegt, dass hier nicht nur ein Verbrechen vorliegt, sondern sogar eine Serientat.« Das war keine Frage. So viel hatte
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