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In Gottes Namen. Amen!

In Gottes Namen. Amen!

Titel: In Gottes Namen. Amen!
Autoren: Simon Rich
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rauf zu Gott. Der Rest landete im Müllschlucker. Eliza war entsetzt. Obwohl sie nur Unterengel war, nahm sie sich sofort vor, das zu ändern.
    Nach unzähligen Meetings gelang es ihr endlich, eine vernünftige Buchhaltung einzuführen. Ihre erste Innovation bestand darin, identische Gebete zusammenzutackern, um Gott Zeit zu sparen. Je weniger Gott lesen musste, dachte sie, umso mehr Gebete konnte er beantworten. Als Nächstes führte sie einen Field-Goal-Filter ein. Ganze vier Prozent der Gebete bezogen sich auf Field-Goals im Football – und da jeweils ungefähr dieselbe Anzahl von Menschen um einen Erfolg wie um einen Fehlschlag bangte, fand sie, keines sei es wert, erhört zu werden.
    Elizas Glanzleistung aber war die Dringlichkeitsskala. Seit Engelgedenken waren die Gebete wahllos weitergeleitet worden. Es war egal, ob um ein neues Fahrrad oder eine neue Niere gebetet wurde: Alle hatten dieselbe Chance auf Gottes Schreibtisch zu landen. Unter Elizas Aufsicht wurden die Gebete schließlich anhand eines leicht nachvollziehbaren Systems nach ihrer Wichtigkeit in die Kategorien 1 bis 7 sortiert.
    Zirka dreißig Prozent der Gebete wurden als 1 eingestuft; das bedeutete, sie waren von geringer Dringlichkeit. Gewöhnlich landeten Stoßgebete aus dem Straßenverkehr in dieser Kategorie, ebenso wie Lottogebete, Gebete auf turbulenten Flügen oder Gebete für eine drahtlose Internetverbindung. Die meisten Gebete fielen in die Kategorien 3 bis 4: Eltern, die sich ganz allgemein Gesundheit für ihre Kinder wünschten, Liebende, die hofften, einander bald zu sehen, oder auch abstrakte Bitten um Weltfrieden. Unter Kategorie 7 fielen ausschließlich Angelegenheiten, bei denen es um Leben und Tod ging. Unter Elizas Anleitung wurden diese auf besonderes rotes Papier gedruckt, damit sie in Gottes Posteingang herausstachen.
    Ihr Vorgesetzter hatte sich wegen der zusätzlichen Arbeit, die das System mit sich brachte, dagegen gewehrt. Um ihn umzustimmen, hatte Eliza versprechen müssen, alles selbst zu sortieren. Das war sehr mühsam, trotz der Hilfe durch den Computer. Sie hatte an so vielen Wochenenden gearbeitet, dass das Wort »Freitag« für sie längst seine Bedeutung verloren hatte. Jeder Tag dasselbe, eine zermürbende Belastungsprobe, die erst endete, als sie ihre körperlichen Grenzen erreichte. Doch Eliza hatte durchgehalten, angetrieben von der Gewissheit, dass sie im Leben der Menschen ganz konkret etwas verändern konnte.
    Natürlich handelte sie nicht ausschließlich selbstlos: Sie wollte auch befördert werden. Seit sie bei Heaven Inc. angefangen hatte, träumte Eliza davon, in die Abteilung für Wunder aufzusteigen. Als Page hatte sie sich freiwillig gemeldet, um die Automaten im siebzehnten Stock aufzufüllen, nur weil sie dort gelegentlich Blicke auf die Engel in Aktion werfen konnte. Das war die spannendste, kreativste Abteilung in der gesamten Firma. Gebete sortieren war das eine – aber Wunder planen! Was konnte cooler sein?
    Als sie sich um eine Stelle in der Abteilung für Wunder bewarb, hatte sich ihr Vorgesetzter eine komplette Stunde lang über sie lustig gemacht. Kein Unterengel war jemals von der Gebetsannahme direkt zu den Wundern befördert worden – in der gesamten Geschichte der Abteilung nicht. Er erklärte sich bereit, ihre Unterlagen an die Personalabteilung weiterzuleiten, aber erst nachdem er das Schreiben mit aufgesetztem britischem Akzent vor einer Horde hysterisch lachender Sekretärinnen zum Besten gegeben hatte.
    Als Eliza eine Zusage per E-Mail bekam, hielt sie diese zunächst für einen gemeinen Streich ihres Chefs. Doch sein verdattertes Gesicht überzeugte sie, dass sie tatsächlich befördert worden war. Er verlangte, die E-Mail selbst zu lesen, und als sie ihm die Nachricht weiterleitete, starrte er sie ganze zehn Minuten lang an. Schließlich schüttelte er ihr steif die Hand und schickte eine Sekretärin los, eine Flasche schlechten Sekt zu besorgen. Eliza zwang sich, ein Glas davon zu trinken, packte ihren Tacker in einen Pappkarton und taumelte wie in Trance zum Fahrstuhl.
    Und jetzt war sie hier, im siebzehnten Stock, nur wenige Schritte von dem Automaten entfernt, um den auffüllen zu dürfen sie einst gebettelt hatte.
    Sie wusste, dass es irrational war, aber sie rechnete immer noch mit dem Eintreffen einer zweiten E-Mail in ihrem Posteingang – einer kurzen entschuldigenden Notiz aus der Personalabteilung für Engel –, in der ihr mitgeteilt wurde, dass ein Fehler
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