Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
ich willens war zu kooperieren. Schließlich sah es für mich auch nicht besser aus. Wenn man quietschend neben einer Leiche stand, kam man schnell in den Verdacht, damit mehr zu tun zu haben, als einem lieb sein konnte.
    Großmutter murmelte leise vor sich hin. »Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde.« Dann schüttete sie das Wasser, das ich ihr am Morgen zum Trinken hingestellt hatte, in unsere Grünlilie.
    Hm.
    Ich kannte diese Phase. Das wollte ich diesem Blomberg nicht unbedingt auf die Nase binden. Aber jede Unterbrechung war eher kontraproduktiv. »Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid, und lebt Gott in Christus Jesus.«
    Sie warf mir einen kurzen bösen Blick zu. Eigentlich war es nicht gerecht, dass ich mir den Zorn von Großmutter zuziehen musste, nur weil dieser Blomberg eine Befragung durchführen wollte.
    »Die wollen dich befragen. Wegen der Leich«, sagte ich leise, aber so laut, dass Herr Blomberg und sein Kompagnon es mitbekamen.
    »Das bringt nix Gutes«, wisperte Großmutter und wischte über die saubere und trockene Edelstahlspüle.
    »Die gehen erst wieder weg, wenn du ihnen etwas erzählst«, erklärte ich in einem konspirativen Tonfall.
    »Sag ihnen, wir wissen von nix«, flüsterte Großmutter, den Blick starr auf ihren Lappen gerichtet. »Des bringt uns in Teufels Küche. Der greißliche Wanninger der. Muss der sich derstechn lassen, wenn ich grad in der Kirch bin.«
    »Sag einfach, wie’s war«, flüsterte ich zurück und hoffte, dass Herr Blomberg die Passage mit dem »greißlichen Wanninger« nicht gehört hatte. Am liebsten hätte ich ihr zugestimmt. Der greißliche Wanninger, der greißliche, hätte sich doch nicht ausgerechnet umbringen lassen müssen, wenn Großmutter mit ihrer Limoflasche unterwegs war.
    »Ich weiß des nimmer so genau«, flüsterte sie zurück.
    »Die kriegen Geld von uns, dass sie das machen«, köderte ich sie. Verschwendung von Steuergeldern war ihr schon immer ein Dorn im Auge. Sie drehte sich um und warf den beiden einen bösen Blick zu. Immerhin. Das hatte gewirkt.
    »Es geht um den Pudschek«, sagte der Blomberg. Sein Blick war immer noch resigniert. Den Pudschek. Ich verdrehte vorsichtshalber nicht die Augen. Der blöde Schorsch, der blöde. Er hatte bestimmt dem Blomberg eingeschärft, vom Pudschek zu sprechen und nicht vom Wanninger.
    Großmutter wisperte wieder etwas vor sich hin. Es klang so wie: »Lasst die Vergangenheit ruhen. Der tote Staub wird euch den Atem nehmen und ins Verderbnis stürzen.« Vielleicht hatte sie aber auch gesagt, dass sie mal lieber Staub gewischt hätte, bevor die zwei Typen gekommen waren, und bestimmt das Fleisch verderben würde, wenn sie nicht gleich zu kochen anfing.
    »Natürlich. Der Pudschek«, sagte Großmutter. Ihre Pupillen verhießen nichts Gutes. »Der Walkjanker war kaputt. Den haben sie ihm gleich ausgezogen.« Sie sprach hochdeutsch, das war ein gutes Zeichen.
    Aber ihre Worte waren ein schlechtes Zeichen. Walkjanker? Was erzählte sie da von Jankern? Wir hatten doch beide gesehen, dass er keine Jacke angehabt hatte. Und vermutlich eine Nierenbeckenentzündung bekommen hätte, wenn er nicht vorher aus dem Leben geschieden wäre.
    »Alles eingesaut. Der Janker. Das Hemd. Die Hose.«
    Die Hose? Eingesaut? Nun gut, ich hatte nicht ganz so genau hingesehen. Und man wusste ja, dass Leute die starben, na ja. Aber hatte Großmutter so genau hingesehen?
    »Und dann hat es noch ang‘fangen zu regnen. Richtig nass war er dann. Der Janker. Und der Pudschek.« Sie legte eine dramatische Pause ein. »Wie ein Ratz, der ins Wasser gefallen ist«, beschrieb sie es anschaulich.
    Die zwei Polizisten sahen sich an, als wäre Großmutter verrückt. Natürlich war sie verrückt. Aber wieso erzählte sie ausgerechnet Dinge über Walkjanker? Wie kam sie auf die Idee, dass er nass gewesen war? Wenn sie angefangen hätte, über unseren Papst im Kohlenkeller zu erzählen, den seeligen Luiciano, o.k. Aber der Janker vom »Pudschek« war definitiv nicht nass gewesen.
    Ein seltsames Gefühl tief drinnen in mir sagte aber etwas anderes. Das mit dem nassen Janker erinnerte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher